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Ein Platz, der keinen Namen trägt

14. August 2015
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Rathausvorplatz WeddingEinen Namen hat die­ser Platz schon längst ver­dient. Und jetzt, wo die neue Schil­ler­bi­blio­thek eröff­net hat und die Arbeits­agen­tur das frisch sanier­te Hoch­haus bezie­hen kann, käme eine Benen­nung gera­de rich­tig. Immer­hin hat­ten sich im ver­gan­ge­nen Jahr nach zahl­rei­chen Vor­schlä­gen unter ande­rem aus der Wed­din­ger Bevöl­ke­rung ver­schie­de­ne Gre­mi­en im Stadt­teil bezie­hungs­wei­se im Bezirk für eine Benen­nung des Rat­haus­vor­plat­zes nach den Wed­din­ger Wider­stands­kämp­fern gegen die Nazi-Dik­ta­tur Eli­se und Otto Ham­pel aus­ge­spro­chen. Zuletzt sogar die kom­plet­te Bezirks­ver­ord­ne­ten­ver­samm­lung. Eine Grund­la­ge die­ser Beschlüs­se war die Zusa­ge der lan­des­ei­ge­nen Ber­li­ner Immo­bi­li­en­ma­nage­ment GmbH (BIM), die als Eigen­tü­me­rin des zen­tra­len Bereichs des Plat­zes bei einer Namens­ge­bung das letz­te Wort hat, einen ent­spre­chen­den Beschluss der BVV zu über­neh­men. Doch nun hat die BIM ihre Zusa­ge über­ra­schend zurück­ge­zo­gen. Als Begrün­dung wur­de die mit einer Platz­be­nen­nung erfor­der­li­che Adress­än­de­rung für das neue Job-Cen­ter im „Rat­haus­turm“ genannt, das unter einer neu­en Anschrift nicht gut auf­zu­fin­den sei. Ein vor­ge­scho­be­nes Argu­ment, meint die Stadt­teil­ver­tre­tung mensch.müller. Ange­sichts der Län­ge der Mül­lerstra­ße – 3,5 Kilo­me­ter, mehr als 180 Haus­num­mern – wäre ein eige­ner und damit her­aus­ge­ho­be­ner Platz­na­me für die all­ge­mei­ne Ori­en­tie­rung und das Auf­fin­den des Job-Cen­ters aus­ge­spro­chen hilf­reich. „Bedau­er­li­cher­wei­se haben in letz­ter Zeit die tech­nisch-büro­kra­ti­schen Ein­wän­de gegen die Platz­be­nen­nung nach den bei­den Wed­din­ger Wider­stands­kämp­fern einen über­mä­ßig hohen Stel­len­wert erhal­ten“, heißt es in einem Offe­nen Brief der Stadt­teil­ver­tre­tung. „Dabei gehör­te es sich viel­mehr, dass die Wür­di­gung des Wider­stands gegen die Nazis, den das Arbei­ter­ehe­paar Eli­se und Otto Ham­pel in unse­rem Stadt­teil geleis­tet hat, an vor­ders­ter Stel­le steht und die grö­ße­re, die eigent­li­che Bedeu­tung hat. Denn die­se bei­den Namen sym­bo­li­sie­ren die pro­gres­si­ve und anti­fa­schis­ti­sche Tra­di­ti­on des Wed­ding.“ Das Schick­sal von Eli­se und Otto Ham­pel wur­de durch den inter­na­tio­na­len Roman-Best­sel­ler von Hans Fal­la­da, „Jeder stirbt für sich allein“, weit über die Gren­zen Ber­lins hin­aus bekannt.

Des­halb erwar­tet die Stadt­teil­ver­tre­tung vom Bezirks­amt bezie­hungs­wei­se den Bezirks­stadt­rä­ten ein deut­li­che­res Enga­ge­ment auf der poli­ti­schen und öffent­li­chen Ebene.

Wie­der­hol­te öffent­li­che Äuße­run­gen von Bezirks­amts­sei­te wie: „Es gibt kei­ne Rea­li­sie­rungs­per­spek­ti­ve“ oder „Das ist jetzt vom Tisch“ lie­ßen viel­mehr auf man­geln­den Ein­satz in die­ser Fra­ge schlie­ßen. Und das, obwohl es den ein­deu­ti­gen BVV-Beschluss für Eli­se und Otto Ham­pel als Namens­ge­ber für den Rat­haus­vor­platz gibt – ein Beschluss, dem sich auch das von der BVV gewähl­te Bezirks­amt ver­pflich­tet füh­len sollte.

Autor: Ulf Teichert

Ursprüng­lich erschie­nen im Ber­li­ner Abendblatt

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