Die Brauseboys schauen ab 13.12. wieder wochenlang täglich von der Bühneauf das Jahr zurück. Für den Weddingweiser wagen Sie den Blick auf ihr Jahr im Kiez. Was hat sich verändert, was hat für sie aufgehört, was hat angefangen. Die Weddinger Autoren berichten schonungslos.
Zum Glück ohne Soße
Die Kinder spielen jetzt gerne zu Hause nach, was wir erleben. Arztbesuche, Einkaufen, Fahrkartenkontrollen, macht alles Spaß. Aber seit dem letzten Besuch beim Döner-Imbiss läuft das Ganze etwas aus dem Ruder. Ihre Spielküche und mehrere niedrige Tische werden zum Imbisstresen umfunktioniert, sämtliches Holzgemüse und Obst herausgeräumt, Filzpommes kommen auf den Herd. Die Verkleidung besteht aus lustigen, bunten Hemden und alten Mützen, die Dönermesser sind Lineale.
Im ersten Schwung stellen wir alles weitere bereit, einen Drehhocker als Spieß, Waschlappen als Brottaschen, Alufolie. Nach mehreren täglichen Imbiss-Sessions erlahmt aber der elterliche Eifer. In der ganzen Wohnung stolpern wir über halb aufgegessene Dönerleichen, zerknüllte Alufolien.
Zum Glück alles ohne Soße.
Frank Sorge
Techniker-Tracking
Mir war von Anfang an klar, dass es ein Himmelfahrtskommando werden würde. Never touch a running system. Der schnöde Mammon hatte mich verführt, und jetzt sollte der neue Internet-Anschluss installiert werden. Ob ich je wieder ins Netz kommen würde? Entsprechend nervös schluckte ich, als die Nachricht vom neuen Internet-Anbieter verkündete, der Techniker käme am Mittwoch zwischen 15 und 18 Uhr, um meinen Anschluss umzuschalten.
Am Mittwoch setzte ich mich an den Rechner, um bis zum schicksalhaften Moment noch so viele Leserkommentare bei Welt-online wie möglich zu lesen. Ich wollte mir den Abschied aus dem Netz etwas leichter machen. Da traf eine E‑Mail ein. Ich las: „Lieber Herr Werning, unser Techniker macht sich jetzt auf den Weg zu Ihnen. Verfolgen Sie hier live, wo er gerade ist und wann er bei Ihnenankommt.“
Ich war baff. Ein Live-Tracking des Technikers auf dem Weg zu mir?Ich klickte auf den angegebenen Link und landete auf dem Stadtplan von Berlin, auf dem ein rotes Pünktchen hektisch blinkte. DerTechniker! Er nahte heran! Langsam schob das Pünktchen sich über die Chausseestraße. In meine Richtung! Aufgeregt fieberte ich mit. An der Kreuzung Müller/Ecke Triftstraße bog der rote Punkt links ab. Was machte er denn da? Das ist doch gar nicht der richtige Weg! Jetzt stoppte der Punkt an der Ecke Trift-/Ecke Genter. Direkt vorm Biergarten Eschenbräu. Der wird doch nicht … Dann passierte lange Zeit nichts.
Inzwischen war es kurz vor sechs. Endlich kam wieder Bewegung in den Punkt, er fuhr zurück auf die Seestraße, diesmal in die richtige Richtung. Mit klopfendem Herzen verfolgte ich, wie er näher und immer näher kam. Gleich war er da! Jetzt musste er nur noch einen Parkplatz finden. Aber – warum suchte der denn gar nicht? Warum fuhr er einfach weiter über die Seestraße? Und weiter? Entsetzt schaute ich auf den Plan, auf dem sich der blinkende rote Punkt allmählich Richtung Prenzlauer Berg bewegte – und dann war er plötzlich verschwunden. Einfach weg. Öde und leer lag der Stadtplan vor mir. Eine E‑Mail traf ein. Vom Internet-Anbieter. Ich las: „Es tut uns leid, aber unser Techniker konnte Sie heute leider nicht erreichen. Wir melden uns wieder bei Ihnen, sobald wir einen neuen Termin gefunden haben.“ Fassungslos schaute ich auf den Bildschirm. Dann ging das Internet aus.
Heiko Werning
Manche Dinge haben Zeit
Link: https://www.instagram.com/browserboy/
Blockade
An sich ist diese Blockierfunktion von Einkaufswagen eine sinnvolle Sache, also wenn sie Kunden davon abhält, sich mit dem Wagen aus demStaub zu machen und ihn ähnlich wie die chinesischen Leihräder in einer Böschung zurückzulassen oder in die Spree zu versenken. Blöd ist, wenn die Sache nach hinten losgeht und Kunden daran hindert, den Markt zu betreten.
Gerade in letzter Zeit geschieht es mir häufig, dass ich einen solchen Einkaufswagen ziehe. Ich bin in dem Moment aber zu genervt von dieser Fehlfunktion, als dass ich ihn wieder zurückschiebe und mir aus der Reihe nebenan einen anderen hole. Also mühe ich mich ab, schiebe vornübergebeugt den Wagen in den Markt und komme mir vor wie Sisyphos, allerdings ohne Steigung und meine Last kann nicht zurückrollen. Gelegentlich hebe ich den Wagen an, so dass das blockierende Rad in der Luft hängt und rolle mit drei Rädern durch den Laden. In beiden Fällen eine peinliche Sache und ich ertrage die spöttischen Blicke der anderen mit dem Gedanken, dass heute einfach kein Tag ist, um aufzustehen und das Haus zu verlassen.
Robert Rescue
Die Brauseboys live
„Sie haben mich ins Gesicht gefilmt, das dürfen Sie nicht!“, diktierte der sächsische LKA-Pegidist Maik G. der Lügenpresse ins Mikrofon. Die Brauseboys lassen sich das nicht zweimal sagen und filmen dem Jahr 2018 voll ins Gesicht: Was bleibt, und was verhallt ungehört in der Geschichte?
In ihren wöchentlichen Leseshows haben Thilo Bock, Robert Rescue, Frank Sorge, Volker Surmann und Heiko Werning 2018 intensiv beobachtet und kommentiert, nun präsentiert die Weddinger Vorlese-Boygroup ihren Jahresrückblick. Ein Abend zwischen Diesel und Chemnitz, überraschenden Gipfeln und spielerischen Niederlagen, zwischen Trumptweets, Erdoganfotos und Gaulands verschwundener Badehose.
Satire vom Blatt, Liedgut vom Klavier und Bilder von der Wand. – Ein Multimediaereignis!
Alle Vorstellungen im Comedyclub Kookaburra
Schönhauser Allee 184, Berlin-Mitte
Karten: 030⁄4862 3186, Ticket-Link