Die feuchte Witterung in diesem Jahr hat den Pflanzen auch im Stadtzentrum Berlins offensichtlich gutgetan. Die Böden sind wieder ausreichend befeuchtet, die drei Messstellen für Bodenfeuchte im Bezirk Mitte standen in diesem Sommer bislang entweder auf grün oder auf gelb. Dabei zeigte die Messstelle im Humboldthain durchgehend einen guten Wert (grün für “ausreichend wassergesättigt”), während die im Großen Tiergarten und die an der Schillingbrücke zwischen grün und gelb (“austrocknend”) schwankten. Dass im Hochsommer die Bodenfeuchte zurückgeht, weil durch die Hitze und die starke Sonneneinstrahlung viel Wasser verdunstet, ist normal. Die stärkeren Regenfälle gleichen das nicht aus, denn ihr Wasser fließt größtenteils ab, bevor es im Boden versickern kann.
Die guten Bedingungen für den Pflanzenwuchs haben aber nicht nur positive Auswirkungen. Die anhaltend feuchte Witterung im Frühjahr führte zu einer besonders stark ausgeprägten Blattbildung, wie Baumexperten erklären. Die Blattmasse in unseren Laubbäumen ist deshalb in diesem Jahr besonders hoch, die Äste müssen also viel Gewicht tragen. Gleichzeitig sind viele Bäume aber durch die viel zu trockenen Sommer der vergangenen Jahre noch geschädigt.
Das hat bereits zu gefährlichen Situationen geführt: Mitte Juli brach im Ottopark in Moabit ein Ast ab und fiel auf einen Mann, der direkt darunter auf einer Parkbank saß. Er wurde lebensgefährlich verletzt und musste mit einem Hubschrauber ins Krankenhaus transportiert werden. Bereits Anfang Juni war im Mauerpark eine 15 Meter hohe Zitterpappel umgestürzt und auf eine Menschengruppe gefallen, drei Personen wurden dabei verletzt. Im Ortsteil Wannsee wurde Mitte Juli wegen der Gefahr von Baumbruch sogar ein ganzes Waldstück gesperrt: der Böttcherberg, der zum UNESCO-Weltkulturerbe Berlin-Potsdamer Kulturlandschaft gehört.
Das Risiko, in Berlin von einem abbrechenden Ast oder umstürzenden Baum schwer verletzt oder gar erschlagen zu werden, ist statistisch aber immer noch wesentlich geringer als die Gefahr, zum Opfer eines schweren Verkehrsunfalls zu werden. Man sollte also keinesfalls auf Spaziergänge durch die Stadt verzichten und auch den Schatten unter den Bäumen genießen. Vorsicht ist jedoch bei und unmittelbar nach Gewitterstürmen sowie im Herbst geboten, wenn sich über dem Atlantik wieder Orkane bilden und dann über uns hinwegfegen. Durch den anhaltenden Klimawandel wird deren Wucht nämlich verstärkt. Das wärmere Oberflächenwasser des Meeres versorgt sie mit höherer Energie, als wir es bislang gewohnt waren. Gleichzeitig führt die warme Witterung bei uns dazu, dass die Laubbäume immer später ihr Laub abwerfen. Viel Laub in den Baumkronen bietet den Stürmen aber auch viel Angriffsfläche. Deshalb müssen wir befürchten, dass auch in diesem Jahr wieder etliche Straßen- und Parkbäume den Herbst nicht heil überstehen werden. Im Winter bessert sich die Situation dann wieder. Dann kommt es zwar auch regelmäßig zu Stürmen, die aber auf kahle Baumkronen treffen und nicht mehr so viel Baumbruch verursachen.
Besonders riskant ist ein Spaziergang natürlich während der Stürme und direkt danach, aber dann sind in der Regel kaum Menschen draußen unterwegs. Die Gefahr ist jedoch auch in den Tagen nach solchen Unwettern groß. Denn dann fallen oftmals angebrochene dicke Äste ab oder ganze Bäume kippen, weil ihr Wurzelwerk durch den Sturm schwer geschädigt wurde. Die Straßen- und Grünflächenämterder Stadt warnen in dieser Zeit regelmäßig vor dem Betreten der Parks. Auch das Pilzesammeln im Wald könnte in diesem Jahr zu einem gefährlichen Hobby werden – nicht nur,weil wegen der feuchten Witterung auch viele Giftpilze aus dem Boden sprießen. Vor allen in den Tagen nach starken Stürmen empfiehlt es sich generell, Waldspaziergänge zu meiden.
Autor: Christof Schaffelder
Dieser Artikel ist zuerst in der Sanierungszeitschrift Ecke Müllerstraße erschienen