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Humboldthain, wie haste dir verändert:
Blick in ein Familienalbum der 50er

Was uns ein Blick in ein Familienalbum einer Weddingerin über den Humboldthain erzählt

Unsere Leserin Marianne Knoll hat ihr Familienalbum für uns aufgeklappt. Die 74-jährige ist als kleines Kind 1950 von Staaken in die Prinzenallee 81 - neben Groterjan - gezogen, gemeinsam mit den Großeltern. Sie schickt uns zu den Fotos einige Erklärungen. Was die Bilder interessant macht, ist die kahle Humboldthöhe. Wie es dazu kam, erfahrt ihr hier.

Während Marianne Knoll 24 Jahre lang der Geruch von Malzbier und von der Fabrik Hildebrandt die Schokolade umgab ("Habe ich heute noch in der Nase"), sie mit den Großeltern im 3. Hinterhof wohnte, wo die Tapeten feucht waren, wurde sie als Kind im Rosengarten oder an anderen Stellen im Humboldthain fotografiert.

Der Humboldthain war eigentlich schon 1876 als sehr repräsentativer Landschaftspark gestaltet. 1941/42 ließen die Nationalsozialisten zwei Flaktürme in den Park setzen. An der Bahntrasse wurde ein Gefechtsturm als Hochbunker mit vier Ecktürmen errichtet. An der Gustav-Meyer-Allee entstand der Leitturm. 1947 sprengten die Franzosen diesen Turm. Beim nördlichen Pendant scheiterte die Sprengung auch nach dem dritten Versuch, sodass dort zwei Ecktürme stehenblieben. Der Betonklotz wurde mit 1 Mio. Kubikmeter Trümmerschutt zur 85 Meter hohen Humboldthöhe angeschüttet und mit schnell wachsenden Bäumen bepflanzt. Durch die beiden Trümmerberge verwandelte sich der Humboldthain in einen Park mit einem "Wiesental" in der Mitte.

Marianne Knoll erlebte 1959, dass auch ihre Mutter aus der DDR in den Wedding zog. Dann gab es eine Wohnung auf dem 2.Hinterhof, an einer Wohnungswand befand sich der Groterjansche Malzbierkessel. Weiter erinnert sich Marianne Knoll: "Wir waren jeden Sonntag im Humboldthain oder im Schillerpark". An der Badstraße kann sie sich noch an den Rummel erinnern und auch daran, dass es neben Woolworth eine Einkaufsstraße gab. Eine gute Wohnlage war der Kiez auch damals schon nicht: "Wenn Leute meine Oma fragten, wo sie wohnt, war ihre Antwort Gesundbrunnen", erwähnt Marianne Knoll. "Bloß nicht Wedding erwähnen!"

Dass es am Gesundbrunnen unzählige Kinos gab, weiß die heute in Konradshöhe-Tegelort lebende Marianne Knoll natürlich auch noch: "In der Prinzenallee Ecke Badstraße gab es das Kino Kristallpalast, das war das erste Kino, wo die Sitze nach schräg oben gingen." In der Prinzenallee habe es auch ein kleines Dorf der Pfadfinder gegeben, in dem Mädchen nicht erlaubt waren. Und für die Versorgung mit frischer Milch kommt Marianne Knoll ein Hinterhof in der Pankstraße in den Sinn, wo Kühe standen.

Und der Humboldthain? Aus dem Flakturm wurde eine Aussichtsplattform, an der 1967 das Mahnmal der Deutschen Einheit aufgestellt wurde. Der südliche, flachere Trümmerberg erhielt eine Rodelbahn. Und nicht zu vergessen das Sommerbad Humboldthain, das erst nach dem Krieg entstand. Auch der Rosengarten entstand an der Stelle, wo bis zu ihrer Zerstörung die alte Himmelfahrtskirche gestanden hatte.

Humboldthain, wie haste dir verändert!

weddingweiserredaktion

Die ehrenamtliche Redaktion besteht aus mehreren Mitgliedern. Wir als Weddingerinnen oder Weddinger schreiben für unseren Kiez.

1 Comment

  1. Den Humboldhain und seine Umgebung kenne ich seit Frühjahr 1978. Ich selbst habe zu diesem Zeitpunkt noch in Charlottenburg gewohnt und bin dann Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre in den Wedding gezogen. Mein jüngster Sohn wurde dort geboren und meine Familie lebte weitestgehend im Wedding bis 2019. Bis dahin hatte sich dieser Bezirk schon stark zum Negativen verändert, leider!

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