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Die Weddinger im Griff der Hitze

8. August 2018

Mei­nung Es ist heiß in Ber­lin – Tag und Nacht. Da bekommt man allein schon des­halb mehr vom Leben mit, weil nachts alle Fens­ter sperr­an­gel­weit auf sind. Doch nicht nur die Men­schen äch­zen und schwitzen. 

Kaum ist der Flug­lärm aus Tegel ver­klun­gen, unter­hal­ten sich Leu­te auf dem Bür­ger­steig direkt vor mei­nem Fens­ter laut­stark. Wer es ist? Kei­ne Ahnung, zum Raus­schau­en fehlt mir nach einem lan­gen, auf­ge­heiz­ten Tag die Kraft. Spä­ter, mit­ten in der Nacht, wenn selbst auf den gro­ßen Stra­ßen kein Ver­kehrs­lärm mehr zu hören ist, wer­de ich Ohren­zeu­ge eines ille­ga­len Auto­ren­nens. Abge­se­hen davon, dass es mich aus mei­nem leich­ten Schlaf her­aus­reißt, über­kommt mich der Gru­sel, wie es denn wäre, wenn ich genau jetzt die Stra­ße über­quert hät­te – ich hät­te es nicht überlebt.

Am nächs­ten Mor­gen, wahr­schein­lich wird es wie­der mal der bis jetzt hei­ßes­te Tag des Jah­res, kann man den Grä­sern in den Parks wie­der beim Gelb­wer­den zuschau­en. Zumin­dest um den einen oder ande­ren Stra­ßen­baum küm­mern sich enga­gier­te Anwoh­ner und gie­ßen – ein Freund wur­de dabei sogar von einem Zaun­gast ange­spro­chen: ob er nicht auch noch mehr Bäu­me vor den ande­ren Häu­sern bewäs­sern könn­te. Als ob nicht hin­ter jedem Stra­ßen­baum genug Leu­te woh­nen, die das selbst in die Hand neh­men könn­ten! Die Hit­ze steigt den Wed­din­gern offen­sicht­lich zu Kopf – sie sind viel­leicht noch aggres­si­ver als sonst. Mei­nungs­ver­schie­den­hei­ten schei­nen im Moment schnell in Gewalt auszuarten.

Ignoranten und Mitdenkende

Über­haupt scheint die Hit­ze das Den­ken zu beein­träch­ti­gen. Die Ufer des Plöt­zen­sees sind zwar mit einem Zaun abge­sperrt, doch oft heißt es nur “na und, die Tie­re sind mir doch egal, Haupt­sa­che ich kann da baden”. Wenigs­tens ver­ges­sen ande­re Wed­din­ger nicht, Schüs­seln mit Was­ser auf­zu­stel­len, damit klei­ne Tie­re etwas zu trin­ken haben. Denn bei uns woh­nen Bie­nen, Wasch­bä­ren, Igel, Füch­se und auch Vögel, die unter der Hit­ze leiden.

Also war­te ich auf das Ende der Hit­ze­wel­le. Wenn Cafés wie­der mit kos­ten­lo­sem WLAN statt mit ihrer Kli­ma­an­la­ge wer­ben. Wenn der Park­raum wie­der knapp wird. Und man nachts das Fens­ter auch wie­der zuma­chen kann.

Joachim Faust

hat 2011 den Blog gegründet. Heute leitet er das Projekt Weddingweiser. Mag die Ortsteile Wedding und Gesundbrunnen gleichermaßen.

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