„Wir haben so viele Anfragen, wir mussten vielen absagen″, sagt Dr. Juliane Orsenne, die pädagogische Leiterin des Schul-Umwelt-Zentrums (SUZ). Das SUZ hat im Bezirk Mitte mehrere Standorte. Unter ihnen hat mit rund 22.000 Quadratmetern der Garten in der Scharnweberstraße die größte Fläche. Platz ist dort genug vorhanden. Beete, Gewächshäuser, eine Wiese und ein Waldstück gruppieren sich um das Naturdenkmal Weddinger Düne. Doch die pädagogischen Stunden müssten erhöht werden, um der Nachfrage der Schulen gerecht zu werden, sagt Dr. Orsenne.
Frisch von der Leber weg formuliert: Wenn die Politik den Lerngarten etwas düngen wollte, dann wäre mehr Personal das Mittel der Wahl. Aktuell können am Standort Scharnweberstraße kurz vor Reinickendorf fünf Gruppen pro Tag einen Kurs belegen. Dass am Vor- und Nachmittag so viele Schul- und Kitakinder kommen können, dafür sorgen die Auszubildenden, die Teilnehmer eines freiwilligen ökologischen Jahres und Gartenmeisterin Bettina Stender mit ihrer Gärtnerin. Die Auszubildenden sind sogar spitze. Sie haben am 23. Februar den zweiten Platz im Berufswettbewerb junger Gärtner gewonnen. In der Stufe, in der die ersten und zweiten Lehrjahre antraten, hätten sich acht Gruppen um den Sieg beworben, sagt Martha Nagler. Sie ist eine der Preisträgerinnen, die im SUZ lernt. „Der Wettbewerb hat Spaß gemacht, ich habe Neues gelernt″, sagt sie.
Saisonstart oder Neustart bedeutet der Frühling für das SUZ nicht, eher eine Änderung der Angebote. Nun stehe an, die Schulgärten von 30 Schulen mit vorgezogenen Pflänzchen zu beliefern. Doch auch im Winter haben viele Kita- und Schulkinder das SUZ für Kurse gebucht. Zudem waren mehrere Wochen Schüler der vierten Klasse der Anna-Lindh-Schule zu Gast, als diese umziehen musste. Für sie wurde der versteckte Garten am nördlichen Zipfel des Weddings nicht nur ein sogenanntes grünes Klassenzimmer, sondern gleich eine ganze grüne Schule. Dr. Juliane Orsenne denkt diese Zeit gern zurück und ist überzeugt, dass Schüler viel nachhaltiger gelernt haben als beim noch viel zu häufig vorkommenden „Teach to Test″. Die Arbeit des SUZ fasst Dr. Juliane Orsenne in einem Satz zusammen: „Unser Gewinn sind naturgebildete Kinder″. Sich selbst ein Bild vom SUZ machen kann sich jeder beim Tag der Offenen Tür am 6. Mai oder beim Schulgartentag am 6. Juni.
Der Standort Scharnweberstraße wurde 1950 unter dem Begriff Gartenarbeitsschule gegründet. Die Idee zur Gründung wurzelt in der Reformpädagogik der 1920er Jahre. Den ersten Schülergarten Berlins richteten die Reformer in Neukölln ein. Seit 2016 sind Orte wie das SUZ im § 124 des Berliner Schulgesetzes vorgeschrieben. „Jeder Bezirk unterhält eine Jugendkunstschule, eine Jugendverkehrsschule und eine Gartenarbeitsschule″, heißt es in dem Gesetz.
Der Text erschien zuerst in der Weddinger Allgemeinen Zeitung (–> E‑Paper), der gedruckten Zeitung für den Wedding. Autor ist Andrei Schnell. Wir danken dem RAZ-Verlag!