Am 6. November stehen wieder die Wahlen zur Stadtteilvertretung Müllerstraße an. Der folgende Beitrag zeigt anhand eines Beispiels, in welchem Bereich die bisherige Stadtteilvertretung in der letzten Wahlperiode besonders aktiv war.
Besonders engagiert arbeitete in der Stadtteilvertretung in den letzten Jahren die »Arbeitsgruppe Öffentlicher Raum / Verkehr«. Das ist jedoch keine Besonderheit des Aktiven Zentrums Müllerstraße. Auch in den anderen Sanierungsgebieten Berlins gibt es zumeist Verkehrs-AGs, die über längere Zeiträume hinweg kontinuierlich arbeiten. Sie alle machen jedoch die Erfahrung: man braucht bei diesem Thema einen langen Atem.
Denn einerseits ist Verkehrsplanung sehr komplex. Fußgänger, Radfahrer, Autofahrer, Öffentlicher Nahverkehr, Lieferverkehr, Durchgangsverkehr: alle möglichen Nutzergruppen stellen Ansprüche an ein begrenztes Stück öffentlichen Raumes. Schnell bilden sich Interessensgruppen, die lautstark einseitige Perspektiven vertreten („mehr Parkplätze!«, »mehr Radwege!«, »mehr Bürgersteig!«) – und dabei die Belange der anderen außer acht lassen. Bürgerschaftliche Gruppen, die auf lokaler Ebene die verschiedenen Interessen erst einmal gegeneinander abwägen, bevor sie Stellung beziehen, haben es deshalb schwer, sich Gehör zu verschaffen. Oft werden sie voreilig in eine Schublade gesteckt – die Entscheidungsträger haben darin notgedrungen eine gewisse Übung erlangt. Deren Aufmerksamkeit müssen sich die Arbeitsgruppen deshalb oft erst langwierig erarbeiten.
Und andererseits ist Straßenbau sehr teuer und braucht schon für die Finanzierung einen langen Vorlauf. Auch die Planung braucht Zeit – und wird dann zumeist nur in kleinen Abschnitten Stück für Stück umgesetzt. Selbst die besten Konzepte brauchen oft Jahrzehnte, bis ihre positiven Auswirkungen richtig spürbar werden.
Umbau der Müllerstraße stockt
Das zeigt sich auch in der Müllerstraße. Vor vier Jahren fand eine erste Planungswerkstatt zum Umbau der Müllerstraße statt, vor drei Jahren wurde in weiteren Workshops mit Bürgern das Grundkonzept für die Neugestaltung der Straße erarbeitet. Vor zwei Jahren hätte eigentlich der erste Bauabschnitt südlich des S‑Bahnhofes Wedding beginnen sollen. Es tat sich aber nichts. Denn zunächst blockierte die BVG, weil sie noch prüfen musste, ob die U‑Bahn-Tunnel unter der Müllerstraße nicht zuerst saniert werden müssten. Derzeit blockt die »Verkehrslenkung Berlin« (VLB), weil sie den überörtlichen Verkehrsfluss schon zu sehr durch die Bauarbeiten an der neuen »Europacity« an der Heidestraße behindert sieht.
Der AG kommt diese Verzögerung allerdings gar nicht mal so unrecht. Denn inzwischen hat sie sich richtig warmgelaufen und etliche konkrete Vorschläge erarbeitet, wie die Planungen verbessert werden könnten, etwa an der Einmündung der Triftstraße in die Müllerstraße. Die Triftstraße war früher eine übergeordnete Verkehrsstraße und ist deshalb sehr breit, was zu erhöhter Geschwindigkeit verleitet. Im Interesse der Sicherheit der Schüler der Leo-Lionni-Grundschule fordert die AG, die Fahrbahn im Einmündungsbereich wesentlich deutlicher als geplant zu verschmälern.
Zusätzliche Ampel über die Müllerstraße?
Ein anderer neuralgischer Punkt ist die Müllerstraße zwischen Rathausplatz (künftig: Elise-und-Otto-Hampel-Platz) und Leopoldplatz. Mit der Eröffnung der neuen Mittelpunktbibliothek und des neuen Jobcenters im alten Rathausturm sowie der Verbesserung der Wegebeziehungen zur Beuth-Hochschule wird sich der Fußgängerverkehr auf dem Rathausplatz deutlich erhöhen. Die Passanten können aber die Müllerstraße nur über die Ampel am U‑Bahn-Ausgang Leopoldplatz sicher überqueren. Eine zusätzliche Ampelanlage im Bereich des Rathausplatzes lehnt jedoch die übergeordnete »Verkehrslenkung Berlin« ab, weil sie nach ihrer Ansicht den Abfluss des Abbiegeverkehrs von der Schul- und Luxemburger Straße behindere. Die AG hat hier eine andere Meinung als die Fachleute, ins direkte Gespräch mit der VLB kommt eine Stadtteilvertretung in Berlin jedoch nicht. Eine zusätzlich Ampel würde jedenfalls dem Grundkonzept des Sanierungsgebietes – die Akzentuierung des Doppelplatzes aus Leopold- und Rathausplatz als »Bildungsband« definitiv gerecht. Die AG Verkehr fordert außerdem weiterhin eine Verkehrsberuhigung der Nazarethkirchstraße um die allgemeine Aufenthaltsqualität auf dem Leopoldplatz zu verbessern und die Sicherheit insbesondere der vielen Kinder dort zu erhöhen.
Müllerstraßenfest und Parkraumbewirtschaftung
Sehr kritisch setzt sich die AG und mit ihr die gesamte Stadtteilvertretung auch mit dem Müllerstraßenfest auseinander, das manchmal mehrfach im Jahr für komplette Wochenenden die Müllerstraße blockiert und den Verkehr in die umliegenden Wohnstraßen verdrängt. Mit der Forderung, solche Feste nach dem Vorbild Neuköllns künftig nicht mehr zu genehmigen, ist sie allerdings noch nicht durchgedrungen, genausowenig wie mit der, eine Studie zur Parkraumbewirtschaftung im Brüsseler- und Sprengelkiez zu beauftragen. Die würde die Anwohner gegenüber den Mitarbeitern, Studenten und Besuchern des Virchow-Klinikums und der Beuth-Hochschule bevorzugen und die Parksituation im Gebiet deutlich entspannen.
Das sind nur einige der Themen, mit der sich die Arbeitsgruppe befasst. Detailliert sind die Stellungnahmen und Vorschläge – etwa auch zum Fahrradverkehr oder zu anderen Fragen des öffentlichen Raums, etwa für den Erhalt der Galerie Wedding oder des Atze-Musiktheaters – nachzulesen unter: www.stadtteilvertretung.de
Autor: Christof Schaffelder
Beitrag zuerst erschienen in der “Ecke Müllerstraße”, Sonderausgabe Oktober 2014
Wahl der Stadtteilvertretung am 6. November, Rathaus Wedding, Rathenausaal, 19.00 Uhr