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Baukulturelles Erbe – Schmuckausstattung in Weddinger Mietshäusern

1. November 2020
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  Der Wed­ding wird zumeist mit Ver­wahr­lo­sung und sozia­len Pro­ble­men gleich­ge­setzt. Die­ses Stig­ma ver­deckt den Blick auf das bau­kul­tu­rel­le Erbe des Miet­woh­nungs­baus, das es zu doku­men­tie­ren, zu erfor­schen und zu erhal­ten gilt. Unse­re Autorin hat sich umgesehen.

Früherer Glanz

Schmuckausstattung in Form von Stuck„Gra­be, wo du stehst“ – das Mot­to des schwe­di­schen Schrift­stel­lers Sven Lind­q­vist (1932−2019) wur­de in den 1980er Jah­ren Aus­gangs­punkt für Bür­ger und Bür­ge­rin­nen, die Geschich­te ihrer Stadt oder ihres Wohn­vier­tels zu erfor­schen. Für mich hieß das, mit dem Miets­haus anzu­fan­gen, in dem ich seit Jah­res­be­ginn 2020 in der Nähe des Leo­pold­plat­zes woh­ne. Zwar ist die Fas­sa­de des 1907 errich­te­ten Hau­ses inzwi­schen geglät­tet und der Innen­hof ein­fach asphal­tiert, doch die Innen­aus­stat­tung des Haus­flu­res ließ den frü­he­ren Glanz erah­nen: Wand­fries und Stuck­ver­zie­run­gen, höl­zer­ne Woh­nungs­tü­ren und Trep­pen­ge­län­der, metal­le­ne Brief­klap­pen und Tür­klop­fer, Kera­mik­flie­sen und Glas­ma­le­rei – hier zeigt sich aller­or­ten der Wil­len des Erbau­ers, ästhe­ti­sche Ansprü­che im Miet­woh­nungs­bau zu verwirklichen.

Nach die­sen Ent­de­ckun­gen hat­te ich das Smart­phone stän­dig dabei, wenn ich im Wed­ding unter­wegs war. Wo immer eine Haus­tür offen­stand, schlüp­fe ich hin­ein und foto­gra­fier­te. Auch folg­te ich der Müll­ab­fuhr, deren „Vor­aus­kom­man­do“ ganz Stra­ßen­zü­ge mit geöff­ne­ten Ein­gangs­tü­ren hin­ter­ließ – und ich setz­te mich dabei tap­fer miss­traui­schen Blick aus. Dann star­te­te ich einen Auf­ruf in der Nach­bar­schafts­platt­form nebenan.de. Auf die­se Wei­se habe ich in den letz­ten Mona­ten immer­hin in etwa drei Dut­zend Miets­häu­ser, vor allem rund um den Leo­pold­platz, im Brüs­se­ler- und in Spren­gel­kiez, hin­ein­se­hen und dort foto­gra­fiert können.

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Wunderschöne Glasmalerei

Die Brief­klap­pen wei­sen eine Viel­zahl unter­schied­li­cher Model­le auf, erkenn­bar an den ver­schie­de­nen Schrift­ar­ten. In einem Haus in der Max­stra­ße erzähl­te mir eine Bewoh­ne­rin, dass der Post­bo­te tat­säch­lich noch immer durch die gan­zen Stock­wer­ke läuft, um die Post  durch die ein­zel­nen Klap­pen in die Woh­nungs­flu­re zu wer­fen. Die Woh­nungs­tü­ren sind als Kas­set­ten­tü­ren und mit Glas­fül­lun­gen im obe­ren Bereich gestal­tet und häu­fig von Tür­krän­zen gerahmt. Ihre Schnit­ze­rei­en sind, wie die meis­ten Glas­fens­ter, durch Anstri­che über­deckt. Bis heu­te haben sich Wand­flie­sen in schö­ner Jugend­stil­or­na­men­tik erhal­ten. Far­bi­ge Boden­flie­sen der Ein­gangs­be­rei­che sind oft wie gemus­ter­te Tep­pi­che ver­legt. Beson­ders ange­tan hat es mir die vari­an­ten­rei­che Glasmalerei.

Schaue ich mir die Objek­te an, stel­len sich mir vie­le Fra­gen: Aus wel­cher Zeit stam­men die jewei­li­gen Schmuck­ele­men­te? Wer hat die Mus­ter der Wand- und Boden­flie­sen, wer die Moti­ve der Glas­ma­le­rei­en ent­wor­fen? Was ist ori­gi­nal erhal­ten, was wur­de in spä­te­rer Zeit nach­ge­baut? Wel­che Tisch­ler, Maler, Gla­ser oder Stu­cka­teu­re haben die Arbei­ten ausgeführt?

Mein nächs­ter Schritt ist die Suche nach spe­zi­el­ler Lite­ra­tur zum The­ma Schmuck­aus­stat­tung, die mir hel­fen soll, mei­ne Fra­gen zu beant­wor­ten. Auch Hin­wei­se auf kun­di­ge Ansprech­part­ne­rIn­nen neh­me ich ger­ne entgegen!

 

 

 

 

 

 

2 Comments

  1. Ich emp­feh­le zu die­sem The­ma das Buch von Vol­ker Hüb­ner: Ber­li­ner Trep­pen. In den 1990iger Jah­ren hat er in ver­schie­de­nen Stadt­tei­len Füh­run­gen zu Ber­li­ner Trep­pen­häu­sern gemacht und dabei Sozi­al­ge­schich­te erschlos­sen und zwar bei den “Ber­li­ner Autorenführungen”.

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