Die Beuth-Hochschule wird sich umbenennen. Die Akademische Versammlung hat in geheimer Wahl mit 30 Stimmen für die Umbenennung gestimmt, 14 dagegen, eine Enthaltung. Entscheidend waren dabei nicht nur die Beteiligungsformate beim letzten Symposium zum Thema, sondern auch die Gremien der studentischen Selbstverwaltung im Vorfeld, die sich bereits früh, zahlreich und eindeutig positionierten. Hier veröffentlichen wir eine Stellungnahme der Vertreter von Studierendengruppen.
“Freuen uns auf einen offenen Prozess”
“Wir als studentische Vertreter*innen freuen uns sehr über die Entscheidung zur Umbenennung. Wir fordern schon seit langem, eine klare Haltung zu Beuths antisemitischen Äußerungen und Handlungen zu beweisen. Es ist ein Zeichen, dass wir keine Form von Antisemitismus damals und heute akzeptieren. Beuth hat unsere Hochschule nicht mehr repräsentieren können.
Die Erinnerung an seine Verdienste um das technische Bildungswesen sollte in der Frage Ausdruck finden, wie unsere Hochschule künftig ausbilden möchte: Damals für Industrialisierung und angesichts der Landflucht – heute für nachhaltige Technologien angesichts wachsender Ungleichheit und ökologischem Kollaps. Konzepte und Praktiken gibt es hier schon einige – die Pioniertat kann aus der Übertragung auf eine technische (Fach-)Hochschule entstehen.
Für uns ist wichtig, dass wir uns heute mehr mit Antisemitismus und Rassismus auseinandersetzen. Gerade gedachten wir zum 75. Mal der Befreiung von Ausschwitz. Die Verantwortung für die maschinelle Vernichtung Millionen von Menschen dürfen wir niemals vergessen. Wir fordern, dass wir uns zukünftig mehr mit Aufklärung und Bildung zu Antisemitismus und Rassismuskritik an unser Hochschule beschäftigen, zum Beispiel auch „critical whiteness“, den Privilegien in Mitteleuropa und den damit verbunden Verantwortung.
Nach unser Umbenennung würde uns mal interessieren, wie der Beuth-Verlag und die Beuth-Gesellschaft auf den Antisemitismus seines Namensgebers reagieren.
In der Namenssuche für unsere Hochschule freuen wir uns auf einen offenen Prozess, in dem alle sich einbringen können. Parallel wird bereits das Leitbild der Hochschule neu erarbeitet. Diese Prozesse können mit Hilfe von Umfragen, Workshop und Urabstimmungen stattfinden. Nicht nur wir, sondern auch zahlreiche andere Gruppen aus der Studierendenschaft wollen sich am folgenden Prozess beteiligen. Dieser sollte auch solche Methoden umfassen, die bisher nicht in die Gremienarbeit eingebracht wurden, die Chance zur Beteiligung gibt. Zahlreiche Studierende suchen es sich nicht bewusst aus, auf ihre Stimme zu verzichten. Und ein Hinweisschild am Haus Beuth kann eigentlich eher heute als morgen hängen.
“Diskussion um unser Selbstverständnis”
Dies ist auch eine Chance, um unserer Hochschule ein neue Ausrichtung zu geben. Uns beschäftigen brennende Themen, wie die globale Klimakrise, Sexismus und Queerfeindlichkeit in der Gesellschaft und der Rechtsruck. Auch der Begriff Offenheit (Openness) kann hier Anknüpfungspunkt sein, um uns als anwendungsorientierte Hochschule ein Ideal zu geben, das – wie schon der Freiheitsbegriff der Grundlagenforschung (vgl. FU Berlin) – Ausgangspunkt für kontinuierliche Diskussion um unser Selbstverständnis und Tätigkeit sein kann: für offene technische Dokumentationen und Bildungsmaterialien, für Austausch mit Kiez, Wirtschaft und Zivilgesellschaft, für die Verknüpfung von Lehrauftrag, Forschung und gesellschaftlicher Verantwortung, als Hochschule der Bildungsaufsteigenden und Studierenden aus aller Welt. Wir wollen nicht erneut eine Person mit dem Namen ehren.
Dario Brinkmann ist Referent des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) der Weddinger Hochschule und Teil der „Initiative für einen schönen Hochschulnamen“. Paul Jerchel ist Sprecher des Rats für Zukunftsweisende Entwicklung (RZE), der studentischen Nachhaltigkeitsiniative für „Reflektion und Innovation in Forschung, Lehre und Gesellschaft“. Beide waren bei der Sitzung der Akademischen Versammlung anwesend und reflektieren hier gemeinsam die Hoffnungen ihrer Gruppierungen.
[…] unser Selbstverständnis. Paul Jerchel und Dario Brinkmann hatten bereits früher in einem Weddingweiser-Beitrag die Umbenennung als Möglichkeit gesehen, als “Chance, um unserer Hochschule eine […]
Gem. Bericht haben sich 14 Personen GEGEN eine Umbenennung ausgesprochen!
Bei einer ausgewogenen Berichterstattung sollte m.M.n. auch die Gegner der Umbenennung zu Wort kommen! Ansonsten folgt der Weddingweiser nur dem Mainstream und macht Gesinnungsjournalismus statt Informationsvermittlung und macht sich nicht einmal die Mühe, ein Thema aufzugreifen, welches anscheinende weite Teile der Bevölkerung bewegt.
Gastbeiträge mit einer Gegenposition nehmen wir gerne entgegen. Wir bieten in erster Linie eine Plattform, betreiben aber keinen eigenen Gesinnungsjournalismus.
Als Betroffener der Straßenumbenennung im Afrikanischen Viertel hoffe ich, dass sich die Umbenennung der Hochschule etwas durchdachter gestaltet als bei uns. Gut finde ich die Idee, keine besondere Person, sondern eine Haltung zu den Fragen, mit denen sich die Hochschule auseinandersetzt zur Grundlage der Namensgebung zu machen. Der Redaktion des Weddingweisers möchte ich ans Herz legen, auch Gastbeiträge noch einmal kritisch durchzulesen. Im Feuer des politischen Gefechts hat der Autor wohl einige Sätze nicht ganz zu Ende gedacht.