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Digital sprießen ganz viele Ideen: Zukunftshaus Wedding

3. Juli 2020
Im Paul-Ger­hardt-Stift

Beson­ders betrof­fen von den Aus­wir­kun­gen der Coro­na-Pan­de­mie sind Fami­li­en. Zwar öff­nen Kitas und Schu­len inzwi­schen wie­der schritt­wei­se ihre Türen. Noch ist aber nicht abseh­bar, wann wie­der Nor­ma­li­tät erreicht wer­den kann und wie der Betrieb nach den Som­mer­fe­ri­en wei­ter gehen soll. Auch das Fami­li­en­zen­trum im »Zukunfts­haus Wed­ding« der Paul Ger­hardt Sozia­les gGmbH muss­te sei­ne Akti­vi­tä­ten seit Mit­te März dras­tisch zurückfahren.Kitas und Schu­len gal­ten zu Beginn der Pan­de­mie als poten­zi­el­le Hot­spots der Infek­ti­ons­tä­tig­keit. Denn bei jeder Grip­pe- oder Erkäl­tungs­wel­le, so zeigt die Erfah­rung, wer­den die Viren in Kitas und Schu­len immer beson­ders schnell über­tra­gen. Da Kin­der meist kei­ne Immu­ni­tät gegen die aktu­ell zir­ku­lie­ren­den Viren­stäm­me haben, infi­zie­ren sie sich fast immer wesent­lich schnel­ler. Gegen das Coro­na­vi­rus sind aber auch die Erwach­se­nen noch nicht immun, also grund­sätz­lich genau­so gefähr­det. Und offen­bar ste­cken sich vor allem klei­ne­re Kin­der nicht so leicht an. Da sie aber meist sehr kon­takt­freu­dig sind, hebt sich die­ser Vor­teil in der Pra­xis mög­li­cher­wei­se wie­der auf. Die wis­sen­schaft­li­chen Debat­ten dazu sind noch im Gan­ge, als gesi­chert gilt aber, dass die Krank­heit bei Kin­dern wesent­lich sel­te­ner einen schwe­ren Ver­lauf nimmt.

Theatergruppe als Videokonferenz

Mit­te März wur­den die Schu­len und Kitas Ber­lins geschlos­sen. Nur noch für Eltern, die in “sys­tem­re­le­van­ten” Berei­chen unab­kömm­lich waren, wur­de ein Not­be­trieb auf­recht­erhal­ten. “Die stren­gen Kon­takt­re­geln, die damals ver­hängt waren, wur­den auch hier im Wed­ding über­all ein­ge­hal­ten”, berich­tet Irma Leis­le vom Zukunfts­haus Wed­ding. Die Kin­der blie­ben zuhau­se, die Spiel­plät­ze, oft nur durch ein ein­fa­ches Flat­ter­band abge­sperrt, waren in die­ser Pha­se über­all leer. “Die Fami­li­en hiel­ten sich über­aus dis­zi­pli­niert an die Regeln.“Auch das Zukunfts­haus muss­te damals für den Besu­cher­ver­kehr schlie­ßen. Es stell­te aber sei­ne Akti­vi­tä­ten nicht voll­ends ein, son­dern ver­la­ger­te vie­les ins Inter­net. “Sogar unser The­men­ca­fé hal­ten wir jetzt als Video­kon­fe­renz ab”, erzählt Irma Leis­le. “Natür­lich ist aber die Betei­li­gung viel gerin­ger als vor­her, wo sich manch­mal 50 Eltern aus dem Park­vier­tel bei uns getrof­fen haben.” Selbst Kur­se wie das Kin­der­thea­ter fin­den online statt: “Das war wäh­rend der Kon­takt­sper­re für vie­le Eltern ganz wich­tig, weil es den Wochen­ab­lauf struk­tu­rier­te, wenn die Kin­der diens­tag­abends vor dem Com­pu­ter Thea­ter­grup­pe hat­ten.” In ande­ren Kur­sen wie dem Kin­der­tan­zen arbei­ten die Kurs­lei­ter mit Vide­os, die die gan­ze Zeit über abruf­bar sind. “Im digi­ta­len Bereich sprie­ßen ganz vie­le Ideen, auch bei den ande­ren Fami­li­en­zen­tren. Aber natür­lich ersetzt das nicht die Arbeit in der rea­len Welt. Alles hat sei­ne Grenzen.”

Geldspenden für Tablets erwünscht

Ein Baum in einem InnenhofUnd nicht alle Fami­li­en sind digi­tal ein­ge­rich­tet. “Steht nur ein Han­dy zur Ver­fü­gung, wird es schwie­rig”, meint Irma Leis­le: Auch beim Home­schoo­ling benö­ti­gen die Fami­li­en eigent­lich min­des­tens die grö­ße­ren Bild­schir­me von Tablets. Der Senat möch­te zwar eini­ge ver­tei­len und auch vom Bund sol­len Mit­tel an die Schu­len flie­ßen, damit die Schü­le­rin­nen und Schü­ler digi­tal aus­ge­stat­tet wer­den kön­nen. Aber das kann alles noch dau­ern und wird wahr­schein­lich mit büro­kra­ti­schem Auf­wand ver­bun­den sein. “Die Fami­li­en­zen­tren bräuch­ten hier Geld­spen­den, damit wir auch mal schnell und ohne schrift­li­chen Antrag ein­sprin­gen kön­nen.” Eini­ge Fami­li­en­zen­tren haben inzwi­schen schon wie­der mit der Grup­pen­ar­beit begon­nen. Denn Klein­grup­pen sind wie­der mög­lich, wenn Hygie­ne­be­stim­mun­gen und Abstands­pflicht ein­ge­hal­ten wer­den. Ins Zukunfts­haus Wed­ding kom­men aber vor allem klei­ne Kin­der und ihre Fami­li­en. Und Klein­kin­der hal­ten sich nun mal nicht an die Abstands­ge­bo­te. Das macht es schwe­rer, einen offe­nen Betrieb auf­zu­bau­en. “Wir tele­fo­nie­ren viel” erzählt Irma Leis­le. Alle Bera­tun­gen unter vier Augen sind nach tele­fo­ni­scher Anmel­dung wie­der mög­lich. Zudem kön­nen sich Fami­li­en auch Bas­tel­pa­ke­te abho­len, sowie zwei­mal pro Woche Spiel­zeug und Kin­der­bü­cher aus­lei­hen. Das “Fest der Nach­barn” am 29. Mai orga­ni­sier­te das Fami­li­en­zen­trum die­ses mal “to go” mit einer Nach­bar­schaft­stü­te und einer Art Schnit­zel­jagd durch den Kiez: “Wir hät­ten aber natür­lich viel lie­ber bei uns im Hof zusam­men geses­sen und uns ausgetauscht!”

Autor: Chris­tof Schaffelder

Die­ser Bei­trag erschien ursprüng­lich in der Zeit­schrift Ecke Mül­lerstra­ße (Aus­ga­be Juni 2020)

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