Auf dem ehemaligen Gelände des Hauses der Gesundheit in der Reinickendorfer Straße sind derzeit Bagger in Aktion. Sie machen Platz für den Neubau einer Grundschule. Bis Januar 2024 soll hier ein Schulneubau entstehen. 576 Schüler sollen hier einmal in einer vierzügigen Grundschule lernen. Die Familien, die seit vielen Jahren im Interkulturellen Garten im Schul-Umwelt-Zentrum (SUZ) direkt hinter der Baustelle gärtnern, sehen die sogenannte Baufeldfreimachung mit gemischten Gefühlen. Auch wenn sie das Entstehen einer Schule begrüßen, fürchten sie um ihren Garten.
Für den Schulneubau muss das SUZ, das wie die künftige Schule vom Bezirk betrieben wird, auf eine Teilfläche verzichten. Eine Holzwand wurde bereits aufgestellt, die die neue Grenze markiert. Einige Obstbäume und ein Gewächshaus des SUZ befinden sich nun auf dem künftigen Schulgelände. „Geplant ist, dass ein Teil der heutigen Flächen des SUZ von der Schule und dem SUZ gemeinsam genutzt werden sollen, zum Beispiel Flächen für Schulgarten und Gymnastikwiese“, erklärt Laura Sander von der Pressestelle des Bezirksamts.
Die Kooperation der Einrichtungen ist laut Bezirksamt fester Bestandteil der Planungen. Wie die Kooperation genau aussehen wird, könne derzeit noch nicht gesagt werden, „da die Schule nicht vor 2024 in Betrieb gehen wird, also per heute auch keine Schulgemeinschaft und Schulleitung existiert, gibt es dazu noch keine konkret verabredeten Pläne“. Diese Zusammenarbeit sei aber „unabdingbar und werden rechtzeitig vorher vereinbart“.
Weil SUZ und Grundschule in einer Hand sind, sollte einer engen Zusammenarbeit wenig im Weg stehen. Die 13 Familien aus zwölf Nationen, die im Interkulturellen Garten im SUZ seit 16 Jahren gärtnern, sind hinsichtlich dieser Zusammenarbeit aber skeptisch. „Es gab ein Gespräch mit Bezirksstadtrat Spallek und der Schulaufsicht“, sagt Rainer Sauter vom Förderverein des SUZ, „wir fühlten uns dabei aber abgewimmelt“. Die Familien des Interkulturellen Gartens hätten sich gewünscht, dass sie stärker in die Planung einbezogen würden. Immerhin bestellten sie seit Jahren eine Teilfläche und seien auch für das SUZ ein guter Partner.
Die Gärtner sehen sich auf dem Gelände als stabilisierendes Element. Rainer Sauter, der früher auch Jugendstadtrat im Bezirk Wedding war und die Geschichte kennt, erklärt, warum der Interkulturelle Garten einst entstand: „Am Wochenende, wenn die Gartenarbeitsschule geschlossen war, gab es oft Vandalismus, beete wurden zertrampelt. Die Idee war, dass durch den interkulturellen Garten auch am Wochenende jemand aus der Nachbarschaft vor Ort ist. Das hat auch funktioniert!“
Die Gärtner berichten, das es jetzt seit vielen Jahren eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem SUZ gibt. Wenn Personal fehlt, jemand krank ist oder in diesem Sommer wegen Corona kein Mitarbeiter des SUZ in den Garten durfte, dann hätten die Nachbarn aus dem interkulturellen Garten das Gießen der Schulbeete übernommen. Diese gute Zusammenarbeit ist den Gärtnern wichtig, doch jetzt befürchten sie, wegen der knappen werdenden Fläche verdrängt zu werden. Denn wenn jetzt auch nur ein kleiner, aus ihrer Sicht aber wichtiger Teil des Gartens der künftigen Schule zugeschlagen wird, befürchten die Gärtner, „dass eine weitere Verkleinerung oder gar komplette Bebauung der Fläche in Zukunft droht“.
Das Bezirksamt bewertet die Beteiligung im Vorfeld der Baumaßnahme anders: „Im Rahmen der von der Senatsverwaltung organisierten Partizipationsgespräche wurden unterschiedliche Akteure beteiligt“. Beteiligt gewesens seien des Bezirksamt als Träger von SUZ und künftiger Schule und die Senatsbildungsverwaltung, die die pädagogische Arbeit am SUZ durchführt. „Hinweise des Fördervereins sowie der Mitglieder des Interkulturellen Gartens wurden diskutiert“, so erklärt Laura Sander für das Bezirksamt.
Die Gärtner wissen, ihre Chancen stehen nicht gut, weil beide Grundstücke dem Bezirk gehören. Sie sehen sich daher aber auch als diejenigen, die als einzige der Beteiligten die Möglichkeit haben, die Hand zu heben und einen Flächenkonflikt zu reklamieren, der aus ihrer Sicht moderiert werden sollte. Sie wollen angehört werden, ihre Fragen stellen und Vorschläge vorbringen dürfen, um ihren Garten möglichst zu erhalten. Sie haben sich daher auch an Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel gewandt. Ein Gespräch ist wegen Corona jedoch noch nicht zustande gekommen.
Einen Wunsch der gärtnernden Nachbarn könnte das Bezirksamt indes möglicherweise doch erfüllen: „Es wird derzeit geprüft, auf eine Teilfläche des Straßenbegleitgrüns in einer Breite von vier Metern in der Seestraße vor dem Grundstück zugunsten des Schul-Umwelt-Zentrums zu verzichten“. Diese Fläche könnte dann den Flächenverlust durch den Schulneubau zumindest etwas ausgleichen.
[osm_map_v3 attribution=“WARNING: Display attribution is not enabled. It may violate the license of data and map and have legal consequences!” map_center= “52.5558,13.3644” zoom=“17” width=“95%” height=“450” map_border=“thin solid ” post_markers=“1” control=”” bckgrndimg=”” ]