Zehn Tage ist es her, dass der Berliner Senat die sechs Orte benannte, an denen Corona-Impfzentren entstehen sollen. In den Messehallen am Funkturm, in den stillgelegten Flughäfen Tegel und Tempelhof, im Velodrom, in der Arena Treptow und im Erika-Heß-Eisstadion (EHE) sollen ab Mitte Dezember Menschen geimpft werden können. Start ist, sobald ein Impfstoff verfügbar ist. Das Eisstadion in der Müllerstraße ist nun in Bereitschaft. Die Frage ist jetzt: Was wird aus den Sportvereinen, die hier sonst trainieren? Kann die Außeneisbahn trotz Corona-Impfungen offen bleiben? Wie funktioniert das Impfzentrum?
Nach der Verkündung der Entscheidung auf der Pressekonferenz des Senats am Dienstag vergangener Woche (17.11.) ging es schnell. Letzter Nutzungstag für den Eissport war vier Tage später, am 21. November, der Bezirk Mitte übergab die Sportstätte bereits am Montag (23.11.) an die Senatsverwaltung für Gesundheit, Gleichstellung und Pflege.
Ideen und offene Fragen: Was bleibt den Sportvereinen?
Bei der Übergabe stellte sich der Impfzentren-Koordinator des Senats Albrecht Broemme den Fragen der Nutzer. Für das Impfzentrum werde vor allem die Halle des Eisstadions benötigt. Die Eisbahn im Freien könnte damit aus Sicht der bisherigen Nutzer weiter im Betrieb bleiben. Albrecht Broemme wird diese Möglichkeit, so sagte er bei der Fragerunde, prüfen. Eisbahn und Eishalle haben eigene Eingänge, die Besucherströme könnten über Einbahnstraßen getrennt voneinander zum Impfen oder Eislaufen geführt werden. Sollte das Impfzentrum auch den „Anschnallraum“ (dort wechselt man von Straßenschuhen auf Schlittschuhe) und die Toiletten in Anspruch nehmen müssen, wäre die Aufstellung von Containern als Ersatz eine Alternative. Für die Fahrtwege der Eisbahn-Maschine würde sich auch eine Lösung finden. Sollte auch die Außeneisbahn geschlossen werden müssen, schlagen die Vereine als letzte Möglichkeit die Aufstellung einer mobilen Eisbahn vor.
Welche Vereine im Erika-Heß-Eisstadion trainieren
Bis zur Schließungsanordnung trainierten nach den aktuellen Lockdown-Regeln im EHE täglich etwa 80 Kinder und Jugendliche des Eishockey-Vereins FASS Berlin e.V. sowie der Eiskunstlaufsparte des WERC (Weddinger Eislauf- und Rollsport-Club e. V.). FASS ist der zweitgrößte Eishockey-Verein Berlins nach den Eisbären. Nutzungszeiten hatten auch der Berliner Sport-Verein 1892, der Sport-Club Charlottenburg – beide Eiskunstlauf -, der Berliner Schlittschuh-Club (Eisstockschießen) sowie die „ungewöhnliche Eislaufschule“ mit Eislaufkursen. Das EHE ist darüber hinaus auch Standort für das Training der Landes- und Bundeskader im Eiskunstlauf.
Wer das Eisstadion noch nutzt
Der öffentliche Eislauf auf der Eisbahn im Freien war in dieser Saison noch nicht möglich. Doch die benachbarte neu gebaute 48. Schule (Grundschule) an der Chausseestraße/Boyenstraße kam bis zuletzt zum Eislaufen ins EHE – als Ersatz für den Sportunterricht (die Schule verfügt noch über keine Sporthalle), sogar Eislaufen für Kitas aus der Nachbarschaft fand hier statt. Vor allem für die Kinder wäre ein Offenhalten der Außeneisbahn wichtig. Lange Wege zu möglichen Ersatzstandorten in Charlottenburg oder Neukölln sind für Kitas und Schulen sowie für die Eislauf- und Eishockeykinder im Breitensport keine Alternative.
Was die Vereine sagen, was der Bezirk sagt
Insgesamt verstehen auch die Sportvereine aus dem Wedding die Notwendigkeit der Impfungen und der Einrichtung der Impfzentren. Jedoch bitten sie eindringlich darum, dass sie Ersatztrainingsmöglichkeiten und gegebenenfalls Entschädigung erhalten und spätestens im August 2021 wieder in ihr Heimatstadion an der Müllerstraße zurück können. Aus dem Bezirk gab es dazu in der vergangenen Woche zumindest ein Bekenntnis. Bezirksstadtrat Carsten Spallek erklärte: „Das Schul- und Sportamt wird sich aber in Abstimmung mit den anderen Eissportstätten um Ausweichmöglichkeiten bemühen. Für die notwendigen Einschränkungen bitte ich um Ihr Verständnis“.
Wie das Impfzentrum funktioniert
Der Berliner Senat rechnet damit, dass in der ersten Phase 900.000 Impfdosen zur Verfügung stehen. Da jeder zwei Mal geimpft werden muss, könnten zunächst 450.000 Menschen behandelt werden. 20.000 Menschen sollen in Berlin pro Tag geimpft werden, ein Impfung ist freiwillig. Pro Impfzentrum stehen damit pro Tag 3000 bis 4000 Impfungen an, auch im Erika-Heß-Eisstadion ist das so geplant. 200 bis 300 Mitarbeiter sollen das in jedem Zentrum sicherstellen.
In jedem der sechs Impfzentren soll es laut Aussage von Impfzentren-Koordinator Albrecht Broemme fünf Impfkabinen geben. Jede Halle habe zwei Eingänge und getrennt davon zwei Ausgänge. Es werden die Personalien erfasst, ein Fragebogen zur Krankengeschichte ausgefüllt, eine Einwilligung zur Impfung unterschrieben. Nach der Impfung bleibe die Person sicherheitshalber noch eine halbe Stunde im Impfzentrum. Insgesamt solle ein Besuch im Impfzentrum idealerweise etwa eine Stunde dauern.
Wer genau zuerst geimpft wird, steht noch nicht fest. Klar ist aber, dass Ältere und Personen mit Vorerkrankungen dabei sein werden, sowie Menschen, die in Krankenhäusern arbeiten. Eine Einladung zur Impfung komme per Post vom Bund.
Laut Impfzentren-Koordinator Broemme ist das Erika-Heß-Eisstadion ausgewählt worden, weil es als einzige Halle in Berlin-Mitte die erforderliche Fläche von 3000 Quadratmetern habe und gute Bedingungen für die Logistik biete.
Text: KiezSportLotsin Susanne Bürger & Dominique Hensel
Ergänzung für die Aufnahme des Impfbetriebs am 14.1.2021: Betrieb und Betreuung im Impfzentrum im Erika-Heß-Stadion an der Müllerstraße übernehmen die beiden Hilfsorganisationen Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) und Deutsche Lebensrettungsgesellschaft (DLRG). Für die impfenden Ärzte ist die Kassenärztliche Vereinigung (KV) zuständig. Die Anmeldung der Impflinge liegt in den Händen der Gesundheitsverwaltung.
Anstatt Freizeit- und Profisport im Eisstadion Wedding vollkommen brach zu legen, gäbe es speziell in Berlin Mitte sicherlich eine Reihe besserer Alternativen für ein Impfzentrum.
Ganz im Gegenteil sollte die Eislaufsaison in 2021 ausnahmsweise in den Sommer verlängert werden, um ausgefallene Trainingszeiten zu kompensieren!!