Die Termine stehen bereits fest, die Stände sind schon längst ausgebucht: Dem weihnachtlichen Weddingmarkt sollte eigentlich nichts mehr im Weg stehen. An den drei Adventssonntagen im Dezember (6., 13. und 20.) wird man auf dem Leopoldplatz wieder die Möglichkeit haben, sich nach besonderen Weihnachtsgeschenken umzuschauen, die als Einzelstück oder in Kleinserien von lokalen Kleinbetrieben produziert werden. Ob es dabei bleibt?
In Zeiten wie diesen weiß man nie. „Wir warten hier alle ab“, sagt Sabrina Pützer, die den Weddingmarkt organisiert. „Weil sich derzeit die Vorschriften teilweise zweimal die Woche ändern, kann keiner mit Sicherheit sagen, ob die Weddingmärkte im Dezember tatsächlich so, wie wir sie planen, stattfinden können. Wir bereiten uns vor.“ Vor allem die Kommunikation mit dem Ordnungsamt sei in der Corona-Krise extrem schwierig geworden, berichtet sie. Weil der Weddingmarkt sonntags stattfinde und dort auch neue Waren angeboten werden, benötige sie Sondergenehmigungen des Amtes: „Beim Markt vom 20. September kamen diese Genehmigungen erst zwei Tage vorher. Das Ordnungsamt ist wegen Corona total überlastet. Teilweise werden utopische Unterlagen eingefordert, die man in der kurzen Zeit beim besten Willen nicht zusammenbringen kann. Am schlimmsten war aber diese Unsicherheit, ob der Markt überhaupt stattfinden kann.“
Eigentlich waren in diesem Sommer ja wieder fünf monatliche Märkte geplant – nur der letzte davon konnte tatsächlich stattfinden, unter Einschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie selbstverständlich: Aber auch ohne Biertische und ohne Tanzen war die Stimmung toll, zumal auch das Wetter mitspielte an einem der letzten Sommertage des Jahres. Der Weddingmarkt im September war ein riesiger Erfolg.
Markt unter Corona-Bedingungen
Für die weihnachtlichen Weddingmärkte befürchtet Sabrina Pützer jetzt zusätzliche Einschränkungen: „Die würden auch ohne Glühwein funktionieren“, so meint sie, „davon hängt die Stimmung bei uns nicht ab, ein Alkoholverbot würden wir verkraften.“ Am schlimmsten wäre es für sie, wenn kurzfristig die maximale Anzahl der Stände reduziert werden würde: „Wenn statt der 80 Stände, die ja schon ausgebucht und zugesagt sind, auf einmal vielleicht nur noch 50 zulässig wären und ich mich entscheiden müsste, welchen der Händler ich absagen müsste Das wäre die Katastrophe, vor dieser Situation habe ich tatsächlich Angst.“ Denn für viele der kreativen Kleinproduzenten seien die Bedingungen in diesem Jahr extrem schwer, die ersten Betriebe hätten auch schon aufgeben müssen. „Die Händler sind auf die Einnahmen aus dem Weihnachtsgeschäft angewiesen und brauchen die Umsätze vom Leopodlplatz dringend. Da hängen viele Existenzen dran!“
Weddingmarkt-Elemente in Karstadt integrieren?
Mit dem Weddingmarkt wird auf der anderen Seite auch politisch argumentiert, zum Beispiel von Mittes Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel im (vorerst erfolgreichen) Kampf gegen die Schließung des Karstadt am Leopoldplatz. Der hatte öffentlich vorgeschlagen, Elemente des Weddingmarktes in den regulären Betrieb des Warenhauses zu integrieren, um diesem mehr Attraktivität für neue, jüngere Kundengruppen zu verschaffen. Sabrina Pützer hat das damals erfreut registriert: „Ich hatte mit Herrn von Dassel darüber vorher nicht gesprochen, das kam völlig überraschend.“ Sie hat daraufhin den Kontakt mit der Geschäftsleitung von Karstadt aufgenommen und auch schon ein Gespräch geführt. Allerdings sei man dort angesichts der Turbulenzen um die Insolvenz und die drohende Schließung noch zu überfordert gewesen. „Ich könnte mir eine Kooperation mit Karstadt aber gut vorstellen“, meint die Veranstalterin des Weddingmarktes, „wenn sich ein Warenhaus lokal öffnen würde, könnte das meiner Ansicht nach gut funktionieren.“
Und wahrscheinlich gibt es kaum einen anderen Ort in Deutschland, wo man eine derartige Weiterentwicklung des Konzeptes „Warenhaus“ so gut ausprobieren könnte wie am Weddinger Leopoldplatz – außer vielleicht am Hermannplatz, wo Galeria Karstadt Kaufhof mit dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg um die erlaubten Dimensionen des neuen Kaufhausgebäudes ringt.
Dieser Artikel wurde verfasst, bevor der zweite Lockdown beschlossen wurde. Ob die Weihnachtsmärkte im Dezember tatsächlich stattfinden können, hängt also auch davon ab, ob dieser Lockdown verlängert wird oder nicht.
Autor: Christof Schaffelder
Dieser Artikel über den Weihnachtlichen Weddingmarkt erschien zuerst in der November-Ausgabe der Zeitschrift “Ecke Müllerstraße”.