Franziska Bereit versteckte ab Februar 1943 Mitglieder der jüdischen Familie Silbermann, für die sie als Hausangestellte arbeitete, in ihrer Wohnung in der Malplaquetstraße 38. Doch heute sind ihr Name und ihr Engagement nur noch wenigen Menschen im Kiez bekannt. Das soll sich ändern.
Kindermädchen und Hausangestellte
Die 1888 geborene Franziska Drzymala war seit 1906 vorwiegend als Kindermädchen bei dem jüdischen Ehepaar Karl und Rosalie Silbermann in Berlin-Wedding angestellt. Dort kümmerte sie sich vor allem um die beiden Töchter der Familie, Adelheid und Therese. Karl Silbermann war als Immobilienmakler tätig und besaß mehrere Häuser in der Reinickendorfer Straße, wo er mit seiner Familie auch wohnte.
Wahrscheinlich 1909 heiratete Franziska Drzymala Karl Bereit, der sich als Schneider sein Geld verdiente. Trotzdem arbeitete sie weiterhin für die Familie Silbermann und gründete wenig später mit ihrem Ehemann eine eigene Familie.
Mit Beginn der Herrschaft der Nationalsozialisten im Januar 1933 und deren anschließender Etablierung veränderte sich das Leben der Silbermanns grundlegend. Ausgrenzung sowie die Verdrängung aus dem Wirtschafts- und Kulturleben gehörten nun zum Alltag. Karl Silbermann wurde gezwungen, seinen Besitz unter Wert zu verkaufen, Adelheid musste zusammen mit mehr als 500 anderen Jüdinnen und Juden Zwangsarbeit für die Firma Ehrich & Graetz in Treptow leisten. Doch Franziska Bereit blieb in Kontakt zur Familie und unterstützte diese unter anderem mit Lebensmitteln.
Versteck in ihrer Wohnung
Die Situation verschärfte sich weiter, als Adelheid Silbermann am 27. Februar 1943 nur mit Glück einer Verhaftung im Rahmen der sogenannten „Fabrik-Aktion“ entging. Dabei wurden u.a. verbliebene jüdische Zwangsarbeiter in den Betrieben, auf der Straße oder in ihren Wohnungen verhaftet und in verschiedene Sammellager geschafft. In höchster Not nahm Adelheid Silbermann nun das Angebot ihres ehemaligen Kindermädchens Franziska Bereit an und fand Zuflucht in deren Wohnung in der Malplaquetstraße 38.
Therese Silbermann war bereits zuvor mit ihren Ehemann untergetaucht, beide verbargen sich in einer Gartenlaube von Bekannten, die allerdings bei einem Bombenangriff Ende Januar 1944 in Brand geriet. Daraufhin versteckte Franziska Bereit auch diese beiden in ihrer winzigen Wohnung, die nur zwei Räume umfasste. Die Toilette befand sich auf halber Etage.
In einem ganz normalen Mietshaus
Dabei wussten nicht nur Franziskas Bereits Kinder Gertrud, Grete und Rudi, die regelmäßig Lebensmittel vorbeibrachten, um das Geheimnis ihrer inzwischen verwitweten Mutter, sondern auch ihr Enkel Günter, der mit in der Wohnung lebte. Darüber hinaus waren den meisten Nachbarn Adelheid und Therese schon seit langem bekannt, während der Bombenangriffe suchten auch Franziska Bereits geheime Mitbewohner regelmäßig zum Schutz den Keller auf.
Adelheid Silbermann sowie ihre Schwester Therese und deren Ehemann Hermann überlebten und wanderten Ende der 1940er Jahre in die USA aus. Für Carl und Rosalie Silbermann, ebenso wie für Adelheids Verlobten, gab es hingegen keine Rettung, sie wurden deportiert und ermordet.
Erst posthum geehrt
Franziska Bereit blieb eine stille Lebensretterin. Sie starb 1958 in Berlin, kurz zuvor besuchte Adelheid Silbermann ihr ehemaliges Kindermädchen ein letztes Mal. Franziska Bereit erlebte ihre Auszeichnung durch den West-Berliner Senat als „Unbesungene Heldin“ nicht mehr, die Urkunde nahm stellvertretend ihr Sohn Rudi Bereit in Empfang. Zuvor fand die mutige Tat der Weddingerin 1957 Eingang in Kurt Grossmanns Buch „Die unbesungenen Helden“.
Schon einmal engagierte sich eine Initiative im Wedding für eine aktive Erinnerungskultur. Das Interkulturelle Zentrum für Mädchen und Junge Frauen. MÄDEA brachte im Rahmen eines Projektes eine Gedenktafel am Haus in der Malplaquetstraße 38 an, die aber um das Jahr 2005 im Rahmen der Fassadenerneuerung entfernt und nicht wieder angebracht wurde.
Eine Reihe engagierter Weddinger Bürgerinnen und Bürger, allen voran die Mitarbeiter der Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtung Palästina Jugendclub Michael Kleineidam und Stefanie Köhler, wollen erreichen, dass durch das Anbringen einer neuen Gedenktafel an die mutige Tat Franziska Bereits erinnert und sogenannte Stolpersteine für Carl und Rosalie Silbermann in der Reinickendorfer Straße vor ihrem ehemaligen Wohnhaus verlegt werden. Bei ihrem Anliegen unterstützt werden diese von der RAG Leopoldplatz, in der Akteure der Jugend- und Bildungsarbeit sowie der Polizei sich regelmäßig austauschen.
Autorin: Stefanie Köhler, Projektleiterin/pädagogische Mitarbeiterin bei Karame e.V.
Danke für die Info.Ich hatte noch nie von dieser mutigen Frau gehört
Es wundert mich, dass es für die Familie Silbermünzen noch keine Stolpetdteine gibt