Jetzt ist die Weddingerin nach London gezogen. „Jetzt“ ist gut, vor neun Monaten eigentlich. Und häufig kam die Bitte: Vergleich doch mal, so Berlin und London oder Wedding und Deine Wohngegend. Bittesehr!
Die Aufgabe ist nicht nur schwer, weil der Wedding sich so schlecht greifen und daher vergleichen lässt – was vergleicht man da? Auch deshalb, weil Vergleiche immer einen negativen Touch haben können, um gleich einmal ein englisches Wort einzubringen. Die Wohnungen sind hier teurer, die Fahrtwege länger, Lebensmittel ähnlich und genau auch wieder nicht, aber mit mehr Sandwiches, die Museen und Galerien sind hier kostenfreier, meinetwegen ist London auch noch cooler … (Ilford, da wo ich wohne, ist es wahrscheinlich eher nicht). Hier ist mein Zuhause.
Daher habe ich lange nach einem Thema gesucht, mit dem man beginnen kann, das ein wenig beschreibend ist, ohne einer Partei hinten in die Knie zu treten. Ganz ohne geht es aber auch nicht.
In Ilford wohne ich also jetzt, im Nordosten von London, Zone 4, kommt Zone B/C in Berlin gleich. Man hört sodann im Londoner Freundeskreis, das sei aber recht weit draußen. Ist es aber nicht, mit etwas Geduld. Hier draußen wohne ich – miete ich – weil es hier erschwinglich(er) ist, zumal ich zwei Zimmer („one bedroom“) und einen Garten haben wollte. So kann ich mich in meiner Wohnung wenigstens entspannt einmal im Kreis drehen, ohne mir nennenswerte Verletzungen zuzuziehen.
Das Mieten hebe ich hervor, weil es hier ab einem recht jungen Alter üblich ist, schnell zum Kauf einer Immobilie zu schreiten, lieber abzahlen, als einem seltsamen Vermieter Geld in den Rachen zu schmeißen. Und ganz dumm ist das nicht, aber eben auch nicht immer gleich machbar. Sonst, das weiß ich jetzt umso mehr, hätte ich natürlich ebenfalls gekauft. Denn Mietrecht ist in Großbritannien beim Verteilen von Paragrafen nicht oberste Priorität gewesen.
So lebe ich denn neben meinem Landlord, dem Vermieter. Das recht beschauliche Goodmayes, ein Teil besagten Ilfords, ist aufgrund der Randlage recht multikulturell, vor allem Inder leben hier und man genießt eine entsprechende Fülle an Spätis (Cornershops) und Obstständen. Das habe ich schon am Wedding geliebt, das blieb also. Die Wohnung ist ein Traum, der Landlord ein sagenhafter Griff ins Klo, der obgenanntes Mietrecht auf fantasievolle Art noch da aushebelt, wo sich LaSimona als Mieterin schon an der Grenze des Machbaren sah. Mit Verlaub – ich lache darüber, eine mentale Mimik, die weiterhilft, wenn man sich eben auf das Mieten einlässt.
Warum der Titel des Geschriebenen? Mein Landlord ist Inder, vielmehr ist es eine Familie mit zwei Söhnen und einer Tochter. Die Tochter ist verheiratet, einer der Söhne hat nun die Frau seines Lebens gefunden, eine Indian Wedding steht ins Haus – nein – in die Häuser. Denn mein Garten darf Teil des bunten Treibens sein. An sich nicht schlecht, ich habe es auf das Essen abgesehen.
Diese Indian Wedding wurde mir nach sechs Monaten Mietzeit mitgeteilt. Da war ich mittlerweile komplett eingerichtet und habe meine Wohnung so gestaltet, wie ich es auch in Berlin gemacht habe – meins also, Möbel, Farben, Gartenplanung (London City Girl). Man legte mir nahe, besser auszuziehen, denn es würde laut werden und mein Garten ginge definitiv kaputt. Pflanzen und Beete gehen nicht, alles muss im Sommer raus. Also für zwei Wochen im Juli/August. Ich räumte Machbarkeit ein und merkte mir Ende Juli/Anfang August als gärtnerische Tabula Rasa vor. Wir schaffen das. Und nutzte fortan meinen Garten, im Geiste milde bedenkend, dass das halt im Sommer für zwei Wochen etwas umgeräumt werden muss. Wegen der Indian Wedding.
So topfpflanze und gieße ich ich also vor mich hin, wir schreiben April. Da ploppt ein Kopf hinterm Gartenzaun hervor, how are you, LaSimona? Just a quick reminder, the Wedding is in July/August. Jo, weiß Bescheid.
So umtopfe und fege und gieße ich im Mai, da ploppt ein Kopf hinterm Zaun hervor, how are you, LaSimona? Just a quick reminder, the Wedding is in July/August. Jo, weiß Bescheid (copy paste).
So trage ich eine Topfpflanze im Juni von A nach B, […] Just a quick reminder, the Wedding is in July/August. Jo, weiß Bescheid. Great, but! Wir müssen die Gartenmauer einreißen und schöner bauen, you know, the Wedding. Drei Tage kein Garten, aber jetzt eine schönere Mauer. Fand sogar ich als Berlinerin.
So mähe ich Anfang Juli und topfpflanze und gieße, how are you, LaSimona? Just a quick reminder, the Wedding is in July/August. Jo, weiß Bescheid. Great, but please don’t forget, keine Beete, bitte pflanze nichts in den Boden, because the Wedding […]. Zelt, laut, niedertrampeln, Gras weg, Blumen verendet.
Ich lächle also und frage die Vermieterin, Mutter des angehenden Bräutigams, ob sie sich freut und ob schon alles vorbereitet ist. Und denke insgeheim: Wenn ich noch einmal das Wort Wedding höre, fliegen Töpfe. Und derer habe ich reichlich!
LaSimona schreibt seit Oktober 2014 für den Weddingweiser und zog im Oktober 2015 nach London, genauer Goodmayes/Ilford. Seither arbeitet sie als sogenannter Publications Officer für die Deutsche Schule London und kümmert sich um den Neuaufbau der Schulwebseite und alle Printpublikationen.
Auch ganz nebenbei:
Der Wedding richtet ein Flüchtlingscamp für die Taffies und die Sassenach ein.
In der Londoner Str. 🙂
Du hast vergessen, den Vermieter jedes Mal daran zu erinnern, dass Du zur Feier kommen wirst.