Am 29. Mai gibt es wieder den Europäischen Tag des Nachbarn. Jeder kann mitmachen, eine Bank rausstellen, die Menschen von nebenan zum Gespräch und Essen einladen. Gleich zehn größere Nachbarschaftstreffen gibt es im Bezirk Mitte, sechs davon im Wedding. „Wo, wenn nicht hier?“ heißt denn auch das Motto der Nachbarschaftsetage in der Osloer Straße. Dort wird auf dem Hof, in der Werkstatt und überall sonst auf dem Gelände ein gemeinsames Fest gefeiert. Wie übrigens auch im und neben dem Frisbee in der Koloniestraße, im und vorm SprengelHaus, auf dem Gelände des Paul-Gerhardt-Stifts an der Müllerstraße, in einem Wahlkreisbüro in der Neuen Hochstraße.
Dies alles beweist einmal mehr, dass Nachbarschaft im Wedding kein abstrakter Begriff, sondern gelebter Alltag ist. Und dass in einem Stadtteil, in dem sehr viele Menschen leben, die mit wenig Geld auskommen müssen. In dem mehr als anderswo Menschen Zuflucht gefunden haben, die vor Gewalt und Not ihre Heimat verlassen mussten. Und die hier eher als anderswo das Gefühl haben, willkommen zu sein.
Vielleicht ist es ja tatsächlich so, dass Menschen ohne Reichtümer viel eher bereit sind, aufeinander zuzugehen und das wenige was sie haben, miteinander zu teilen. Der Europäische Tag des Nachbarn ist, wie zum Beispiel auch das jährliche Isfar-Fastenbrechen auf dem Leopoldplatz, zweifelsohne ein Highlight nachbarschaftlichen Zusammenlebens, der die Art und Weise, im Wedding zu leben, einmal im Jahr ins Licht der Öffentlichkeit rückt. Aber wer sich die Pinnwand des Weddingweisers bei Facebook genau anschaut, der findet dort tagtäglich gelebte Nachbarschaft und die scheinbar unendlich große Bereitschaft, zu helfen. Und wenn es nur um einen Friseur in der Nähe oder eine gute und preiswerte Mopedwerkstatt geht. Hier helfen Nachbarn Nachbarn, hier stellen Menschen ihre soziale Kompetenz jeden Tag unter Beweis. So, und jetzt genug geschwärmt. Eine Nachbarin bringt mir gerade den ausgeliehenen Picknickkorb zurück …
Autor: Ulf Teichert