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Bagger bringen Ärger in interkulturellen Garten Seestraße

7. Dezember 2020
Interkultureller Garten Seestraße
Fami­li­en aus dem Wed­ding, die im inter­kul­tu­rel­len Gar­ten in der See­stra­ße aktiv sind. Foto: Hensel

Auf dem ehe­ma­li­gen Gelän­de des Hau­ses der Gesund­heit in der Rei­ni­cken­dor­fer Stra­ße sind der­zeit Bag­ger in Akti­on. Sie machen Platz für den Neu­bau einer Grund­schu­le. Bis Janu­ar 2024 soll hier ein Schul­neu­bau ent­ste­hen. 576 Schü­ler sol­len hier ein­mal in einer vier­zü­gi­gen Grund­schu­le ler­nen. Die Fami­li­en, die seit vie­len Jah­ren im Inter­kul­tu­rel­len Gar­ten im Schul-Umwelt-Zen­trum (SUZ) direkt hin­ter der Bau­stel­le gärt­nern, sehen die soge­nann­te Bau­feld­frei­ma­chung mit gemisch­ten Gefüh­len. Auch wenn sie das Ent­ste­hen einer Schu­le begrü­ßen, fürch­ten sie um ihren Garten.

Für den Schul­neu­bau muss das SUZ, das wie die künf­ti­ge Schu­le vom Bezirk betrie­ben wird, auf eine Teil­flä­che ver­zich­ten. Eine Holz­wand wur­de bereits auf­ge­stellt, die die neue Gren­ze mar­kiert. Eini­ge Obst­bäu­me und ein Gewächs­haus des SUZ befin­den sich nun auf dem künf­ti­gen Schul­ge­län­de. „Geplant ist, dass ein Teil der heu­ti­gen Flä­chen des SUZ von der Schu­le und dem SUZ gemein­sam genutzt wer­den sol­len, zum Bei­spiel Flä­chen für Schul­gar­ten und Gym­nas­tik­wie­se“, erklärt Lau­ra San­der von der Pres­se­stel­le des Bezirksamts.

Die Koope­ra­ti­on der Ein­rich­tun­gen ist laut Bezirks­amt fes­ter Bestand­teil der Pla­nun­gen. Wie die Koope­ra­ti­on genau aus­se­hen wird, kön­ne der­zeit noch nicht gesagt wer­den, „da die Schu­le nicht vor 2024 in Betrieb gehen wird, also per heu­te auch kei­ne Schul­ge­mein­schaft und Schul­lei­tung exis­tiert, gibt es dazu noch kei­ne kon­kret ver­ab­re­de­ten Plä­ne“. Die­se Zusam­men­ar­beit sei aber „unab­ding­bar und wer­den recht­zei­tig vor­her vereinbart“.

Zaun im interkulturellen Garten
Eine Wand durhschnei­det jetzt die Kräu­ter­spi­ra­le. die Flä­che dahin­ter geht wegen des Schul­neu­baus für die Gärt­ner ver­lo­ren. Foto: Hensel

Weil SUZ und Grund­schu­le in einer Hand sind, soll­te einer engen Zusam­men­ar­beit wenig im Weg ste­hen. Die 13 Fami­li­en aus zwölf Natio­nen, die im Inter­kul­tu­rel­len Gar­ten im SUZ seit 16 Jah­ren gärt­nern, sind hin­sicht­lich die­ser Zusam­men­ar­beit aber skep­tisch. „Es gab ein Gespräch mit Bezirks­stadt­rat Spal­lek und der Schul­auf­sicht“, sagt Rai­ner Sau­ter vom För­der­ver­ein des SUZ, „wir fühl­ten uns dabei aber abge­wim­melt“. Die Fami­li­en des Inter­kul­tu­rel­len Gar­tens hät­ten sich gewünscht, dass sie stär­ker in die Pla­nung ein­be­zo­gen wür­den. Immer­hin bestell­ten sie seit Jah­ren eine Teil­flä­che und sei­en auch für das SUZ ein guter Partner.

Die Gärt­ner sehen sich auf dem Gelän­de als sta­bi­li­sie­ren­des Ele­ment. Rai­ner Sau­ter, der frü­her auch Jugend­stadt­rat im Bezirk Wed­ding war und die Geschich­te kennt, erklärt, war­um der Inter­kul­tu­rel­le Gar­ten einst ent­stand: „Am Wochen­en­de, wenn die Gar­ten­ar­beits­schu­le geschlos­sen war, gab es oft Van­da­lis­mus, bee­te wur­den zer­tram­pelt. Die Idee war, dass durch den inter­kul­tu­rel­len Gar­ten auch am Wochen­en­de jemand aus der Nach­bar­schaft vor Ort ist. Das hat auch funktioniert!“

Die Gärt­ner berich­ten, das es jetzt seit vie­len Jah­ren eine ver­trau­ens­vol­le Zusam­men­ar­beit mit dem SUZ gibt. Wenn Per­so­nal fehlt, jemand krank ist oder in die­sem Som­mer wegen Coro­na kein Mit­ar­bei­ter des SUZ in den Gar­ten durf­te, dann hät­ten die Nach­barn aus dem inter­kul­tu­rel­len Gar­ten das Gie­ßen der Schul­bee­te über­nom­men. Die­se gute Zusam­men­ar­beit ist den Gärt­nern wich­tig, doch jetzt befürch­ten sie, wegen der knap­pen wer­den­den Flä­che ver­drängt zu wer­den. Denn wenn jetzt auch nur ein klei­ner, aus ihrer Sicht aber wich­ti­ger Teil des Gar­tens der künf­ti­gen Schu­le zuge­schla­gen wird, befürch­ten die Gärt­ner, „dass eine wei­te­re Ver­klei­ne­rung oder gar kom­plet­te Bebau­ung der Flä­che in Zukunft droht“.

Plan Grundstücke Reinickendorfer Straße/Seestraße
Der Plan zeigt: Links ent­steht die Schu­le, rechts dane­ben ist das Schul-Umwelt-Zen­trum. Foto: Hensel

Das Bezirks­amt bewer­tet die Betei­li­gung im Vor­feld der Bau­maß­nah­me anders: „Im Rah­men der von der Senats­ver­wal­tung orga­ni­sier­ten Par­ti­zi­pa­ti­ons­ge­sprä­che wur­den unter­schied­li­che Akteu­re betei­ligt“. Betei­ligt gewe­sens sei­en des Bezirks­amt als Trä­ger von SUZ und künf­ti­ger Schu­le und die Senats­bil­dungs­ver­wal­tung, die die päd­ago­gi­sche Arbeit am SUZ durch­führt. „Hin­wei­se des För­der­ver­eins sowie der Mit­glie­der des Inter­kul­tu­rel­len Gar­tens wur­den dis­ku­tiert“, so erklärt Lau­ra San­der für das Bezirksamt.

Die Gärt­ner wis­sen, ihre Chan­cen ste­hen nicht gut, weil bei­de Grund­stü­cke dem Bezirk gehö­ren. Sie sehen sich daher aber auch als die­je­ni­gen, die als ein­zi­ge der Betei­lig­ten die Mög­lich­keit haben, die Hand zu heben und einen Flä­chen­kon­flikt zu rekla­mie­ren, der aus ihrer Sicht mode­riert wer­den soll­te. Sie wol­len ange­hört wer­den, ihre Fra­gen stel­len und Vor­schlä­ge vor­brin­gen dür­fen, um ihren Gar­ten mög­lichst zu erhal­ten. Sie haben sich daher auch an Bezirks­bür­ger­meis­ter Ste­phan von Das­sel gewandt. Ein Gespräch ist wegen Coro­na jedoch noch nicht zustan­de gekommen.

Einen Wunsch der gärt­nern­den Nach­barn könn­te das Bezirks­amt indes mög­li­cher­wei­se doch erfül­len: „Es wird der­zeit geprüft, auf eine Teil­flä­che des Stra­ßen­be­gleit­grüns in einer Brei­te von vier Metern in der See­stra­ße vor dem Grund­stück zuguns­ten des Schul-Umwelt-Zen­trums zu ver­zich­ten“. Die­se Flä­che könn­te dann den Flä­chen­ver­lust durch den Schul­neu­bau zumin­dest etwas ausgleichen.

Baustelle Reinickendorfer Straße
Bau­feld­frei­ma­chung: Hier ent­steht eine Grund­schu­le. Foto: Hensel

 

Dominique Hensel

Dominique Hensel lebt und schreibt im Wedding. Jeden zweiten Sonntag gibt sie hier den Newsüberblick für den Stadtteil. Die gelernte Journalistin schreibt für den Blog gern aktuelle Texte - am liebsten zu den Themen Stadtgärten, Kultur, Nachbarschaft und Soziales. Hyperlokal hat Dominique es auf jeden Fall am liebsten und beim Weddingweiser ist sie fast schon immer.

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