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Ein Tipi-Zelt für Berlin

25. Februar 2015
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OLYMPUS DIGITAL CAMERAWas es alles gibt – rosa Pull­over für Pin­gui­ne, ein Tipi-Zelt in Ber­lin und ganz vie­le Geschich­ten, wie die­ses Tipi und sei­ne Tau­send Qua­dra­te ent­stan­den sind. Dies ist eine der Geschichten…

Wenn Handarbeit wieder Spaß macht

Stri­cken und Häkeln über­all um mich her­um – bei fast jeder Kiez­ver­an­stal­tung ist min­des­tens ein solch krea­ti­ver Mensch dabei, zu 99% weib­lich, mit Strick- oder Häkel­zeug, Vor­la­gen; Büchern und bun­ten Woll­knäu­eln. Sobald ein zwei­ter Krea­ti­ver dazu­kommt, geht es auch schon voll in die Fach­ge­sprä­che, wo es die güns­tigs­te Wol­le gibt, wie inter­es­sant die Vor­la­ge ist,…

Bis­her habe ich mich in sol­chen Fäl­len ganz gut mit Ori­ga­mi geret­tet, ist auch eine Art von „Hand­ar­beit“, ich bin dabei, aber muss mich nicht outen mit mei­nen defi­zi­tä­ren Hand­ar­beits­kennt­nis­sen, denn das letz­te Mal, dass ich Strick- und Häkel­na­deln ange­rührt habe, ist schreck­li­che 35 Jah­re her und war in Bay­ern zwangs­wei­se im Hand­ar­beits­un­ter­richt der 5. Klas­se, nur für Mäd­chen. Die Jungs hat­ten „Wer­ken“, das hät­te ich viel lie­ber gemacht. Für mei­ne müh­sam gehä­kel­te, schö­ne bun­te Tasche, die mir dann sogar etwas Spaß gemacht hat, habe ich eine Fünf bekom­men, das war das Ende mei­ner Handarbeitskarriere…

1000 Teile für ein Tipi-Zelt

BerlinerBär für das TipiUnd nun kommt Bri­git­te Lüdecke mit die­sem irren Pro­jekt: Ein Tipi-Zelt für Ber­lin! Aus 1000 Qua­dra­ten zusam­men­ge­setzt – wer macht mit? Zusa­gen hier und Zusa­gen da, bei wel­cher Kiez­ver­an­stal­tung auch immer, mehr und mehr Leu­te stri­cken oder häkeln Qua­dra­te, 15 cm x 15 cm. Lässt mich alles kalt, sol­len sie nur machen! 300 Qua­dra­te sind zuge­sagt, dann 400, dann 500 und irgend­wann schlägt das Gan­ze um: Wer noch mit dabei sein will, muss sich jetzt ran­hal­ten, denn mehr als 1000 Qua­dra­te wer­den nicht gebraucht.

Und das Pro­jekt schlägt wei­te Wel­len: Die künst­le­ri­sche Lei­te­rin reist nach New York, um die Initia­to­ren des New Yor­ker Tipi zu tref­fen, es gibt Anfra­gen und Inter­es­se aus ganz Deutsch­land und inter­na­tio­nal. Und dann schickt jemand aus Stutt­gart ein Qua­drat mit dem Logo von Stutt­gart. Und klar: Das Ber­li­ner Tipi mit Stutt­gar­ter Logo, aber ohne Ber­li­ner Bär, das geht nicht!

Mein Ehr­geiz ist geweckt! Das muss doch zu machen sein. Wenn ande­re 60 sol­che Qua­dra­te häkeln, krieg ich ja viel­leicht eines hin.  Ich spre­che Bri­git­te Lüdecke an, ob sie mir viel­leicht etwas Wol­le in beige und braun hat und eine Häkel­na­del dazu. Die Grund­la­ge in Luft­ma­schen krie­ge ich noch hin, alles Wei­te­re fin­de ich auf You­tube und über die leicht spöt­ti­schen Bli­cke der gan­zen Pro­fis set­ze ich mich hin­weg, ich will ja nicht den Schön­heits­wett­be­werb bei Bur­das Strick­mo­den gewinnen.

Den Bären als Mus­ter in mein Häkel­werk ein­zu­bau­en, schei­tert trotz der schö­nen Vor­la­ge, die ich mir zusam­men­ge­rech­net habe. Da hät­te ich doch stri­cken müs­sen, da sind die Maschen schön über­ein­an­der. Beim Häkeln wird das eh schon gro­be Mus­ter zu sehr ver­zerrt. Also das halb voll­ende­te Werk wie­der auf­ge­trennt und Neustart.

Vier Zen­ti­me­ter sind geschafft und dann ruht das Werk aus Zeit­man­gel. Kei­ne Zeit für Kiez­pa­la­ver und sons­ti­ge Tref­fen, aber es kommt die „Inter­net User­group“ – nicht so ganz der klas­si­sche Häkel­treff! Ganz egal, die zwei Stun­den inten­si­ver Aus­tausch rund um Such­ma­schi­nen­ori­en­tie­rung, Landing Pages und Respon­si­ve Web­de­sign rei­chen aus, um die Grund­la­ge in beige zu legen, irgend­wie sind es jetzt 13,5 x 16 cm gewor­den, aber „das zieht sich schon“.

Ein Berliner Bär im Quadrat

Kauf­land hat auch Näh­zu­be­hör, eine Nadel mit ganz gro­ßer Öse lässt sich fin­den, das Mus­ter des Ber­li­ner Bären gibt es im Inter­net – aus­dru­cken, aus­schnei­den, auf­hef­ten und es kann los­ge­hen mit der Sti­cke­rei. Die Wol­le ist doch etwas zu dick für so etwas Fili­gra­nes wie den Ber­li­ner Bären, er kriegt halt hier und da etwas dicke­re Mus­keln und dann wird auch noch der Kopf zu groß.

Schließ­lich fin­det sich sogar noch knall­ro­tes Stick­garn – ech­te Sei­de – für die Kral­len und die Zun­ge und am Ende gefällt mir mein klei­ner Bär so gut, dass ich ihn eigent­lich gar nicht mehr her­ge­ben will.

Und es hat mich gepackt – der Spaß an Stri­cken und Häkeln – oder Strä­keln – wie ich das bis vor kur­zem immer noch abfäl­lig genannt habe.

Immer­hin kann ich damit in den nächs­ten 60 Jah­ren noch groß Kar­rie­re machen, denn, so kam kürz­lich im Radio, in Aus­tra­li­en lebt ein Mann, 109 Jah­re alt, der quietsch-rosa Pull­over für Pin­gu­in-Babys strickt, damit sie nicht erfrie­ren, wenn ihr Gefie­der durch Ölan­tei­le im Meer­was­ser in sei­ner Iso­lier­fä­hig­keit beein­träch­tigt wird.

Autorin/Foto: Kers­tin Kaie

Tipi-Pro­jek­te in ande­ren Städten

Das Pro­jekt „Tipi für Ber­lin Mit­te“ ist geför­dert von der Con­rad-Stif­tung Bür­ger für Mitte.

Der Auf­bau und die Ein­wei­hung der tex­ti­len, begeh­ba­ren Skulp­tur für den öffent­li­chen Raum ist am 22. Mai 2015 auf dem Leo­pold­platz – auf der Grün­flä­che rechts der Alten Nazarethkirche.

Detail­lier­te Infor­ma­tio­nen zu die­ser Art gemein­schaft­li­chem Kunst­ob­jekt von Ute Lenn­artz-Lem­beck und die Kon­takt­da­ten der Pro­jekt­lei­tung (Bri­git­te Lüdecke) fin­den sich auf der Web­site des Tipi-Pro­jekts Berlin-Mitte

Nächs­te Ter­mi­ne: Am Sams­tag, den 14. März 2015 wird das spä­te­re Tipi aus über 1.000 Qua­dra­ten in der Alten Naza­rethir­che zusam­men­ge­legt, anschlie­ßend erfolgt das Zusam­men­hä­keln in Rei­hen in Heim­ar­beit; Ende April wer­den zu einem ent­spre­chen­den Ter­min die Rei­hen zusam­men­ge­näht und am 22. Mai ist erst­ma­li­ger Auf­bau und Ein­wei­hung auf dem Leo­pold­platz – auch in Ver­bin­dung einer Auf­takt­ver­an­stal­tung der Stif­tung. Das Tipi wird spä­ter auch an ande­ren Orten in Ber­lin-Mit­te im öffent­li­chen Raum stehen.

Gastautor

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