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Beuth-Hochschule:
Beuth: Aufstand der Ungenannten

23. Juni 2021
Präsidium Beuth Hochschule

Es herrscht Kampf­stim­mung an der Beuth-Hoch­schu­le. Eine Grup­pe, die offen­kun­dig aus Pro­fes­so­ren, Ange­stell­ten und Stu­den­ten besteht, stellt sich grund­sätz­lich gegen ihre Hoch­schul-Prä­si­den­ten. Ver­trau­en oder Miss­trau­en, war die Fra­ge am 17. Juni in der Aka­de­mi­schen Ver­ei­ni­gung (AV). Die AV ent­schied mit 27 zu 14 Stim­men (und 9 Ent­hal­tun­gen), dass Prä­si­dent Wer­ner Ull­mann am 1. Juli auf den Prüf­stand soll. War­um? Das bleibt im Ungefähren.

Offenheit versus “bitte keine Namensnennung”

Der Start der im Stream der Hoch­schu­le über­tra­ge­nen AV-Sit­zung war unge­wöhn­lich. Zum Auf­takt übte der Ver­samm­lungs­lei­ter Medi­en­schel­te an einer Ber­li­ner Tages­zei­tung (“so etwas mil­dert das Anse­hen der Pres­se”). Dar­auf folg­te die Mah­nung, “weil die gesam­te Welt zuhört”, soll­ten alle bit­te auf Wort­wahl und ihren Ton ach­ten. Und sofort bat ein Mit­glied der Sit­zung, den Live­stream bit­te gleich wie­der abzu­schal­ten. Der Prä­si­dent Wer­ner Ull­mann muss­te erklä­ren, dass eine staat­lich finan­zier­te Hoch­schu­le im dop­pel­ten Sin­ne öffent­lich ist. Zudem ist ihm Trans­pa­renz wich­tig. “Es gibt nichts, was hier unter dem Deckel gehal­ten wer­den soll­te‟. Und eine öffent­li­che Debat­te “nimmt Spe­ku­la­tio­nen den Wind aus den Segeln‟.

Weni­ger offen zeig­ten sich dage­gen sei­ne Geg­ner, die antre­ten, den im Okto­ber 2019 gewähl­ten Prä­si­den­ten das Miss­trau­en aus­zu­spre­chen. Sie woll­ten nicht nament­lich genannt wer­den. Nur die Pro­fes­so­rin für Lebens­mit­tel­tech­no­lo­gie Dia­na Grau­baum und der Pro­fes­sor für Werk­zeug­ma­schi­nen und Maschi­nen­kon­struk­ti­on Ralf Förs­ter gaben sich zu erkennen.

Drei Gründe für den Wunsch nach Abwahl

Dia­na Grau­baum und Ralf Förs­ter begrün­de­ten ihren Antrag im Namen der unge­nann­ten Grup­pe. Zur Ein­lei­tung stell­ten die bei­den die Fra­ge: “War­um ist die Zukunft der Beuth gefähr­de­ter denn je?” Dann zähl­ten sie drei Grün­de für ihren Wunsch nach Abwahl des Prä­si­den­ten auf. Der ers­te lässt sich zusam­men­fas­sen unter der Über­schrift Kri­tik an der Arbeits­wei­se des Prä­si­den­ten. Der zwei­te Grund dreht sich um das feh­len­de Ver­trau­en. Der drit­te vor­ge­tra­ge­ne Grund ist denk­bar ein­fach: “Wir möch­ten den Prä­si­den­ten unbe­dingt abwäh­len”. Das sind Stich­wor­te, die den Betei­lig­ten offen­bar aus­reich­ten. Für die Zuhö­rer in der Welt blie­ben nach die­sem State­ment mehr Fra­gen als Ant­wor­ten zurück (Der Wed­ding­wei­ser hat nach der Sit­zung bei Dia­na Grau­baum und Ralf Förs­ter nach­ge­fragt und um eine genaue­re Erklä­rung gebe­ten. Auf unse­re E‑Mail erfolg­te kei­ne Reaktion.) 

Die Antwort des Präsidenten

Der Prä­si­dent der Hoch­schu­le an der Luxem­bur­ger Stra­ße Pro­fes­sor Wer­ner Ull­mann gab am 17. Juni zu: “Ja, wir ste­cken in Schwie­rig­kei­ten, das ist so”. Das Pro­blem ist aus sei­ner Sicht sehr groß, denn: “Die Hoch­schul­lei­tung ist ange­tre­ten in dem Wis­sen, dass sich in vie­len Jah­ren Pro­ble­me ver­fes­tigt haben.” Sei­ne Erfol­ge: “Wir haben vie­les umge­setzt, die TXL-Pla­nungs­blo­cka­de auf­ge­löst, einen neu­en Namen gefun­den, ein neu­es Logo.” Der ter­min­ge­rech­te Neu­bau der Wed­din­ger Labo­re (WAL) gehört eben­so zur Haben­sei­te. Sein als Eigen­kri­tik ver­pack­ter Vor­wurf an die Hoch­schu­le: “Wir haben das Behar­rungs­ver­mö­gen unter­schätzt”. Sein Appell: “Las­sen Sie uns Schwie­rig­kei­ten offen ange­hen und gemein­sam lösen, spre­chen Sie mich an”.

Vize­prä­si­dent Kai Kum­mert gesteht Feh­ler ein: “Ich bin ange­tre­ten, um Kul­tur und Umgang zu ver­än­dern‟, “die­se Ver­samm­lung zeigt, dass ich die­ses Ziel nicht erreicht habe‟.

Worum geht es in der Sache?

Der Schlag­ab­tausch war öffent­lich. Doch die Zuhö­rer muss­ten Ken­ner der inter­nen Strei­tig­kei­ten sein, um zu ver­ste­hen, wor­um es im Kern geht. Ein wis­sen­schaft­li­cher Mit­ar­bei­ter, der nur auf Zeit an der Beuth-Hoch­schu­le arbei­tet, wirk­te rat­los: “Das ken­ne ich nicht von ande­ren Hoch­schu­len, dass sich die aka­de­mi­schen Gre­mi­en so viel mit Ver­wal­tung befas­sen.” Und zwar detail­liert. In der zwei­stün­di­gen Debat­te ging es um die Anzahl der Stel­len im Per­so­nal­bü­ro, um das Rechen­zen­trum, um Gehalts-Ein­grup­pie­run­gen kon­kre­ter ein­zel­ner Aus­schrei­bun­gen, um eine Taskforce und spe­zi­el­le Son­der­pro­gram­me. Viel Ein­zel­kri­tik. Die gro­ße Unbe­kann­te in der Dis­kus­si­on: Was ist der ent­schei­den­de Grund, war­um soll der Prä­si­dent abge­wählt wer­den soll – abge­se­hen vom füh­li­gen “uns fehlt Vertrauen”?

Wer­ner Ull­mann führ­te die zahl­rei­chen klein­tei­li­gen Argu­men­te immer wie­der auf Grund­le­gen­des zurück: “Wir brau­chen eine team­ori­en­tier­te Arbeits­wei­se”, “Wir haben einen staat­li­chen Auf­trag zu erfül­len”, “Unser gemein­sa­mes Anlie­gen Hochschule”.

Anhänger der Abwahl in allen Statusgruppen

Das Abstim­mungs­er­geb­nis mit 27 Stim­men für das Miss­trau­ens­vo­tum zeigt zwei­er­lei. Es gibt eine Mehr­heit, die den kom­pli­zier­ten Pro­zess der Abwahl in Gang set­zen will. Einer­seits. Doch die Zahl 27 zeigt auch: Die­se Mehr­heit speist sich nicht nur aus tra­di­tio­nell rebel­li­schen Stu­den­ten. Stu­den­ten, wis­sen­schaft­li­che Ange­stell­te und Ange­stell­te in den Ser­vice­ein­hei­ten haben weni­ger als 27 Mit­glie­der in der Aka­de­mi­schen Ver­ei­ni­gung. Unmiss­ver­ständ­lich for­mu­liert: Auch unter den Pro­fes­so­ren wün­schen sich eini­ge, dass Wer­ner Ull­mann abge­löst wird. Wer das ist und wie vie­le das sind, blieb am 17. Juni unausgesprochen. 

Durch­ge­setzt hat sich in der ers­ten Run­de am 17. Juni die Frak­ti­on der Abwäh­ler. “Wie kön­nen wir ver­trau­en? Wie kön­nen wir sicher sein, dass wir jetzt auf ein­mal ein ver­läss­li­ches Team haben? Auf ein­mal?”, fass­te Pro­fes­sor Ralf Förs­ter deren Gefühls­la­ge zusammen. 

Wie geht es weiter?

Die Grund­ord­nung der Beuth-Hoch­schu­le sieht vor, dass die Mehr­heit der Aka­de­mi­sche Ver­samm­lung (AV) eine Abbe­ru­fung in die Wege lei­ten kann. Das ist am 17. Juni gesche­hen. Damit kommt sie einer ihrer Kern­auf­ga­ben nach, denn sie “wählt das Prä­si­di­um, beschließt die Grund­ord­nung und erör­tert den Rechen­schafts­be­richt des Prä­si­den­ten.” (Web­sei­te der Beuth-Hoch­schu­le). Frü­hes­tens in 14 Tagen und spä­tes­tens in vier Wochen stimmt die AV über ein kon­struk­ti­ves Miss­trau­ens­vo­tum ab. Die AV kann das Miss­trau­en aus­spre­chen, indem sie “mit den Stim­men von min­des­tens zwei Drit­teln ihrer Mit­glie­der einen Kan­di­da­ten für den Rest der Amts­zeit wählt”. (Grund­ord­nung der Beuth-Hoch­schu­le). Zwei Drit­tel ent­spre­chen 34 Mit­glie­der der AV. Die Abstim­mung soll am 1. Juli sein. Wer Nach­fol­ger sein möch­te, muss also am 1. Juli aus der Rol­le des Unge­nann­ten in die des Her­aus­for­de­rers schlüp­fen. Und der Öffent­lich­keit ratio­na­le Grün­de für die gewünsch­te Abwahl nennen. 

Beuth Hoch­schu­le

Andrei Schnell

Meine Feinde besitzen ein Stück der Wahrheit, das mir fehlt.

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