Für den rauen und ungehobelten Wedding einen eigenen Wein zusammenzustellen – das klingt erst einmal nach einem Ding der Unmöglichkeit. Die beiden Betreiber des „Schraders“ haben es 2017 gewagt, und auch für den Winzer war dies eine neue Erfahrung. 2019 hat das Projekt eine Neuauflage erfahren – diesmal mit ganz anderen Rebsorten.
Der Wedding-Wein und ich haben etwas gemeinsam. Wir sind im selben Ort im Weinbaugebiet Nahe in Rheinland-Pfalz geboren. Die Naheregion ist nur ein kleines, recht unbekanntes Weinbaugebiet, besitzt aber die vielfältigste Geologie. Vielleicht eine Gemeinsamkeit mit dem Wedding, wo auch unterschiedliche Kulturen, Religionen und Lebensweisen auf engstem Raum zusammenkommen.
Im Weingut für den Wedding zusammengestellt
„Wir wollten zu 100 Prozent Leidenschaft und Echtheit in den Wein bringen“, sagt Olaf Fehrmann, der mit Jörg Müller das Restaurant Schraders in der Malplaquetstraße betreibt. Zwar brachten beide Gastronomen schon viel Kenntnis über den Rebensaft in das Experiment ein, aber für ihr Projekt „Wedding-Wein“ holten sie sich noch einen ausgewiesenen Experten dazu. Der Berliner Sommelier Frank Deutschmann brachte die Weddinger mit einem jungen, experimentierfreudigen Winzer von der Nahe zusammen. Für Tobias Rickes, den damals 23-jährigen Weingutbesitzer aus Bad Kreuznach, war es ebenfalls eine neue Erfahrung, den rohen jungen Wein ganz nach Kundenwünschen zu einer Cuvée zusammenzustellen. In einer Ein-Tages-Aktion reisten der Sommelier und die beiden Barbesitzer Anfang 2017 an die Nahe und probierten sich im Weingut Rickes stundenlang durch die in Frage kommenden Sorten.
Mir ist Tradition wichtig. Die Reben sind schon lange vor meiner Geburt gepflanzt worden. Mit meiner Arbeit ernte ich, was andere vor mir angelegt haben.
Tobias Rickes
Im 2016er-Erstlingswein kamen Bacchus, Riesling und Huxelrebe zusammen. Wegen des erfolgreichen Verkaufs aller Flaschen wagten Fehrmann und Müller nun einen weiteren Versuch. Der 2018er-Wedding-Wein ist ein Cuvée aus vollkommen anderen Sorten, nämlich Kerner und Rivaner. Die Reben stehen in der Lage “Kreuznacher Gutental”, wo Lehm- und Tonböden typisch sind.
Wir wollten einen Wein, der zum Wedding passt. Für jeden, der wie wir voll zum Wedding steht.
Olaf Fehrmann, Jörg Müller
Jedenfalls kein Roter Wedding
Das von allen Beteiligten entwickelte Ergebnis ist diesmal ein spritziger, leichter trockener Weißwein mit vielen Fruchtaromen; eine fruchtige Mischung, wie geschaffen für den genauso vielseitigen Stadtteil. In dem Wein stecken 100 Prozent Leidenschaft und er kommt mit seinem minimalistischen weißen Etikett ohne großes Brimborium daher. Für 8,90 Euro ist er auch nicht unangemessen teuer und dürfte jedem Weddinger Lokalpatrioten – auch als Geschenk oder Mitbringsel – gefallen. Mit seiner großen Aufschrift “WED100%DING” eignet er sich natürlich ganz besonders als Hochzeitswein.
Update: Es gibt ihn (und andere Jahrgänge) jetzt in der Galerie 5th people project in der Malplaquetstr. 28.