In den Innenhöfen und Parks im Wedding lassen derzeit die Sträucher die Blätter hängen, Bäume werfen wegen der Trockenheit die Blätter ab, Rasenflächen sind teils komplett vertrocknet. Der fehlende Regen setzt der Stadtnatur sichtlich zu. Besonders in den sozialen Medien kursieren diverse Aufrufe, die Straßenbäume zu gießen. Auch der Bezirk Mitte ruft die Bürger dazu auf, zur Gießkanne zu greifen. Gelegentlich wird genau das kritisiert. Nach Meinung mancher Menschen tun öffentliche Stellen nicht genug, gießen nicht und würden die Aufgabe an die Bürger dirigieren würden. Doch stimmt das? Eine Nachfrage beim Bezirksamt Mitte gibt Aufschluss.
„Zurzeit werden alle verfügbaren Kräfte für die Bewässerung eingesetzt“, schreibt Christian Zielke von der Pressestelle des Bezirks auf Nachfrage. „Nebenher müssen die laufenden Pflegemaßnahmen und die Müllbeseitigung in den Grünanlagen ebenfalls gemanagt werden. Denn die Nutzung des öffentlichen Grüns ist gerade in den Sommermonaten sehr hoch“, ergänzt Zielke. Der Bezirk setze derzeit vier Bewässerungsfahrzeuge im Straßenraum ein, weitere vier Fahrzeuge wässern in den Pflegerevieren. Pflegereviere sind zum Beispiel der Volkspark Humboldthain oder die Rehberge. „Dabei werden vor allem Neuanpflanzungen, Schmuckbeete und Sondergärten bewässert“, so Christian Zielke. Ein solcher Sondergarten ist zum Beispiel der Rosengarten im Humboldthain.
Wo er Bezirk im Wedding gießt
Im Parlaments- und Regierungsviertel werden laut dem Pressesprecher alle Grünanlagen bewässert, teilweise mit automatischen Beregnungsanlagen. Im Bezirk Mitte gibt es insgesamt 32 solcher Beregnungsanlagen. Aber auch im Wedding gießt der Bezirk Bäume und Parks. „Auf dem Louise-Schroeder-Platz werden die Beete mit Sprühschläuchen und die Rasenflächen mit Kreisregnern gegossen. An den Bäumen befinden sich Gießsäcke, die regelmäßig befüllt werden“, erklärt Christian Zielke. Im Schillerpark werden Kreisregner aufgestellt; hier wird sogar die Wiese gegossen. „Wir gehen davon aus, dass auch die Bäume von den Wassergaben profitieren“, so Zielke und ergänzt: „Bei freien Kapazitäten wird der Bereich um die Plansche bewässert“. Auch das Beet an der Kita Edinburger Straße werde gewässert.
Der Grünflächenamt unterstütze auch das Sportamt auf Sportflächen, die keine Bewässerungsanlagen haben, so in der Osloer Straße und in der Koloniestraße. In der Wiesenstraße, Reinickendorfer Straße und Wollankstraße werden ein Mal in der Woche die Pflanzbeete gegossen, alle zwei Wochen werde der Brunnenplatz von dem Amtsgericht und der Max-Josef-Metzger-Platz ausgiebig gewässert. Alle Neupflanzungen im Goethepark und in den Rehbergen werden ebenfalls mit einer Wassergabe bedacht. „Bei Straßenbäumen werden alle Bäume bis zum 15. Lebensjahr gewässert“, erklärt Christian Zielke. Neu geplanzte Bäume bekommen pro Woche 1000 Liter Wasser.
Wie die Bezirk das Wasser verteilt
„Bei der derzeit herrschenden extremen Trockenheit muss nicht nur beachtet werden, wo gewässert werden kann, sondern auch wie“, gibt Christian Zielke zu Bedenken. Wo es möglich ist, werde in den frühen Morgenstunden oder nachts gewässert – insbesondere bei automatischen Beregnungsanlagen. „Bei der starken Sonneneinstrahlung macht es kaum noch Sinn, Rasenflächen zu wässern, da diese in kurzer Zeit wieder austrocknen“, so Zielke.
Wo das Gießwasser herkommt
Auch Zahlen zum bezirklichen Gießen nennt der Pressesprecher, denn das Wasser für die Bewässerung des Stadtgrüns in Mitte kommt aus verschiedenen Quellen. Der größte Anteil wird vom Pumpwerk Tiergarten aus dem Landwehrkanal entnommen. 1,37 Millionen Kubikmeter sind das pro Jahr, das Nass wird für die Bewässerung des Großen Tiergartens verwendet. 42.000 Kubikmeter Wasser kommen pro Jahr aus der Spree in Mittes Grünanlagen. 35.000 Kubikmeter werden den Stadtwasseranschlüssen entnommen und 25.000 Kubikmeter stammen aus Tiefbrunnen.
Fazit bezirkliches Gießen
Dass der Bezirk nicht gießt, ist also nicht richtig. Aber angesichts der großen Trockenheit und der Anzahl von Grünflächen und Straßenbäumen bleibt es derzeit trotzdem der sprichwörtliche Tropfen auf den heißen Stein.
Der Text entstand in Kooperation mit der Weddinger Allgemeinen Zeitung (–> E‑Paper), der gedruckten Zeitung für den Wedding. Geschrieben wurde er von Dominique Hensel. Wir danken dem RAZ-Verlag!
Wenn ich die große Wiese im Humboldthain auf dem oberen Bild sehe, bezweifle ich, dass der Zustand nur durch Trockenheit zu begründen ist. Das spärliche Gras, was man dort sehen kann, sieht noch halbwegs grün aus. Die tote Fläche scheint mit eher durch Übernutzung entstanden zu sein – zu viele Menschen, die trotz Trockenheit auf der Wiese picknicken, Fußball spielen, sonnenbaden… Verstehe die Ignoranz der Menschen nicht: Alle schreien nach “mehr Stadtgrün”, aber dann wird der Rasen totgetrampelt. Einfach mal nicht in Massen auf der Wiese rumrennen, besonders nicht im heißesten, trockensten Sommer seit Jahrzehnten, dann überlebt das Gras auch.
Hallo Falko, interessant, dass man ein Foto so unterschiedlich deuten kann. Ich sehe auf dem Bild (und auch in echt), dass der Rasen dort grün ist, wo die Bäume an einem Teil des Tages Schatten werfen. Da, wo kein Schatten ist, ist der Rasen verbrannt, vertrocknet und zur Sandwüste geworden. Die Leute saßen und sitzen nach meiner Beobachtung auch eher im Schatten in der Nähe der Bäume, also auf dem grünen Rasen, was ihm offenbar nicht geschadet hat. Das wäre auch verwundertlich, denn genau dafür ist der Rasen ja auch gezüchtet worden.
Es ist so, dass Parks stark genutzt werden. Jeder möchte hat gern ins Grüne. Ich glaube aber kaum, dass der Rasen dadurch so gelitten hat. Das ist wohl eher die Trockenheit. Ich kann Dir ja mal ein Foto von meinem Kleingarten-Rasen schicken. Der sieht etwa genauso aus und der ist ganz sicher nicht übernutzt.
Nuja. Der Luise-Schröder-Platz wird in der größten Mittagshitze mit Wasser besprengt. Da frage ich mich auch, was das soll. Wasser ist ja gut, aber nicht, wenn es gleich verdunstet und wie wir ja wissen, Sonne auf Wassertropfen?????? Nicht gut, da verbrennen die Blätter und Gräser.
Da hast Du natürlich recht. Das Bezirksamt sagt ja auch selbst, dass sie bevorzugt in den frühen Morgenstunden gießen. Im Schillerpark habe ich sie auch schon zu der Zeit gesehen, nahe des Nordbahnhofs auch. Ich weiß es natürlich nicht genau, aber ich vermute, dass es an der Anzahl der Gieß-Mitarbeiter liegt. Die können ja morgens nicht überall gleichzeitig sein. Auch wenn sie früh anfangen, sind sie vermutlich bis Mittag nicht fertig. Bei automatischer Bewässerung ist das einfacher.
Praktikabilitäten!
Nicht alle Nachbarn sprechen alltäglich miteinander, obwohl nur dort die Lösung zum Straßenbaumgießen vor dem Wohnhaus liegt.
Vllt ist es nützlich – und mir fehlt das bisher bei all diesen Aufrufen -, alle Modelle, also Ideen, Terminoptionen und Möglichkkeiten des Bäumegießens zu besprechen oder wenigstens viele, denn eine einzige Lösung gibt es nicht wegen der persönlichen Besonderheiten der Nachbarschaften ‑und anzubieten. -
Letztlich trumpfte eine junge Frau auf nebenan.de damit, dass sie ein Schlauchsystem über ihren Balkon aufgebaut hat und froh war, den Baum vor ihrem Fenster täglich bequem von oben mit dem kostbaren Nass glücklich machen zu können. Wer meckert dann? Oder meckert dann niemand?
Besser ist es, sich gemeinsam auf Strategien und Wir-machen-das-so zu einigen, oder?
Und wo sind eigentlich die Pinnwände in den Hausfluren, die man für solche Aktionen praktischerweise benötigt?
Ich habe meinen Nachbarn quasi erst durchs Bäumegießen kennengelernt. So geht es auch. Inzwischen tragen wir beide bei http://www.giessdenkiez.de ein, wann jeder wieviel gießt, um uns zu koordinieren. Die Seite wird zur Kooperation unter Nachbarn zu recht fast überall empfohlen. Da steht auch viel interessantes zu jedem Stadtbaum in Berlin.
Ansonsten gibt es zum Bäumegießen einen separaten Beitrag. In dem hier geht es mal ausnahmsweise nicht um Eigeninitiative, sondern um den Anteil des Bezirks an der großen Gießaufgabe.
Die Meinung, dass doch nicht die Aufgabe jedes einzelnen Bürgers ist zu gießen, passt aktuell in die Zeit. Im weiteren Sinne bestätigt sich wieder einmal “mangelnde Sozialkompetenz”. Etwas für die Allgemeinheit zu tun ist eben nicht angesagt. Wenn einem etwas daran liegt, dass der Baum vor der eigenen Tür grünt und blüht, sollte es doch nicht zu viel sein, ihn in diesen wasserarmen Zeiten zu gießen.
Das ist vermutlich wie gerade bei vielen Themen: insbesondere die Menschen mit wenig sozialer Kompetenz sind auf den sozialen Medien unterwegs und dort sehr laut. Daher wirken sie mehr, als sie sind. Man verschätzt sich da schnell. Ich persönlich gieße den Baum vor meiner Tür und mein Nachbar tut es auch. 😊
Da bin ich ganz deiner Meinung!
Mir blutet das Herz, wenn ich die vertrocknete Wiese im Schillerpark sehe. Sie wurde erst letztes Jahr neu ausgesät.
Ich freue mich zu hören, dass sie gegossen wird.
Wiesen und Parks sind eine andere Dimension als der Baum vor der Haustür.
Vielleicht sollte man nicht nur an das naheliegende Gießen und Nässen denken, sondern vorgelagert und grundsätzlich auch für mehr Schatten sorgen. Das ist schwierig auf großen Flächen, müsste für praktikable Lösungen noch bedacht werden, im wahrsten Sinne des Wortes.
Da hast Du natürlich total recht. Ich ergänze: ans Entsiegeln denken, damit das Wasser nicht in der Kanalisation verschwindet und die Bäume wachsen können. Da hat auch der Bezirk noch einen Lernprozess vor sich.
Danke für diese Recherche, Dominique. Ich hatte auch vermutet, dass der Bezirk zu wenig gießt, da ist es gut, mal ein paar Zahlen zu lesen.
Einen schönen Tag von Susanne
Der Schluss ist ja auch sehr naheliegend, wenn man sich Bäume, Sträucher und Rasen ansieht. Aus meinem Kleingarten (und der ist wirklich klein im Vergleich zu ganz Mitte) weiß ich, dass man derzeit mit dem Schlauch eigentlich im Beet stehenbleiben müsste. Es ist eine unlösbare Aufgabe. Es müsste halt regnen.
Ja, du hast Recht.
Und was dazu kommt: das Wasser ist auch ein knappes Gut!