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Gordischer Knoten im ehemaligen Diesterweg-Gymnasium

17. Dezember 2015
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Wie die orangefarbene Schule zu Wohnungen umgebaut werden soll - Grafik pswedding
Wie die oran­ge­far­be­ne Schu­le zu Woh­nun­gen umge­baut wer­den soll. Gra­fik: pswedding

Die lan­des­ei­ge­ne Woh­nungs­bau­ge­sell­schaft Dege­wo und pswed­ding wol­len auf dem ehe­ma­li­gen Gelän­de des Dies­ter­weg-Gym­na­si­ums bau­en. Zusam­men rund 350 Woh­nun­gen. Pswed­ding ist ein Zusam­men­schluss von Stadt­pla­nern und arbei­tet als Non-Pro­fit-Orga­ni­sa­ti­on. Alle Par­tei­en unter­stüt­zen das Pro­jekt aus­drück­lich – den­noch hakt es immer wie­der. Auf dem Spiel ste­hen ange­streb­te Mie­ten von 5,50 Euro pro Qua­drat­me­ter.  Heu­te, Don­ners­tag, tagt die Bezirsk­ver­ord­ne­ten­ver­samm­lung (BVV) – das Par­la­ment auf Bezirks­ebe­ne. Die BVV will sich mit der Zukunft des Gelän­des befassen.

Sascha Schug ist für die SPD aus dem Brun­nen­vier­tel in der BVV. Sei­ne Gro­ße Anfra­ge lau­tet: “Wer durch­schlägt den gor­di­schen Kno­ten?” Zwar unter­stüt­zen alle Par­tei­en und Stadt­rä­te das Pro­jekt und es gibt sogar Beschlüs­se sei­tens des Bezirks­am­tes einen ent­spre­chen­den Bebau­ungs­plan auf­zu­stel­len und das Pro­jekt als Pilot­pro­jekt vor­an­zu­brin­gen. Doch es kommt ein­fach nicht zur Grundstücksübergabe.

Grund­stücks­ver­ga­be

Bezirksbürgermeister Christian Hanke vor dem ehemaligen Diesterweg-Gymnasium - Foto Andrei Schnell
Bezirks­bür­ger­meis­ter Chris­ti­an Han­ke vor dem ehe­ma­li­gen Dies­ter­weg-Gym­na­si­um. Foto: And­rei Schnell

Grund­stü­cke sind wesent­li­che Wer­te des Bezir­kes und wer­den nicht ein­fach so über­tra­gen. Das ist auch gut so. Der regu­lä­re Weg der Über­tra­gung ist, dass der Bezirk das Gelän­de an die Ber­li­ner Immo­bi­li­en­ma­nage­ment GmbH “abgibt”. Dort wird in meh­re­ren Gre­mi­en bera­ten, bevor das Grund­stück dann durch die lan­des­ei­ge­ne BIM an die lan­des­ei­ge­ne Dege­wo “ein­ge­bracht” wird (wie der Vor­gang genannt wird). Die Wei­ter­ga­be an die BIM kön­ne der­zeit nicht erfol­gen, weil auf dem Gelän­de noch eine Sport­hal­le genutzt wird und vor weni­gen Wochen die Wed­din­ger Musik­schu­le in das dor­ti­ge Aus­weich­quar­tier ein­ge­zo­gen ist.

Den Schul­di­gen oder Lösun­gen suchen?

Die für die Musik­schu­le zustän­di­ge Stadt­rä­tin Sabi­ne Weiß­ler (Grü­ne) sieht sich – wahr­schein­lich zu recht – nicht als Blo­ckie­re­rin. “Alle haben sich gefreut, als wir für die Musik­schu­le den Stand­ort gefun­den hat­ten. Nur sechs Wochen spä­ter kann es nicht hei­ßen, wir wären an irgend­et­was schuld”, sagt sie. Die Musik­schu­le muss­te am Stand­ort Ruhe­platz aus­zie­hen, weil dort Sanie­run­gen anste­hen. Wer in Pro­ble­men denkt, wür­de jetzt nach­for­schen, wie es im Bezirks­amt zu der Ent­schei­dung kom­men konn­te, dass dem Kul­tur­amt ein Gebäu­de auf dem ehe­ma­li­gen Gelän­de des Dies­ter­weg-Gym­na­si­ums über­haupt ange­bo­ten wurde.

Wer in Lösun­gen denkt, steht tat­säch­lich vor dem mythi­schen gor­di­schen Kno­ten. Alex­an­der der Gro­ße hat ihn bekannt­lich nicht auf­ge­knüp­pert, son­dern mit dem Schwert durch­schla­gen und danach die Welt eror­bert. Eine Lösung muss die Sport­hal­le, die Musik­schu­le, die BIM, das Bezirks­amt und die Bau­her­ren Dege­wo und pswed­ding im Blich halten.

Eine Lösung könn­te sein, dass die Musik­schu­le in das von pswed­ding sanier­te Schul­ge­bäu­de zieht. Vor­teil wäre, dass es auf dem Gelän­de sicht­bar vor­an­geht. Eine ande­re Lösung wäre, dass die Musik­schu­le bis zum Rück­zug an den Stand­ort Ruhe­platz erst ein­mal im der­zei­ti­gen Gebäu­de bleibt. Dazu müss­te sie Mie­ter bei den Part­nern Dege­wo und pswed­ding wer­den, statt wie im Moment beim Bezirks­amt Mie­ter. Auch hier wäre der Vor­teil, dass zumin­dest die Sanie­rung der Schu­le begin­nen könn­te (auch wenn der Neu­bau der neu­en Miet­woh­nun­gen wegen feh­len­der Bau­frei­heit erst ein­mal war­ten müsste).

War­te­kos­ten

Wer in Euro und Cent rech­net, der kommt im Fal­le des Nichts­tuns bei 350.000 Euro jähr­li­chen Leer­stands­kos­ten nach mitt­ler­wei­le vier Jah­ren bereits auf fast ein­ein­halb Mil­lio­nen Euro Abwar­te­kos­ten. Wenn es noch ein­mal vier Jah­re dau­ert, bis das Gelän­de an die Dege­wo über­tra­gen wird, dann wären schon drei Mil­lio­nen Euro auf­ge­lau­fen. Das ent­spricht Pi mal Dau­men 30 Wohnungen.

Wer mit sozia­lem Kapi­tal rech­net, der sieht in der Ver­zö­ge­rung feh­len­de 350 Woh­nun­gen mit güns­ti­gen Mie­ten. Dege­wo und pswed­ding wol­len güns­ti­ge Miet­woh­nun­gen bau­en. Die etwa 140 Woh­nun­gen die die Non-Pro­fit-Orga­ni­sa­ti­on pswed­ding errich­ten will, sol­len in der Erst­ver­mie­tung bei etwa 5 Euro pro Qua­drat­me­ter lie­gen. Die Dege­wo will 30% ihrer Woh­nun­gen mit öffent­li­cher För­de­rung errich­ten und man kann mit Mie­ten von 6,50 Euro rech­nen. Jedes Jahr Ver­zö­ge­rung wird den Qua­drat­me­ter­preis erhö­hen. “Es wird im Lauf der Jah­re immer schwie­ri­ger, kos­ten­güns­ti­gen Wohn­raum her­zu­stel­len”, sagt die Pro­jekt­grup­pe pswedding.

Kon­zept von pswedding

Der markante orangefarbene Bau in der Swinemünder Straße - Foto Andrei Schnell
Der mar­kan­te oran­ge­far­be­ne Bau in der Swi­ne­mün­der Stra­ße. Foto: And­rei Schnell

“Wir haben unbe­dingt wei­ter­hin Lust auf das Pro­jekt”, sagen Initia­to­ren von pswed­ding. Aber man spürt schon Ver­wun­de­rung über die drei ergeb­nis­lo­sen Jah­ren seit der ers­ten Vor­stel­lung des Pro­jekts im Juni 2012. Damals war der zustän­di­ge Fach­aus­schuss der BVV von ihrer Prä­sen­ta­ti­on begeis­tert. Auch nach­träg­lich plötz­lich ent­stan­de­ne Beden­ken konn­ten aus­ge­räumt wer­den. Und doch ist der Sta­tus auch drei Jah­re spä­ter im Grun­de bei: Das ist ja ein tol­les Pro­jekt. “Wann geht es end­lich mal vor­an?”, seuf­zen die Macher von pswed­ding, “wie­viel sol­len wir noch inves­tie­ren, ohne dass wir etwas Kon­kre­tes sehen?” Die Ant­wort wird die heu­ti­ge BVV-Sit­zung brin­gen. Vielleicht.

Text und Fotos: And­rei Schnell

Mehr zum The­ma: Turn­hal­le gegen Wohnungen?

Andrei Schnell

Meine Feinde besitzen ein Stück der Wahrheit, das mir fehlt.

6 Comments Leave a Reply

  1. umd was heißt heu­te non-pro­fit Unternehmen?
    Es ist doch hoffentli8ch zu vern­mu­ten, dass hier der Min­dest­lohn gezahlt wird oder ?

    • Non-Pro­fit heißt, dass pswed­ding sein “Ziel in nicht-gewinn­ori­en­tier­ter Stadt­ent­wick­lung” sieht. Sie machen das Gegen­teil von cresco, die in der Brun­nen­stra­ße 123 bau­en. Bestand­teil der Plä­ne ist, dass “nicht mehr ver­käuf­li­che Haus­pro­jek­te” geschaf­fen werden.

  2. Wer in Euro und Cent rech­net, der kommt im Fal­le des Nichts­tuns bei 350.000 Euro jähr­li­chen Leer­stands­kos­ten nach mitt­ler­wei­le vier Jah­ren bereits auf fast ein­ein­halb Mil­lio­nen Euro Abwar­te­kos­ten. Wenn es noch ein­mal vier Jah­re dau­ert, bis das Gelän­de an die Dege­wo über­tra­gen wird, dann wären schon drei Mil­lio­nen Euro auf­ge­lau­fen. Das ent­spricht Pi mal Dau­men 30 Wohnungen.

    Wor­auf beru­hen die LKeerstandskosten ?
    Wach­schutz? Heizung?

    • Hal­lo Moritz,

      die Leer­stands­kos­ten wur­den von der Ber­li­ner Woche publi­ziert und bezie­hen sich auf Van­da­lis­mus, Win­ter­hei­zung, Wach­schutz. Text war schon sehr lang, woll­te das nicht auch noch auseinanderklamüsern.

      LG
      Andrei

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