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Spuren von Hugenotten rund um den Wedding

13. Januar 2017
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Bücherbox vor dem Centre Francais in einer französischen TelefonzelleHuge­not­ten sie­del­ten sich in allen grö­ße­ren Städ­ten und Dör­fern der Mark Bran­den­burg an. Sie waren die ers­ten Fran­zo­sen, die der Gegend ihren Stem­pel auf­ge­drückt haben. Gera­de in und um den Wed­ding, der von 1945 – 1990 zum fran­zö­si­schen Sek­tor gehört hat, sind noch eini­ge Spu­ren zu fin­den. Der Name Huge­not­ten könn­te einst eine Ver­ball­hor­nung des Begriffs “Eid­ge­nos­sen” in der fran­zö­si­schen Spra­che gewe­sen sein. Heu­te hat das Wort ins­be­son­de­re in Ber­lin und Bran­den­burg einen sehr posi­ti­ven Klang. Zwar waren die 20 000 Huge­not­ten im Ver­gleich zu einer Mil­li­on Ein­woh­nern in ganz Bran­den­burg-Preu­ßen eine ver­schwin­dend klei­ne Min­der­heit, jedoch haben sie durch ihre Kunst­fer­tig­keit in Hand­werk und Land­wirt­schaft das rück­stän­di­ge Land inner­halb kur­zer Zeit wesent­lich vorangebracht.

Wie kam es dazu? Am 29.10.1685, nur elf Tage nach dem Wider­ruf des Edikts von Nan­tes durch König Lud­wig XIV. von Frank­reich, ver­kün­de­te der Gro­ße Kur­fürst (Fried­rich Wil­helm I.) das Edikt von Pots­dam. Garan­tier­te das Edikt von Nan­tes den fran­zö­si­schen Pro­tes­tan­ten bis dahin in ihrem Land zumin­dest Glau­bens­frei­heit, waren die­se plötz­lich Fran­zo­sen zwei­ter Klas­se und der Ver­fol­gung aus­ge­setzt. In die­ser Situa­ti­on ord­ne­te der bran­den­bur­gi­sche Kur­fürst sei­ne Behör­den an, den Huge­not­ten bei der Flucht aus Frank­reich jede nur erdenk­li­che Hil­fe zukom­men zu las­sen. In Bran­den­burg ange­kom­men, erhiel­ten die Flücht­lin­ge Häu­ser und Höfe geschenkt und es wur­de ihnen sechs Jah­re Steu­er­frei­heit gewährt. Davon wuss­ten die Flücht­lin­ge bereits in Frank­reich, denn die ver­spro­che­nen Pri­vi­le­gi­en kur­sier­ten als Flug­blät­ter in fran­zö­si­scher Sprache.

Fran­zö­si­sche Friedhöfe

An der Wollank­str. 50 liegt fast unmit­tel­bar an der Pan­ke der drit­te Fried­hof der Fran­zö­sisch-refor­mier­ten Gemein­de aus dem Jahr 1865. Heu­te las­sen sich nur noch eini­ge weni­ge Grab­stei­ne mit den Namen fran­zö­si­scher Gemein­de­mit­glie­der finden.

His­to­risch bedeut­sa­mer sind der ers­te und der zwei­te Fried­hof die­ser Gemein­de an der Chaus­see­str. 127 bzw. an der Lie­sen­str. 7. Die wohl bekann­tes­te Grab­stel­le dürf­te die von Theo­dor Fon­ta­ne sein (Fried­hof Lie­sen­str.). Wei­te­re berühm­te Ber­li­ner und Bran­den­bur­ger, die von Huge­not­ten abstamm­ten, waren Dani­el Cho­do­wiecki und Fried­rich de la Mot­te Fouqué.

Fried­rich-Wil­helm-Stadt

Die­ser von der Süd­pan­ke durch­flos­se­ne Teil Alt-Ber­lins wur­de erst ab dem 18. Jahr­hun­dert als Sied­lungs­ge­biet erschlos­sen. Huge­not­ten haben hier dadurch vie­le Spu­ren hin­ter­las­sen, dass sich zahl­rei­che Unter­neh­men huge­not­ti­scher Flücht­lin­ge hier ange­sie­delt haben. Gegen­über des heu­ti­gen Fried­rich­stadt­pa­lasts, an der Clai­re-Wald­off-Stra­ße, lag das Fran­zö­si­sche Vier­tel (Fried­richstr. 129). Der Zwei­te Welt­krieg hat die­ses Vier­tel nicht über­stan­den. Nur noch ein Flü­gel des Hos­pi­tals der Fran­zö­sisch-Refor­mier­ten Gemein­de und ein 300 Jah­re alter Maul­beer­baum sind erhal­ten geblieben.

Ber­nau

1699 zogen die ers­ten Huge­not­ten in die Bier­brau­er­stadt, die vom Drei­ßig­jäh­ri­gen Krieg stark gebeu­telt war. Bald leb­ten schon 25 huge­not­ti­sche Fami­li­en in Ber­nau, die größ­ten­teils Hand­wer­ker waren, aber auch ein Rich­ter und ein Pfar­rer waren dabei. Die fran­zö­sisch-refor­mier­te Kir­chen­ge­mein­de ver­ei­nig­te sich 1825 mit der pan­ke­ab­wärts gele­ge­nen Gemein­de von Französisch-Buchholz.

Eine der tra­di­ti­ons­rei­chen Fami­li­en waren die de Mar­tin­courts, deren Linie erst 1992 erlosch. In der Bür­ger­meis­ter­stra­ße und in der Brü­der­stra­ße wohn­ten zahl­rei­che Huge­not­ten, wäh­rend sich das Gemein­de­haus in der Hohe­stein­str. 19 befand. Dort wur­de auch zeit­wei­se der fran­zö­sisch-refor­mier­te Got­tes­dienst abgehalten.

Fran­zö­sisch-Buch­holz

Ers­te Glau­bens­flücht­lin­ge sie­del­ten sich ab 1687 in dem klei­nen Stra­ßen­dorf nord­öst­lich von Ber­lin an. Das Dorf Buch­holz war um die­se Zeit bereits eini­ge hun­dert Jah­re alt. Der Name Buch­holz deu­tet auf den Buchen­wald hin, der sich zwi­schen dem Dorf und der Pan­ke erstreck­te. Zur Zeit des Drei­ßig­jäh­ri­gen Krie­ges gab es auch in Buch­holz Brän­de, Plün­de­run­gen und einen star­ken Rück­gang des Land­baus. Als Fol­ge waren vie­le Höfe ver­las­sen und lagen zahl­rei­che Fel­der brach. Bei den ers­ten Huge­not­ten han­del­te es sich um zehn Bau­ern- und sechs Gärt­ner­fa­mi­li­en, die Pflan­zen anbau­ten, die in Bran­den­burg bis dahin unbe­kannt waren, so zum Bei­spiel Blu­men­kohl, Spar­gel und Rosen­kohl. In der Dorf­kir­che, die man bequem mit der Stra­ßen­bahn errei­chen kann, wirk­ten 29 Pre­di­ger der fran­zö­sisch-refor­mier­ten Gemein­de. Die Kir­che selbst stammt aus dem 13. Jahr­hun­dert und wur­de im Lau­fe der Jahr­hun­der­te durch Anbau­ten erwei­tert, zuletzt 1886 um den Turm. Zei­chen der Tole­ranz, die in Bran­den­burg herrsch­te, war auch der Gebrauch der fran­zö­si­schen Spra­che, die in der Kir­che bis 1826 gepre­digt wur­de. Die eige­ne Huge­not­ten­schu­le wur­de erst 1857 mit der deut­schen Schu­le ver­ei­nigt. Die Huge­not­ten ver­füg­ten außer­dem um zahl­rei­che Pri­vi­le­gi­en. So wur­den sie nicht zum Wehr­dienst eingezogen.

Wie bedeu­tend die Huge­not­ten für die Geschich­te die­ses Ber­li­ner Orts­teils waren, kann man an den Stra­ßen­na­men able­sen. Schon der Vor­platz der Kir­che ist nach Pfar­rer Hur­ti­en­ne benannt, der hier ab 1910 wirk­te. Fast alle Stra­ßen im Neu­bau­ge­biet Buch­holz-West tra­gen die Namen der bedeu­tends­ten Huge­not­ten-Fami­li­en des Ortes. Das Dorf Buch­holz hat außer­dem von 1813 – 1913 und wie­der seit 1999 den Zusatz “Fran­zö­sisch” getragen.

Pan­kow

Im Dorf Pan­kow leb­ten wesent­lich weni­ger Huge­not­ten­fa­mi­li­en als in Fran­zö­sisch-Buch­holz, so dass es dort auch nie eine eige­ne fran­zö­sisch-refor­mier­te Gemein­de gege­ben hat. Einer der weni­gen noch sicht­ba­ren Zeu­gen des huge­not­ti­schen Ein­flus­ses ist das his­to­ri­sche Kava­lier­haus in der Brei­ten Stra­ße 45 aus dem Jahr 1770. Das Grund­stück hat­te einst einer Huge­not­ten­fa­mi­lie gehört und wech­sel­te eini­ge Male den (huge­not­ti­schen) Besit­zer, bis es 1866 von dem Ber­li­ner Kon­di­tor Hil­de­brandt erwor­ben wurde.

Auch das Schloss Schön­hau­sen hat eini­ge Bezü­ge zu den Huge­not­ten. So wie es sich dem Betrach­ter heu­te prä­sen­tiert, geht das 176364 zer­stör­te Schloss auf den Wie­der­auf­bau durch den Nach­kom­men von Huge­not­ten Johann Bou­mann zurück. 1807-11 war Theo­dor Fon­ta­nes Groß­va­ter Kas­tel­lan des Schlosses.

Noch mehr fran­zö­si­sche Spu­ren im Wedding

Joachim Faust

hat 2011 den Blog gegründet. Heute leitet er das Projekt Weddingweiser. Mag die Ortsteile Wedding und Gesundbrunnen gleichermaßen.

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