Der Immobilienmarkt ist in Bewegung, auch im Wedding wechseln Grundstücke und Gebäude die Besitzer. Jetzt ist die Immobile in der Groninger Straße 3 und 5 von einem solchen Kauf betroffen. Das Haus liegt zwar in einem Milieuschutzgebiet, der Bezirk Mitte hat sein Vorkaufsrecht jedoch nicht ausgeübt. Das wäre laut Erklärung des Bezirks an die Mieter:innen vom Mittwoch (8.5.) nur möglich gewesen, wenn das Haus erhebliche Mängel gehabt hätte oder bereits gegen die Regeln des Milieuschutzes verstoßen worden wäre. Das war aus Sicht des Bezirks in diesem Fall nicht so. Die langjährigen Bewohner:innen sind nun verunsichert und befürchten, verdrängt zu werden. In diesem Gastbeitrag schildern sie ihre Gedanken.
Der Berliner Stadtteil Wedding sieht sich zunehmend mit den Herausforderungen des Immobilienmarktes konfrontiert. In den letzten Jahren, einer Ära der Gentrifizierung und der sanften Verdrängung, haben steigende Mieten und die zunehmende Transformation von Miet- in Eigentumswohnungen ihre dunklen Schatten geworfen. Umwandlungen, bei denen langjährige Bewohner:innen verschwinden, wie Socken in einer Waschmaschine, unauffindbar und ohne große Aufschreie - verdrängt an den äußersten Stadtrand und oftmals auch gänzlich darüber hinaus. Ein kontrovers diskutierter Trend, der in ganz Berlin zu beobachten ist und auch vor einem Arbeiterviertel wie dem Wedding nicht Halt macht, dessen kulturelles und soziales Gefüge besonders sensibel auf solche Veränderungen reagiert.
Mit zum Weddinger Geflecht gehört unter anderem die Groninger Straße, eine unspektakuläre Verbindungslinie zwischen dem pulsierenden Leopoldplatz und der verkehrsreichen Seestraße. Sie bietet das Bild einer typischen Berliner Durchschnittsstraße: Hier ein Bäcker, dort ein Späti, daneben eine Kneipe - ein kleines urbanes Kaleidoskop des Alltags. Doch dieser Alltag hat nun Investoren auf den Plan gerufen, aktuell die Häuser mit den Nummern 3 und 5: Zwei Altbauten in schmutzig-gelb, mit alten Holzfenstern, einer Bar und einem Atelier im Erdgeschoss - architektonische Zeitzeugen, wie sie im Buche stehen. Der Zustand der Wohnungen ist sehr unterschiedlich, von unsaniert mit Ofenheizung bis zu teilsanierten Einheiten mit geschliffenen Dielenböden und Gasheizung. Die Bewohner, vom 80-jährigen Rentner Hansi aus der 5, der bereits seit 40 Jahren hier lebt, bis hin zur Kostümbildnerin Lena Schön aus der 3, tragen gemeinsam zu einem lebendigen und vielfältigen Umfeld bei.
Die spreewater GmbH, eine unabhängige und inhabergeführte Investmentboutique aus Charlottenburg, hat es auf die Immobilien abgesehen. Die Ankündigung des geplanten Kaufs hat unter den Mietern beträchtliche Unruhe ausgelöst, vor allem wegen der weitreichenden Sanierungspläne, die der Online-Auftritt von spreewater schon durchblicken lässt. Die Angst ist greifbar, dass diese Maßnahmen die bestehende Mieterschaft verdrängen könnten. Nachdem das zuständige Bezirksamt kontaktiert wurde, bleibt die Lage angespannt: Es ist noch unklar, ob die Stadt Berlin in diesem Fall ihr Vorkaufsrecht ausüben wird. Trotz der Einstufung als Milieuschutzgebiet, die eigentlich zum Schutz der sozialen Struktur des Viertels beitragen sollte, stehen die Immobilien vor erheblichen Veränderungen.
Ein weiterer Streitpunkt ist die mangelhafte Kommunikation durch die bisherigen Eigentümer Bersulin Hausverwaltungen. Die Mieter wurden bisher nicht offiziell über den geplanten Verkauf in Kenntnis gesetzt, was in der Mieterschaft zu erheblicher Verunsicherung und Misstrauen führt. Obwohl bereits am 26. Februar das Online-Exposé für den Ankauf der Immobilie durch spreewater veröffentlicht wurde. Eine Rückfrage bei Bersulin über den aktuellen Stand und Verlauf des Verkaufs bestätigte, dass der Deal noch nicht in trockenen Tüchern ist. Doch schon am 17. April erfolgte eine „offizielle“ Vorstellung des Investors spreewater bei einer/m der Mieter:in. Die Hausgemeinschaft, die aus eigenem Antrieb aktiv wurde und die anderen Mieter:innen durch einen Aushang im Treppenhaus informierte, sah sich mit dem Vorwurf des offiziellen Vermieters konfrontiert, sie betreibe „Hetze“.
Die Lage in den Altbauten der Bersulin Hausverwaltungen spiegelt größere städtische und soziale Dynamiken in der Bundeshauptstadt wider. Die Entwicklungen dort sind symptomatisch für die Spannungen und Herausforderungen, mit denen sich viele Berliner:innen konfrontiert sehen. Während diese Entwicklungen weiterhin sorgfältig beobachtet werden, bleibt die Hausgemeinschaft aktiv und engagiert in ihrem Bemühen, eine Lösung zu finden, die für alle Beteiligten tragbar ist und gleichzeitig ihre Rechte und Bedürfnisse schützt. Denn eines ist klar: Wohnraum ist ein knappes Gut und wer nicht aus der Stadt verdrängt werden will, muss kämpfen!
Eigenbeschreibung des Projekts auf der Webseite von Spreewater
"Der Berliner Investor und Projektentwickler spreewater GmbH erweitert sein Tätigkeitsfeld und baut neben seinem Kerngeschäft, dem Erwerb und der Aufteilung innerstädtischer Wohnbestände, ein eigenes Bestandsportfolio in urbanen Lagen Berlins auf. Im Zuge der Geschäftserweiterung erwirbt spreewater ein Mehrfamilienhaus mit insgesamt 30 Wohn- und Gewerbeeinheiten in Berlin-Wedding. Der klassizistische Altbau wurde 1906 errichtet und verfügt über rund 1.530 Quadratmeter
Wohn- und Gewerbefläche, die spreewater künftig zur Vermietung anbietet. Das Unternehmen wird die im belebten Leopoldkiez gelegene Immobilie energetisch modernisieren und mittels Dachaufstockung zusätzlichen Wohnraum realisieren." (Quelle: https://spreewater.de)
Text: Raiko Sanchez
Überteuerte Brandschutztüren sind übel.
deswegen auch Kleine- oder Teilsanierungen unbedingt prüfen /lassen
Flo
Das Gebäude stand lange für relativ "wenig" Geld im Internet. Ich meine es waren 3,5 Mio €, was bei 1.500m² ja ca. 2.333€/m² entspricht. Und das war nur der Angebotspreis, im Moment kann man ja sehr gut runterhandeln. Vielleicht hätten da die Mieter zuschlagen sollen. Günstiger kann man keine Wohnung bekommen! Leider, dessen bin ich mir bewusst, ist es nicht immer so einfach.
Ebensfalls über die Deutsche Bank Immobilien wird auch die Maxstraße 5 momentan für ca. 5 Mio € angeboten (Obejktnr. 43090103-049520, Exposé-ID FID-P11-965-800 ). Auch da geht es um ca. 1.500m², das Haus ist also viel tuerer. Vielleicht tun sich die Mieter trotzdem zusammen und kaufen das Gebäude selber oder suchen sich Partner wie das "Mietshäuser Syndikat"? Schwierig die Lage... aber ich las kürzlich einen prägnanten Satz, sinngemäß: "Der Schlüssel zur Immobilienentwicklung ist es, Potential dort zu erkennen, wo die aktuellen Nutzer es nicht sehen." - Und dann billig kaufen und später teuer verkaufen, logisch.
Lassen wir uns die Butter nicht vom Brot nehmen...!
Link zum Exposé: https://www.deutsche-bank-immobilien.de/expose/FID-P11-965-800
Erstmal ja nicht schlecht, wenn energetisch modernisiert wird und Wohnraum durch Dachausbau entsteht. Vor allem wenn man bedenkt, das teilweise noch mit Kohleöfen geheizt wird! Auch so will ein Gebäude ja ab und zu modernisiert und instandgehalten werden - und irgendwer muss das ganze auch bezahlen.
Jetzt muss die Politik aber mit sinnvollen Vorschriften dafür sorgen, das es für Modernisierungwillige möglich ist eben dies zu tun, ohne das "Luxus" die einzig rentable Option ist. Das ist derzeit nicht der Fall!
Als Beispiel: Ich habe in meiner DG-Wohnung die Wohnungstür austauschen wollen. Anstelle einer guten, einbruchssicheren und klimatisch deutlich besseren Tür als vorher (uralte Pappe) für gut 500€ musste eine Selbstschließende, Feuer und Rauchfeste, Isolierende Tür für insgesammt 3500€ eingebaut werden. Und das setzt sich durch den gesamten Bau fort.
Hoffen wir, das die Spreewater nicht nur auf Rendite aus ist.
Hallo Nico,
gab es für das Objekt (die Wohnung bzw. das Haus) einen Brandschutznachweis (je nachdem, wann das Dachgeschoss ausgebaut wurde, müsste es eigentlich einen geben)? Darin stehen die Anforderungen an deine Tür. Wenn du eine neue Tür einbaust, gelten ersteinmal diese Anforderungen. Es gibt immer das Gerede von "beim Brandschutz gibt es keinen Bestandsschutz", aber das stimmt so einfach nicht. Es gelten grundsätzlich die Anforderungen vom Zeitpunkt der Genehmigung. Im Übrigen müssen Türen, die direkt von Wohnungen zum Treppenhaus führen gemäß aktueller Bauordnung Berlin "dicht und selbstschließend" sein (§35 (6) Nr. 3. BauO Bln). Für andere Nutzungen gelten andere Anforderungen. Das heißt in der Praxis, dass du nur einen Obentürschließer an der Tür mir "normaler" (dreiseitiger) Dichtung benötigst. Nervig, weil man nicht mal eben die Tür offen stehen lassen kann, aber keine sogenannten "Brandschutzanforderungen", die eine Tür so extrem teuer machen. Also kein Rauchschutz (da wäre noch eine vierte Dichtung nach unten dabei), nicht "feuerfest" (was kein geregelter Begriff ist). Die Handwerker kennen sich oft nicht gut mit der Baugesetzgebung aus und das müssen sie auch nicht unbedingt. Dafür gibt es Architekten und Ingenieure, die man aber leider auch bezahlen muss.
Ich hoffe bei dir wurde nicht unnötig Geld verbraten.
Ja es ist ärgerlich, wie Wohnungspolitik läuft…
So gerade gelesen im Magazin „Deal:
Vom 26.2.24
…Moritz Bruch, Mit-Gründer und Geschäftsführer der spreewater Gruppe: „Am Berliner Mietmarkt – vor allem in aufstrebenden Lagen, wie dem Wedding – bieten sich momentan zahlreiche Opportunitäten. Mit dem Ankauf in der Groninger Straße setzen wir den Grundstein für ein renditestarkes Wohnportfolio, das den gewohnt hohen Qualitätsansprüchen von spreewater entspricht. Die Immobilie befindet sich in attraktiver Innenstadtlage; nur wenige Gehminuten entfernt vom U-Bahnhof Nauener Platz sowie dem Leopoldplatz, der über die U-Bahnlinien U6 und U9 hervorragend an das übrige Stadtgebiet angeschlossen ist. Hier wollen wir künftig durch die energetische Modernisierung des Gebäudes in Kombination mit einer Dachaufstockung hochwertigen, modernen Wohnraum anbieten.“
Die Wohnimmobilie in der Groninger Straße ist geprägt durch klassische Elemente eines Altbaus wie hohe Räume mit Stuck-Elementen, Holzfußböden sowie Erkerausbildungen und verfügt über einen Innenhof. Aktuell ist die Immobilie fast vollständig vermietet.
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