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Clint Lukas ist der letzte der Cowboys

30. Oktober 2016
Nie wieder Frieden. Buch von Clint Lukas. Grafik Verlag Periplaneta.
“Nie wie­der Frie­den”. Buch von Clint Lukas. Gra­fik: Ver­lag Periplaneta

Clint Lukas kann gut schrei­ben. Clint Lukas kann auf der Lese­büh­ne gut sei­ne Tex­te vor­le­sen. Clint Lukas kann gut zeich­nen. Die Zeich­nun­gen ent­deckt man nicht, wenn er mitt­wochs ab 21 Uhr bei den Mau­er­seg­lern liest. Die fin­det man in sei­nen Büchern. Zum Bei­spiel in “Nie wie­der Frie­den”. Erschie­nen ist das Buch im Früh­jahr 2016 im Peri­pla­ne­ta-Ver­lag. In die­sem Werk bekennt er, ein Cow­boy zu sein. Wir blät­tern mal durch sei­ne Texte.


Ein Cowboy ist doch kein Ich-Protagonist

Ver­blüf­fend ist es schon. Im ame­ri­ka­ni­schen Kino ist der Cow­boy in den letz­ten Jah­ren auf den Hund gekom­men. Clint East­wood gab noch den ehr­ba­ren, treu­en, vor­bild­li­chen Cow­boy. Kein Wun­der, dass Ade­nau­er sich für West­bin­dung ent­schied. Doch dann ging es berg­ab. Zuletzt wur­de der Cow­boy von Taran­ti­no, den ja manch einer gut fin­det, roh abge­knallt. Und dann schreibt Clint Lukas 2016 ” ‘Ich bin ein Cow­boy’. ‘Dass Du ein Cow­boy bist, weiß ich’, sag­te er, ‘Ich glau­be, ich bin auch ein Cow­boy.’ Wir schwie­gen in unse­rem Ein­ver­ständ­nis.” Ein­fach so schreibt er das hin.

Na schön, bei Lese­büh­nen-Autoren muss man auf der Hut sein. Viel­leicht mei­nen sie es genau anders­her­um. Oder irgend­wie anders­her­um. Doch wer noch Hoff­nung in sich hat, der hält sich lie­ber am Glau­ben fest, Lukas sei ein Cow­boy. Wer ein hoff­nungs­lo­ser Fall ist, der hält sich am Klap­pen­text fest, wo es heißt: “Sein Ich-Prot­ago­nist kämpft gegen den Stumpf­sinn einer auf Kon­sum und Kon­for­mi­tät getrimm­ten Gesellschaft”.

Worüber – nicht worum – es geht in “Nie wieder Krieg”

Das gäbe fast schon wie­der einen schö­nen Clint-Lukas-Text ab: Wie ein Autor durch die Klap­pen­tex­te sei­ner Bücher stirbt. Oder kre­piert. In “Nie wie­der Frie­den” schaut man einem Loo­ser zu. Der aber immer­hin um die gan­ze Welt kommt. In Prag trifft man ihn, in Thai­land oder in Bit­ter­feld. Mal ist er Koch, mal Film-Aus­stat­ter, mal ein­fach “druff” (Mes­ca­lin). Aber immer sind die Tex­te so geschrie­ben, dass man denkt: Das ist doch jetzt kein Ich-Prot­ago­nist, das ist doch der Clint selber.

Am Ende muss – wie bei allen guten Büchern – der Leser selbst her­aus­fin­den, was Clint Lukas eigent­lich meint. Mit sei­nen Tex­ten. Die da hei­ßen: “Wir legen Feu­er ans Fun­da­ment eurer Stadt”, “Die Bal­la­de der Tram­pel”, “Das Lied der Kome­ten”. Aber den Tipp gibt es noch: Haydn und Mahler gehö­ren in die Höl­le, aber “Ich mag Bruck­ner. Und Mahler”.

Und der Text “Spiel mir das Lied vom Tod” spielt in den Rega­le-Gas­sen eines Wed­din­ger Supermarkts.

Die Zeichungen

War­um kön­nen man­che Leu­te alles? Schrei­ben. Kann nicht jeder, aber Clint Lukas. Vor­le­sen. Kann nicht jeder, aber Clint Lukas. Zeich­nen. Kann nicht jeder, aber Clint Lukas. Er hat ja auf den Lese­büh­nen viel Zeit, die Autoren dort absit­zen müs­sen. Sei­ne auf der Büh­ne ent­stan­de­nen Kugel­schrei­ber-Bil­der wären auch mal eine Aus­stel­lung wert.

Mit CD

Auf der Büh­ne über­zeug Clint Lukas sofort mit sei­ner mini­ma­lis­ti­schen Art des Vor­trags. Hand in der Hosen­ta­sche, kei­ne künst­li­che Dra­ma­tik in der Stim­me, den Text ein­fach wir­ken las­sen. Kommt sei­ne Stim­me aus der hei­mi­schen Box, fragt man sich, war­um dem Buch eine CD bei­gelegt wur­de. Vor­teil: Es zwingt einen nie­mand, die CD ein­zu­le­gen. Man darf auch sel­ber lesen.

Zum Titel “Nie wieder Frieden”

Rela­tiv berühmt ist die Zei­le “Nie wie­der Frie­de” durch Ernst Tol­lers Komö­die von 1934. Es kann auch als Umkeh­rung des berühm­ten Pla­kats von Käthe Koll­witz “Nie wie­der Krieg” genom­men wer­den. Oder soll an Kants Zum ewi­gen Frie­den gedacht wer­den? Wer so denkt, merkt hof­fent­lich sel­ber, dass er zu den Lang­wei­lern gehört. “Es gibt kein fried­li­ches Leben im fal­schen. / Die Waf­fen wer­den nie wie­der schwei­gen. / Nie wie­der Frieden.”

Clint Lukas

Clint Lukas sagt, er habe nichts stu­diert und nichts gelernt. Das Mot­to sei­ner Web­sei­te heißt “Für die Lie­be, für die Kunst”, wobei im Hin­ter­grund Bier- und Cham­pang­er­fla­schen zu sehen sind.

Als Pro­du­zent des 30-minü­ti­gen Films Cokes and Tarts (2010) wird er auf imdb.com als Domi­nik Lukas genannt. Bis­her sind drei Bücher erschie­nen: “Für die Lie­be, für die Kunst”(2011); “Das schwe­re Erbe von Gus­tav-Mahlers-Sarg” 2013; “Nie wie­der Frie­den” (2016). Clint Lukas wohnt im Wedding.

Angaben zu “Nie wieder Frieden”

Voll­stän­di­ger Titel: Nie wie­der Frie­den. Geschich­ten vom süd­li­chen Ende des Wahn­sinns. März 2016. Mit CD. Hard­co­ver. 20 Euro. ISBN 978−3−95996−006−9.

LINKS
Er über sich selbst: clintlukas.wordpress.com.
Sein Ver­lag über sein Buch: Peri­pla­ne­ta.

Autor: And­rei Schnell. Cover: Periplaneta-Verlag.

 

Andrei Schnell

Meine Feinde besitzen ein Stück der Wahrheit, das mir fehlt.

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