Jetzt strahlt er wieder, der Eiffelturm vor dem Centre Français in der Müllerstraße 74. Gestern, mit Einbruch der Dämmerung wurde das neu errichtete Wahrzeichen des Wedding in den französischen Nationalfarben angestrahlt. Die Glühbirnen, mit denen er bis zum Richtkranz an seiner Spitze dicht besetzt war, gaben dem 13 Meter hohen Holzturm ein festliches Aussehen. Fast hätte man meinen können, einen verfrühten Weihnachtsbaum strahlen zu sehen. Und es war ja auch eine frohe Botschaft, die Florian Fangmann, Geschäftsführer des Centre Français, verkünden konnte. Mehr als 450 Spenderinnen und Spender aus der Nachbarschaft und ganz Berlin hatten per Crowdfunding 18.000 Euro zusammengetragen, um den Wiederaufbau zu ermöglichen.
F. Fangmann und Autor R. Fischer im Gespräch; Foto: Samuel Orsenne, Foto rechts: Olad Aden, Foto links Rolf Fischer
Und die Nachbarschaft war dann auch sehr zahlreich gekommen, um „ihren" Eiffelturm und gleichzeitig einen „bal populaire" zu feiern. Ein Fest, bei dem sich deutsche und französische Stimmen jeden Alters mischten, und bei dem trotz des kühlen Herbstabends mit feurigen Merguez-Wüsten vom Grill, Live-Musik und zwei Bars eine ausgelassene sommerlich-südliche Stimmung aufkam. Und als Dank für die Unterstützung durften sich alle Spenderinnen und Spender an Bar und Grill einmal gratis bedienen lassen. Denn es waren vor allem die Nachbarn, die Fangmann auf die Idee eines Wiederaufbaus brachten, nachdem klar war, dass der ursprüngliche Turm morsch war und abgerissen werden musste. Eigentlich war damals an einen Wiederaufbau erst nicht gedacht worden. Aber viele Anwohnerinnen und Anwohner machten ihm deutlich, dass sie den Turm als Wahrzeichen und Wegmarke vermissen würden. Vier Jahre Arbeit stecken in dem Projekt, das erst richtig ins Rollen kam, als Fangmann mit dem Bildungsverein Bautechnik in Schöneberg eine Werkstatt gefunden hatte, die sich das Projekt zutraute und gleichzeitig in der Lage war, mehr als 75 deutsche und französische Jugendliche an dem Wiederaufbau zu beteiligen.
Foto Mitte: Olad Aden, rechts: Samuel Orsenne
„Als uns das Projekt vorgeschlagen wurde, habe ich gleich „ja" gesagt.", erzählt Schreinermeister Mathias Link vom Bildungsverein. „Aber ich habe nicht gewusst, wozu ich ,ja´ sage", setzt er augenzwinkernd hinterher. Mehr als ein Jahr dauerten die Projektarbeiten, die nach den Originalplänen ausgeführt wurden. Und noch am Tag der Eröffnung wurden die letzten Bauteile aus imprägniertem Eschenholz angebracht. Es bleibt die Hoffnung, das der neue Turm durch das robustere Holz länger erhalten bleibt als sein Vorgänger, der eigentlich nur als Ausstellungsstück für das Deutsch-Französische Volksfest gebaut worden war und alle 10 Jahre erneuert werden musste.
Th. Dufresne und A. Berg, Foto: Olad Aden, Foto rechts: Rolf Fischer
Was der Eiffelturm als Symbol für den Wedding und die Weddinger bedeutet wurde deutlich, als Annette Berg, die mit Florian Fangmann und Thibault Dufresne den Träger des Centre Français leitet, mit einer Geschichte stürmischen Applaus erntete: „Wenn ich einem Taxifahrer sage: Bringen sie mich in die Müllerstraße 74, dann fragt er mich, wo das sein soll. Wenn ich dann sage: Das ist da, wo der Eiffelturm ist, weiß jeder gleich, wo ich hin will."
F. Fangmann und M. Link (Foto: Olad Aden)
Als nächstes ist nun das Haus des Centre Français selber mit der Totalsanierung dran. Erste Gerüste an der Fassade des Hochhauses aus den 1960er Jahren sind schon aufgebaut. „Als erstes kommen die Fenster, dann die energetische Sanierung, dann Leitungen und dann die Inneneinrichtung", plant Geschäftsführer Fangmann. Die Finanzierung ist über Mittel des Bundes gesichert, der auch Eigentümer des Hauses ist. Und damit ist das Willkommensfest für den neuen Eiffelturm zugleich auch das Abschiedsfest vom Centre Français, wie es einmal war. In drei Jahren sollen die Arbeiten abgeschlossen sein.
„Ça ira, ça ira!" könnte man dem Centre Français mit einem Lied aus der französischen Revolution wünschen. „Ja, das schaffen wir!"