Es gibt Menschen, auf die kann man sich auch in schweren Zeiten immer verlassen. Sie sind da, wenn andere dringend Hilfe brauchen. Sie organisieren, packen an, stellen eigene Bedürfnisse zurück ohne zu zögern. Ebru Schaefer aus dem Brunnenviertel ist so eine Person und sie ist nicht allein. Mit einem großen und aufopferungsvollen Hilfenetzwerk im Rücken hat sie sich praktisch ab Tag eins des Ukrainekriegs um die Geflüchteten gekümmert, die in Berlin angekommen sind. Für das Engagement hat die Gruppe um die hilfsbereite und gut vernetzte Weddingerin am Freitag (7.10.) den Ehrenamtspreis des Bezirks Mitte bekommen.
Das Engagement der Flüchtlingshelfer:innen startete mit der Ankunft der ersten Geflüchteten im Februar und es begann am Hauptbahnhof. Bis der Berliner Senat die Versorgung der Ankömmlinge sicherstellen konnte, sammelten die Frauen und Männer um Ebru Schaefer Spenden, verteilten sie, organsierten Hilfe, Unterkünfte, Lebensmittel und Dolmetscher:innen. Den Ehrenamtspreis bekam die Gruppe am Freitag aber nicht deshalb, sondern für ein viel weitergehendes Engagement: Im März überzeugte die Gruppe die damalige Betreiberin des Jugendgästehaus am Plötzensee, Geflüchtete unterzubringen. Für die Übernachtungen wurden Spenden gesammelt, und die Helfer:innen machten aus dem Hostel am Plötzensee in wenigen Tagen eine Geflüchtetenunterkunft – komplett ehrenamtlich organisiert. 100 Frauen und Kinder aus der Ukraine kamen hier unter und wurden rund um die Uhr versorgt.
Drei Monate im Hilfe rund um die Uhr
„Bewohnerzahl wächst von Tag zu Tag. Es ist ein schönes Gefühl, jemanden ein Stück Privatsphäre und Ruhe bieten zu können“, schrieb Ebru Schaefer am 12. März auf ihrem Facebook-Account, auf dem sie ihre Spendenaufrufe und Neuigkeiten aus der Unterkunft postete. Die Aufgaben des 12. März sind beispielhaft für viele Tage: ein Spielzimmer einrichten, eine provisorische Kleiderkammer einrichten, Essen organisieren und verteilen, einen Wäschetrockner reparieren, Zimmer herrichten. „Es war wieder viel zu tun, aber wir schaffen das“, schrieb Ebru Schaefer weiter. Neuigkeiten aus der Herberge folgten bis Mai in kurzen Abständen. Es sind Nachrichten, die von unfassbar viel Hilfsbereitschaft erzählen, von verunsicherten Ukrainer:innen, von kleinen Festen, von Bedarfslisten und Menschen, die sich Urlaub nehmen, um die Geflüchteten persönlich versorgen zu können. Immer wieder kamen bei Ebru Schaefer und ihrem Hilfenetzwerk Erinnerungen an 2015 auf, als Geflüchtete aus Syrien nach Berlin kamen und als die meisten aus der Gruppe ebenfalls als Helfende engagiert waren.
Im Mai hat die AWO Mitte den Betrieb des Jugendgästehauses am Plötzensee von den Ehrenamtlichen übernommen. Der Vorschlag für die jetzige Ehrung der Gruppe kam von dem jetzigen Betreiber der Geflüchtetenunterkunft. Bei der Preisverleihung hielt Nele Van den Berghe für die AWO die Laudatio und übermittelte darin auch die Worte der ukrainischen Bewohner:innen der Unterkunft: „Sie haben in der Jugendherberge einfach alles organisiert. Sie waren Tag und Nacht für jeden erreichbar. Sie haben Familie, Job und alles andere einfach fallen gelassen, um zu helfen. Solche Menschen nennt man Helden“. Dem konnte auch Bezirksstadtrat Carsten Spallek nicht viel hinzufügen. Für den Bezirk und die Jury des Ehrenamtspreises überreichte er Blumen und eine Urkunde an Ebru Schaefer, Ivonne Ulrich, Basel Bnayat, Alex Schaefer, Marcel Linke, Valerie Kyrylov, Britta Maniurka, Silke Fischer, Karo Dereje und Katja Lange – stellvertretend für viele weitere Helfende des Hilfenetzwerks. Die Gruppe wird sich laut Ebru Schaefer das Preisgeld von 1500 Euro teilen.
Nächste Hilfsaktion ist bereits gestartet
Ihren Anteil des Preisgeldes will Ebru Schaefer auf jeden Fall in ihre nächste Aktion stecken. Derzeit sammelt sie Geld und Süßigkeiten, um Kindern in den Geflüchtetenunterkünften zu Weihnachten wie in den vergangenen Jahren eine Freude machen zu können. Im vergangenen Jahr haben sie und ihre Helfer:innen Weihnachtsbeutel an 3.100 bedürftige Kinder in ganz Berlin überreichen können. Mehr zu der Aktion steht in den „Wedding kurz & knapp“-News vom Sonntag (9.10.).
Weitere Träger des Ehrenamtspreises
Neben den Geehrten um Ebru Schaefer wurden am Freitag im Zeiss Großplanetarium zwei weitere Ehrenamtspreise vergeben. Der gerade 14-jährige Ivica Seges wurde ausgezeichnet für sein Engagement und die Medienarbeit im Stadtschloss Kids des Moabiter Ratschlags. Iman Andrea Reimann vom Deutschen Islamischen Zentrum Berlin in Moabit wurde für ihr Engagement im interreligiösen Dialog, der Professionalisierung der ehrenamtlichen Arbeit und ihr Talent, Menschen im Gespräch miteinander zu verbinden, geehrt. Der Ehrenamtspreis Mitte wurde in diesem Jahr zum 17. Mal vergeben. Gleichzeitig bedankte sich Stadtrat Carsten Spallek im Rahmen der Veranstaltung bei den langjährigen Ehrenamtlichen der bezirklichen Sozialkommission für ein zehnjähriges beziehungsweise zwanzigjähriges Engagement. Eine Frau hat dieses Ehrenamt sogar 50 Jahre lang ausgeübt. Mitglieder der Sozialkommissionen gratulieren zum Beispiel bei hohen Geburtstagen und Hochzeitstagen und informieren über soziale Leistungen im Bezirk.
–> Vor einem Jahr (23.9.21) ist Ebru Schaefer für ihr Engagement bereits mit der Bezirksverdienstmedaille geehrt worden. Mehr dazu steht im Beitrag Ebru Schaefer für Engagement ausgezeichnet.