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Benimm à la Wedding

21. November 2012
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© pixel­roi­ber

Das ist passiert

Mit der neu­en, engen Hose schlen­der­te ich fröh­lich durch den Kiez und muss­te am Leo­pold­platz an einer Grup­pe jun­ger Män­ner vor­bei. Man sah mich, man bemerk­te mich und fing offen­sicht­lich an über mich zu tuscheln. Als ich an den Fün­fen vor­bei ging, rief einer mit deut­lich tür­ki­schem Akzent „Hey, schö­nes Weib!“. Ich grins­te freund­lich vor mich hin und setz­te mei­nen Weg unbe­irrt fort. Ein Kum­pel kicher­te und ver­bes­ser­te lei­se „Das heißt ‚Bei­ne’.“ Typ Num­mer Eins kor­ri­gier­te laut­hals „Hey – schö­nes Bei­ne!“. Spon­ta­nes Geläch­ter in der Grup­pe. Ich dreh­te mich im Wei­ter­ge­hen um, lach­te dabei, aber ich konn­te lei­der nicht mehr hören, was die Jungs unter­ein­an­der bespro­chen haben.

Das steckt sprachlich dahinter

Fazit der fröh­li­chen Kiez­be­geg­nung: Weib und Bein zu ver­wech­seln kann zu Kom­mu­ni­ka­ti­ons­hür­den füh­ren. Im Tür­ki­schen sind es zwei grund­ver­schie­de­ne Wor­te, näm­lich karı und bacak. Letz­te­res könn­te mit bard­ak (Glas) ver­wech­selt wer­den, aber das soll hier nicht The­ma sein.

Wir ler­nen: Man sagt z.B. „Hey, schö­nes Weib!“. Oder „Hey, schö­ne Frau!“ wenn einem das Gesamt­erschei­nungs­bild gefällt. Wenn es nur um die unte­ren Extre­mi­tä­ten geht, wäre „Hey, schö­ne Bei­ne!“ ein Anfang. Auch wenn das für Mut­ter­sprach­ler wegen des kom­plett unter­schied­li­chen Auf­baus der tür­ki­schen Gram­ma­tik eine ech­te Hür­de ist, drü­cken wir uns bes­ser in einem voll­stän­di­gen Satz aus, da im deut­schen Satz­bau „Bei­ne“ gram­ma­ti­ka­lisch Sub­jekt sind und inso­fern eigent­lich nicht direkt ange­spro­chen wer­den kön­nen. Außer genau das ist der Sinn des Ausrufs.

Wir sagen also: „Hey, Du hast schö­ne Bei­ne!“ mit Beto­nung auf „schö­ne“ oder „Bei­ne“, je nach dem was man genau meint. Man kann vari­ie­ren, denn mög­li­cher­wei­se möch­te man die Dame ja öfter anspre­chen oder gleich die nächs­te dahin­ter auch, dann ist es blöd, wenn immer nur der glei­che Satz zu hören ist. Eine ein­fa­che Vari­an­te ergibt sich durch Wort­dre­hun­gen: „Hey, schö­ne Bei­ne hast Du“. Hier bie­tet sich die Beto­nung auf „schö­ne“ an. Voka­bel-Vari­an­ten sind z.B.: schö­ne Augen (güzel göz­ler), schö­ne Haa­re (güzel saçlar) oder, all­ge­mei­ner, schö­nes Haar (güzel saç) (Der deutsch­spra­chi­ge Leser wird an die­ser Stel­le bemer­ken, dass Adjek­ti­ve im Tür­ki­schen nicht gebeugt wer­den müs­sen. Prak­tisch, oder?)

Das sollte man aber beachten

Und wir beden­ken bei Begeis­te­rungs­aus­brü­chen die­ser Art: Immer freund­lich lächeln, eine offe­ne, läs­si­ge Kör­per­hal­tung ein­neh­men, auch ein klei­nes, aner­ken­nen­des Nicken mit dem Kopf ist ange­mes­sen. Kei­nes­wegs auf die Dame-des-Gefal­lens zuge­hen, bis die­se nicht ein­deu­tig signa­li­siert hat, dass sie das möch­te. Falls sie nicht oder womög­lich ver­är­gert reagiert, bit­te nicht ent­täuscht oder gar gekränkt sein. Es pas­siert den char­man­tes­ten Kava­lie­ren, dass sie einen „Korb“ bekom­men, vul­go “voll krass abblit­zen“. Hier­zu sagt ein deut­sches Sprich­wort: Ein neu­er Tag, ein neu­es Glück. Apro­pos: Bei Nacht oder an schlecht beleuch­te­ten Orten unter­las­sen wir solch ein Anspre­chen tun­lichst, da es Frau­en im All­ge­mei­nen eher ver­un­si­chert als erfreut. Dass sich obs­zö­ne Ges­ten, auch in zar­tes­ter Andeu­tung, bei die­ser Art von Kom­mu­ni­ka­ti­on von selbst ver­bie­ten, sei hier nur der Voll­stän­dig­keit hal­ber erwähnt.

Autorin: Anke Rommel

Gastautor

Als offene Plattform veröffentlichen wir gerne auch Texte, die Gastautorinnen und -autoren für uns verfasst haben.

8 Comments

  1. Ob der Bei­trag sinn­voll ist oder nicht, sei dahin­ge­stellt – wo fin­det ihr in dem Bei­trag aber eine her­ab­las­sen­de Ein­stel­lung? Ist es nicht gut und rich­tig, sich wirk­lich auf­ein­an­der ein­zu­las­sen und nicht nur anein­an­der vor­bei­zu­le­ben? Sich damit zu befas­sen, was hin­ter einem ver­meint­lich ärger­li­chen Ver­hal­ten steckt, und das Gan­ze auch noch humor­voll zu neh­men, ist doch wah­rer Respekt vor Men­schen, die aus ande­ren Kul­tu­ren stammen.

  2. Kommt drauf an, mit wem man es kon­kret zu tun hat … 😀
    Ein­fach mal “die Tür­ken” (alter­na­tiv auch “die Ara­ber”, “die Polen”, “die Roma” usw. …) nicht immer so über einen Kamm sche­ren – das fän­de ich gut!

    • Ganz abge­se­hen davon, dass im Wed­ding bei Wei­tem nicht nur Türk_innen leben, ganz im Gegen­teil! Schlimm genug, dass trotz­dem alle “aus­län­disch aus­se­hen­den” Men­schen hier pau­schal als sol­che bezeich­net werden.
      Pein­li­cher und her­ab­las­sen­der Bericht, des­sen Ver­öf­fent­li­chung ich für einen “Griff ins Klo” halte.

  3. ????????
    Um mal kurz rich­tig zu stellen:
    KEIN Mensch wür­de eine Frau in der Tür­kei mit “Hey, schö­ne Bei­ne” (= “Ej, güzel bacaklar”) anspre­chen, weil dich sich näm­lich – mal rein gram­ma­ti­ka­lisch – gar nicht ange­spro­chen füh­len wür­de … (Wenn über­haupt bedürf­te es immer noch eines “Ej, güzel bacaların var” …)

    Aber so oder so – was möch­test Du eigent­lich mit dem Bei­trag zum Aus­druck bringen?!?!?!?!

    • Unab­hän­gig von sprach­li­chen Fein­hei­ten soll es aber auch so sein, dass Ver­hal­tens­wei­sen und Aus­spra­chen von Tür­ken in Ber­lin erheb­lich davon abwei­chen, was in der Tür­kei so üblich ist. Wie sind da dei­ne Erfahrungen?

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