Kantine – das Wort steht für schnelle Verköstigung in der Mittagspause mit einförmigem Essen. „Der Name ist bei uns eher ironisch gemeint“, erklärt André Reutter. Und tatsächlich: die Gaststätte auf dem ExRotaprint-Gelände an der Gottschedstraße 4 unterscheidet sich deutlich von den Speisesälen mit Großküche, die man aus anderen Kantinen kennt. „Das Essen wird bei uns immer frisch vor den Augen der Besucher zubereitet“, sagt der 48-Jährige. Es gibt auch nicht jeden Tag Fleisch – vegetarische Gerichte sind kein Nischenangebot, sondern stellen die Mehrheit der Gerichte dar. „Unser Motto ist: für wenig Geld gut gemachtes Essen anbieten“, erklärt André Reutter. Das Restaurant mit seinen 70 Plätzen steht nicht nur den wenigen hundert Mitarbeitern und Kursteilnehmern des ExRotaprint-Geländes zur Verfügung, sondern wird auch gern von Essensgästen aus anderen Teilen des Weddings besucht.
„Selbst die Leute vom Amtsgericht Wedding kommen hierher, obwohl die eine eigene Kantine haben“, berichtet Susi, die hier schon ein paar Jahre in der Küche arbeitet. Das liegt sicher nicht nur am Essen, das kurz nach der Bestellung noch einmal in die Pfanne kommt und nicht stundenlang vorgehalten wird. „Die Atmosphäre hier ist auch sehr warmherzig“, sagt Semra Senol. Sie ist quasi „die gute Seele“ am Empfangstresen, die die Bestellungen entgegennimmt und kassiert. Ihre Spezialität: sie merkt sich die Namen der Stammgäste und auch der neuen Besucher. Die persönliche Ansprache komme auch bei den Gästen gut an, erklärt Semra: „Ich mag es, dass hier alle – egal ob Architekt oder Psychologe – nicht so großspurig auftreten.“
Hinter der großen Glasscheibe, auf der die Tagesgerichte in bunter Schreibschrift stehen, kann man die Wartezeit damit verbringen, bei der Essenszubereitung zuzusehen. Hier holen sich die Gäste auch ihr Essen ab, wenn ihr Name ausgerufen wird. Heute gibt es beispielsweise einen Pie mit Mangold und Gorgonzola, dazu Salat – für fünf Euro. Essenswünsche nehmen die Kantinenmitarbeiter jederzeit an und versuchen sie, in die Wochenkarte einzuarbeiten.
Treffpunkt für alle ExRotaprintler
„Ich bin froh, dass es diese Kantine gibt“, sagt Alexandra. Sie arbeitet auf dem Gelände und kennt die Kantine schon seit Jahren. Unabhängig vom Essen schätzt sie es sehr, dass sich hier die unterschiedlichen Nutzer des ExRotaprint-Geländes treffen können. Zu je einem Drittel wird die Fläche der ehemaligen Druckmaschinenfabrik von Unternehmen der Kreativwirtschaft, der Sozialwirtschaft und Kleingewerbe bespielt. „Es ist ein gutes Miteinander“, bestätigt auch Kantinenbetreiber André Reuter. Das sei nicht selbstverständlich, zumal auch die Lage in einem Drogenkiez nicht einfach ist.
Auch das dezente Intérieur hebt sich wohltuend von gewohnten Kantinen ab, ohne aufdringlich modern zu sein. Von der schachbrettartigen Decke hängen originelle siebeneckige Leuchten, die unterschiedlich langen Tische bieten bis zu zehn Personen Platz. Der helle, verglaste Gastraum aus den 1950er Jahren hat die nüchterne Ästhetik der früheren Zeitschicht bewahrt – so stammt der Linoleumboden noch eindeutig aus der Zeit der Rotaprintfabrik.
Aber eine Kantine ist es dann doch
Doch bei allen Unterschieden – eines hat die Kantine dann doch mit anderen Betriebsgaststätten gemeinsam: am Ende räumen die Besucher die Teller noch selbst ab und stapeln sie am Ausgang.…
Gottschedstr. 4, 13357 Berlin
Mo-Fr 8 – 16 Uhr
Frühstück von 8.30 – 11.30 Uhr
Mittagessen von 12.00 – 15.30 Uhr
Jetzt renovieren die, glaube ich. Aber sonst absolut HINGEHEN! Leckeres Essen, große Portionen, sehr bezahlbar und super nette Leute!