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Garten – Arbeit – Schule:
Das Schul-Umwelt-Zentrum

5. Mai 2012
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Acht­los geht man an der Scharn­we­ber­stra­ße 159 vor­bei, ziem­lich genau an der Stel­le, wo die Stra­ße ihren Namen in Mül­lerstra­ße ändert. In die­sem vor­städ­ti­schen Nichts aus Ver­kehrs­schnei­sen, mehr­stö­cki­gen Büro­ge­bäu­den, einem Bau­markt und einem Ein­kaufs­zen­trum wür­de man alles – nur kei­ne grü­ne Oase – ver­mu­ten. Und doch ist die Gar­ten­ar­beits­schu­le Wed­ding in die­ser peri­phe­ren Lage seit 1950 zu Hau­se. Mit der ein­zi­gen inner­städ­ti­schen Sand­dü­ne Deutsch­lands ver­fügt das Are­al sogar noch über ein ganz beson­de­res Naturdenkmal.

Gar­ten­ar­beits­schu­len (die­se hier fir­miert seit der Bezirks­fu­si­on unter dem Namen “Schul-Umwelt-Zen­trum Mit­te”) beru­hen auf reform­päd­ago­gi­schen Ideen der 1920er Jah­re. Doch beson­ders nach dem Zwei­ten Welt­krieg haben die aus­ge­hun­ger­ten und trau­ma­ti­sier­ten Kin­der hier Erho­lung gefun­den. Zusätz­lich wur­de durch die her­an­ge­züch­te­ten Pflan­zen die ärgs­te Not in den Fami­li­en gelin­dert. So notier­te der ers­te Lei­ter der Gar­ten­ar­beits­schu­le Wed­ding, Ger­hard Stüllein: “Die Kin­der sol­len lie­ber, anstatt auf Hams­ter­fahrt zu gehen, auf ihrem eige­nen Schul­gar­ten­beet Nutz­pflan­zen für ihre Fami­li­en heranziehen.”

Doch die Gar­ten­ar­beits­schu­le ver­mit­telt nicht nur Wis­sen. Die­ser beson­ders ver­wun­sche­ne, lang­ge­zo­ge­ne Gar­ten lädt zu Ent­de­ckun­gen ein. So gibt es ein Bie­nen­haus, einen Teich vol­ler Kaul­quap­pen, Gewächs­häu­ser, eine Feu­er­stel­le mit Wig­wam, ein schwe­di­sches Holz­haus für Wet­ter­be­ob­ach­tun­gen und Umwelt­ex­pe­ri­men­te sowie die bereits erwähn­te Düne. Genutzt wer­den die vie­len Bee­te von zahl­rei­chen Kita­grup­pen und Schul­klas­sen sowie Leh­rer­fort­bil­dungs­grup­pen. In alle Gär­ten des SUZ kom­men jähr­lich 40 000 Besucher!

Am meis­ten fas­zi­niert den Besu­cher, der zum ers­ten Mal in die Gar­ten­ar­beits­schu­le kommt, wel­ches grü­ne Para­dies sich hin­ter den häss­li­chen Gewer­be­bau­ten ver­birgt. Tat­säch­lich ist man hier der Rea­li­tät ein wenig ent­rückt, wie in einem klei­nen Bota­ni­schen Gar­ten. Die Düne Wed­ding am Rand des Gar­tens fällt jäh zum Park­platz des Bau­markts ab. Erklimmt man den Sand­berg, wird man sich der städ­ti­schen Lage der Gar­ten­ar­beits­schu­le wie­der bewusst.

Immer wie­der ist die Exis­tenz der Gar­ten­ar­beits­schu­len, die auf über 90 Jah­re Tra­di­ti­on in Ber­lin zurück­bli­cken kön­nen, aus Spar­grün­den gefähr­det. Gera­de in Zei­ten größ­ter mate­ri­el­ler Not ent­stan­den, wur­de der Nut­zen die­ser Ein­rich­tun­gen frü­her nicht in Fra­ge gestellt. Aber auch heu­te ist das Schul-Umwelt-Zen­trum für Stadt­kin­der wich­ti­ger denn je: wo sonst sol­len Kin­der die Arten­viel­falt, das Wer­den und Ver­ge­hen und Nach­hal­tig­keit ler­nen? Gesun­de Ernäh­rung (wo kommt unser Essen her), umwelt­be­wuss­tes Ver­hal­ten (was pas­siert mit orga­ni­schen Abfäl­len) oder bio­lo­gi­sches Grund­wis­sen (wel­che Tie­re leben in unse­ren Brei­ten?) kann in sol­chen Ein­rich­tun­gen opti­mal ver­mit­telt werden.

Infos:

www.schulumweltzentrum.de

Scharn­we­ber­str. 159, Tel.: 030–49870409, Fax.:  030–49870411, Mail: [email protected]

Filia­le: See­stra­ße 74 (Inter­kul­tu­rel­ler Garten)

Joachim Faust

hat 2011 den Blog gegründet. Heute leitet er das Projekt Weddingweiser. Mag die Ortsteile Wedding und Gesundbrunnen gleichermaßen.

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