Autos fahren auf der Fahrbahn. Punkt. Fertig. Ganz einfach. Das versteht jeder. Wo fahren Fahrräder? Fahrbahn? Radweg? Gehweg? Unser Gastautor hat mal nachgezählt und kommt auf mehr als 10 (!) verschiedene Arten von Wegen für Radfahrer. Grund genug, diese mal genau zu beleuchten.
Wer soll da noch durchsteigen?
Das Thema ist schwere Kost. Daher das Fazit vorne weg.: Die jetzigen Regelungen sind kaum erträglich. Kaum einer steigt durch. Weder Radfahrer, Autofahrer oder Fußgänger. Diese Vielzahl von Arten der Wege für den Radverkehr ist schwer zu durchschauen. Außerdem wechseln die Arten dazu teilweise noch ständig und manchmal ohne logische Gründe im Verlauf einer Route. Eine Regelverletzung kann allein deswegen ohne böse Absicht eintreten. Was wirklich hilft, ist der vehemente Einsatz für eine bessere und flächendeckende Infrastruktur für den Radverkehr. Es muss klare Regelungen geben, die jeder leicht verstehen kann.
Also los geht’s: Viel Spaß beim Radweg-Abitur.
1. Fahrbahn
Es geht ganz einfach los. Wann darf ein Radfahrer auf der Fahrbahn fahren? Eigentlich immer, sofern kein Radweg mit Benutzungspflicht (und dieser zumutbar ist, siehe 2.) existiert oder es sich nicht um eine reine Kraftfahrtstraße (z.B. Autobahn) handelt.
Tatsächlich gibt es sehr wenige benutzungspflichtige Radwege. Somit sind Radfahrer meistens auf der Straße anzusiedeln. Das ist immer noch für viele ungewohnt. Es gibt aber gute Gründe, da die Unfallforschung deutlich macht, dass das Fahren auf der Straße objektiv sicherer ist. Auch wenn das subjektive Gefühl bei manchen Menschen etwas anders sagt. Auf der Straße können die Autofahrer sie viel besser sehen. Häufig und meist auch sehr schwere Unfälle ereignen sich beim Rechtsabbiegen des Kfz. Wenn beide auf der Fahrbahn fahren, dann passiert dies nicht.
Wenn ein Auto überholen will, dann gilt laut Rechtsprechung ein Überholabstand von 1,5 bis 2,5 m. Ist die Gegenfahrbahn nicht frei oder die Fahrbahn insgesamt zu schmal, dann gilt ein faktisches Überholverbot für den Autofahrer.
2. Radweg mit Benutzungspflicht
Es geht einfach weiter. Ein reiner Radweg. Wenn dieses Schild zu erkennen ist, dann gilt der Weg als reiner Radweg. Die Fahrbahn ist tabu. Der Radweg ist für Fußgänger und Autos tabu. Als Radfahrer darf man allerdings auf die Fahrbahn ausweichen, wenn der Radweg in einen unzumutbaren Zustand oder versperrt (z.B. durch parkende Autos) ist. Ein Ausweichen auf einen Gehweg ist dagegen nicht erlaubt.
3. Radwege mit Benutzungspflicht, die direkt mit dem Gehweg geteilt sind
Auch noch recht einfach. Dieses Schild meint, dass Radfahrer die eine Seite und Fußgänger die andere Seite des Weges benutzen müssen. Soweit so logisch. Die Fahrbahn ist tabu.
Als Radfahrer darf man allerdings auf die Fahrbahn ausweichen, wenn der Radweg in einen unzumutbaren Zustand oder versperrt (z.B. durch parkende Autos) ist. Ein Ausweichen auf einen Gehweg ist dagegen nicht erlaubt.
4. Gemeinsame Geh- und Radweg mit Benutzungspflicht
Es gilt das Gleiche wie bei 2. und 3.. Allerdings teilen sich hier Fußgänger und Radfahrer einen Weg. Erhöhte Vorsicht und gegenseitige Rücksichtnahme sind unerlässlich.
5. Benutzungspflichtiger Zweirichtungsradweg als reiner Radweg
Es gelten die Ausführungen von 2. Bei einer solchen Radverkehrsanlage handelt es sich z.B. um einen Radweg, der rechts neben der Fahrbahn liegt und in beide Richtungen befahren werden muss.
6. Benutzungspflichtiger Zweirichtungsradweg als getrennter Geh- und Radweg
Hier gilt Nummer 3 in Verbindung mit Nummer 5.
7. Benutzungspflichtiger Zweirichtungsradweg als gemeinsamer Geh- und Radweg
Hier gilt Nummer 4 in Verbindung mit Nummer 5.
8. Radweg ohne Benutzungspflicht
Jetzt wird es wieder spannend. Hier gilt, wenn ein Radweg baulich erkennbar ist, jedoch nicht mit einem entsprechenden Verkehrszeichen als Radwegebenutzungspflicht angeordnet ist, ist dies ein Radweg ohne Benutzungspflicht. Logisch oder?
Wenn ihr so einen Radweg ausgemacht habt, dann dürft ihr ihn benutzen, aber ihr könnt auch auf der Fahrbahn fahren.
9. Zweirichtungsradweg ohne Benutzungspflicht
Hier gilt 8. Außerdem wird die linksseitige Benutzbarkeit durch das Zusatzzeichen Radfahrer frei ohne Hauptschild kenntlichgemacht.
10. Freigegebener Gehweg
Klar ist hier, dass die Fahrbahn aus Sicht des Gesetzgebers erste Wahl ist. Wer sich nicht sicher fühlt, der darf auch auf den Gehweg ausweichen. Häufig waren dies früher benutzungspflichtige Radwege.
Auf der Fahrbahn glauben immer noch viele Autofahrer, dass das „Fahrrad-frei-Schild“ bedeutet, dass es sich um einen benutzungspflichtigen Radweg handelt und hupen, drängeln und tun sonst was, um dies dem Radfahrer deutlich zu machen. Auf dem Gehweg fühlen sich wiederum manche Fußgänger vom Radfahrer bedrängt.
Ein weiteres Problem dieser Lösung ist, Gehweg bleibt Gehweg. Und weil es ein Gehweg ist, haben Fußgänger auch Vorrang vor dem Radverkehr. Radfahrer dürfen offiziell nur mit Schrittgeschwindigkeit fahren! Auf die Fußgänger ist besondere Rücksicht zu nehmen. Bei Bedarf ist auch anzuhalten.
Diese Lösung wird gerne als „Service-Lösung“ für Radfahrer verkauft. Faktisch ist es aber weder Fisch noch Fleisch. Gerade an Hauptverkehrsstraßen ein Armutszeugnis, weil im Endeffekt keine wirkliche Radverkehrsstruktur besteht.
11. Radfahrstreifen
Der Radfahrstreifen wird durch eine durchgezogene Linie von Autoverkehr getrennt und mit Fahrrad-Piktogrammen kenntlich gemacht. Autos dürfen auf dem Radfahrstreifen nicht fahren, halten oder parken.
12. Schutzstreifen
Ein Schutzstreifen ist die reinste Suggestion. De facto ist der Schutzstreifen nichts anderes als die Fahrbahn (siehe 1). Mit dem Unterschied, dass am Fahrbandrand durch eine gestrichelte Linie und Fahrrad-Piktogramme eine Kennzeichnung vorgenommen wird. Autos dürfen bei Bedarf auf dem Schutzstreifen fahren. Außerdem ist das Halten mit Einschränkungen auf dem Schutzstreifen erlaubt. Schutzstreifen haben eine Regelbreite von 1,50 m und eine Mindestbreite von 1,25 m.
Das Problem ist, das die gestrichelte Line eine Art Fahrbahnmarkierung suggeriert und Autofahrer sich versucht fühlen, beim Überholen von Radfahrern meist nur mit wenigen Zentimetern an dieser Line vorbeizufahren. Der Radfahrer sollte in Normalfall ca. 70 cm Abstand vom Bordstein halten. Er wird also im Normalfall mittig auf dem Schutzstreifen fahren oder noch weiter links in Richtung Autoverkehr. Fährt ein Auto nun beim Überholen unmittelbar an der gestrichelten Line vorbei, dann beträgt der Überholabstand sehr viel weniger als die vorgeschriebenen 1,5 bis 2,5 Meter.
Schutzstreifen sind daher kein Schutz, sondern eher ein Form der suggerierten Sicherheit.
13. Fahrradstraße
Die Fahrradstraße ist die Pro-Fahrradlösung. In ihrer ganzen Breite ist sie als Radweg ausgewiesen. Anwohnerinnen und Anwohner sowie Lieferverkehr dürfen die Fahrradstraße nutzen, sofern dies extra beschildert ist. In Fahrradstraßen dürfen Radfahrerinnen und Radfahrer auch nebeneinander fahren. In der Regel gilt außerdem rechts vor links und maximal Tempo 30 für Kraftfahrzeuge.
Anmerkung: Im Wedding gibt es bislang noch keine Fahrradstraße.
Übernahme (gekürzt) von https://fahrradwetter.blogspot.com/
Und dann gibt es noch Einbahnstraßen, die entgegengesetzt von Radfahrern benutzt werden dürfen.