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Folgen des Klimawandels im Wedding:
Die Gefahren üppiger Vegetation

Im Herbst könnte es zu verstärktem Baumbruch kommen
13. Oktober 2024

Die feuch­te Wit­te­rung in die­sem Jahr hat den Pflan­zen auch im Stadt­zen­trum Ber­lins offen­sicht­lich gut­ge­tan. Die Böden sind wie­der aus­rei­chend befeuch­tet, die drei Mess­stel­len für Boden­feuch­te im Bezirk Mit­te stan­den in die­sem Som­mer bis­lang ent­we­der auf grün oder auf gelb. Dabei zeig­te die Mess­stel­le im Hum­boldt­hain durch­ge­hend einen guten Wert (grün für “aus­rei­chend was­ser­ge­sät­tigt”), wäh­rend die im Gro­ßen Tier­gar­ten und die an der Schil­ling­brü­cke zwi­schen grün und gelb (“aus­trock­nend”) schwank­ten. Dass im Hoch­som­mer die Boden­feuch­te zurück­geht, weil durch die Hit­ze und die star­ke Son­nen­ein­strah­lung viel Was­ser ver­duns­tet, ist nor­mal. Die stär­ke­ren Regen­fäl­le glei­chen das nicht aus, denn ihr Was­ser fließt größ­ten­teils ab, bevor es im Boden ver­si­ckern kann.

Die guten Bedin­gun­gen für den Pflan­zen­wuchs haben aber nicht nur posi­ti­ve Aus­wir­kun­gen. Die anhal­tend feuch­te Wit­te­rung im Früh­jahr führ­te zu einer beson­ders stark aus­ge­präg­ten Blatt­bil­dung, wie Baum­ex­per­ten erklä­ren. Die Blatt­mas­se in unse­ren Laub­bäu­men ist des­halb in die­sem Jahr beson­ders hoch, die Äste müs­sen also viel Gewicht tra­gen. Gleich­zei­tig sind vie­le Bäu­me aber durch die viel zu tro­cke­nen Som­mer der ver­gan­ge­nen Jah­re noch geschädigt. 

In man­chen Som­mern müs­sen die Anwoh­nen­den gießen

Das hat bereits zu gefähr­li­chen Situa­tio­nen geführt: Mit­te Juli brach im Otto­park in Moa­bit ein Ast ab und fiel auf einen Mann, der direkt dar­un­ter auf einer Park­bank saß. Er wur­de lebens­ge­fähr­lich ver­letzt und muss­te mit einem Hub­schrau­ber ins Kran­ken­haus trans­por­tiert wer­den. Bereits Anfang Juni war im Mau­er­park eine 15 Meter hohe Zit­ter­pap­pel umge­stürzt und auf eine Men­schen­grup­pe gefal­len, drei Per­so­nen wur­den dabei ver­letzt. Im Orts­teil Wann­see wur­de Mit­te Juli wegen der Gefahr von Baum­bruch sogar ein gan­zes Wald­stück gesperrt: der Bött­cher­berg, der zum UNESCO-Welt­kul­tur­er­be Ber­lin-Pots­da­mer Kul­tur­land­schaft gehört. 

Das Risi­ko, in Ber­lin von einem abbre­chen­den Ast oder umstür­zen­den Baum schwer ver­letzt oder gar erschla­gen zu wer­den, ist sta­tis­tisch aber immer noch wesent­lich gerin­ger als die Gefahr, zum Opfer eines schwe­ren Ver­kehrs­un­falls zu wer­den. Man soll­te also kei­nes­falls auf Spa­zier­gän­ge durch die Stadt ver­zich­ten und auch den Schat­ten unter den Bäu­men genie­ßen. Vor­sicht ist jedoch bei und unmit­tel­bar nach Gewit­ter­stür­men sowie im Herbst gebo­ten, wenn sich über dem Atlan­tik wie­der Orka­ne bil­den und dann über uns hin­weg­fe­gen. Durch den anhal­ten­den Kli­ma­wan­del wird deren Wucht näm­lich ver­stärkt. Das wär­me­re Ober­flä­chen­was­ser des Mee­res ver­sorgt sie mit höhe­rer Ener­gie, als wir es bis­lang gewohnt waren. Gleich­zei­tig führt die war­me Wit­te­rung bei uns dazu, dass die Laub­bäu­me immer spä­ter ihr Laub abwer­fen. Viel Laub in den Baum­kro­nen bie­tet den Stür­men aber auch viel Angriffs­flä­che. Des­halb müs­sen wir befürch­ten, dass auch in die­sem Jahr wie­der etli­che Stra­ßen- und Park­bäu­me den Herbst nicht heil über­ste­hen wer­den. Im Win­ter bes­sert sich die Situa­ti­on dann wie­der. Dann kommt es zwar auch regel­mä­ßig zu Stür­men, die aber auf kah­le Baum­kro­nen tref­fen und nicht mehr so viel Baum­bruch verursachen.

Beson­ders ris­kant ist ein Spa­zier­gang natür­lich wäh­rend der Stür­me und direkt danach, aber dann sind in der Regel kaum Men­schen drau­ßen unter­wegs. Die Gefahr ist jedoch auch in den Tagen nach sol­chen Unwet­tern groß. Denn dann fal­len oft­mals ange­bro­che­ne dicke Äste ab oder gan­ze Bäu­me kip­pen, weil ihr Wur­zel­werk durch den Sturm schwer geschä­digt wur­de. Die Stra­ßen- und Grün­flä­chen­äm­ter­der Stadt war­nen in die­ser Zeit regel­mä­ßig vor dem Betre­ten der Parks. Auch das Pil­ze­sam­meln im Wald könn­te in die­sem Jahr zu einem gefähr­li­chen Hob­by wer­den – nicht nur,weil wegen der feuch­ten Wit­te­rung auch vie­le Gift­pil­ze aus dem Boden sprie­ßen. Vor allen in den Tagen nach star­ken Stür­men emp­fiehlt es sich gene­rell, Wald­spa­zier­gän­ge zu meiden.

Autor: Chris­tof Schaffelder

Die­ser Arti­kel ist zuerst in der Sanie­rungs­zeit­schrift Ecke Mül­lerstra­ße erschienen

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