Heiraten und Wedding ist nicht nur für Englisch sprechende Menschen das gleiche Wort. Seit 30 Jahren ist das Brautmodengeschäft „Happy Day“ im Norden der Müllerstraße für Paare aus ganz Berlin und drum herum eine gefragte Adresse. Nicht nur Hochzeitskleider sind hier im Angebot, sondern auch Accessoires und die ganze Organisation der Feier. Wer will, kann für die Fahrt zum Traualtar oder Standesamt auch ein Cabrio mieten – natürlich in weiß.
Im Mai 1992 gründete Sabine Luczak mit ihrem Mann den Laden, seit 1995 erstreckt sich das große Geschäft von der Müllerstraße 116 ‑117. Auf die Frage, warum sie sich damals für den Wedding entschieden hätten, antwortet Frau Luczak: „Damals war die Müllerstraße noch eine Einkaufsstraße – von hier bis zum Leopoldplatz. Neben uns war ein Geschäft für Abendmode, auf der anderen Seite ein Herrenausstatter.“ Viel hat sich seither verändert. Ein Traditionsgeschäft nach dem anderen hat mittlerweile den Wedding verlassen. Und auch das Heiraten folgt heute anderen Regeln als damals. „Es kommen nicht mehr die ganz Jungen.“ Damit meint Frau Luczak Paare unter 20. „Heute fängt das mit 25 an. Dafür haben wir öfter Paare, die nach 10–15 Jahren Partnerschaft sicher sind, dass sie zusammen passen.“ Die Hochzeitskleider sind leichter und luftiger geworden. „Mit den Kleidern von heute hätte sich damals niemand in die Kirche getraut“, sagt sie und fährt zum Beweis mit der Hand unter ein Kleid mit Spitzenoberteil. Die Hand bleibt sichtbar. „Bei einer Trauung auf dem Standesamt oder bei einer freien Trauung ist eben alles etwas lockerer.“, weiß Frau Luczak. Und für die Jahre nach der Hochzeit hat „Happy Day“ auch Kleider und Kerzen für die Taufe und die katholische Kommunion.
Doch Ende Juni 2022 wird das Hochzeitsparadies seine Pforten schliessen. Jetzt stehen selbst die Schaufensterpuppen zum Verkauf. „Irgendwo mussten wir anfangen“, sagt sie. Ein Nachfolger hat sich nicht gefunden. Der letzte Kaufinteressent sprang während der Corona-Zeit ab. Die zwei Jahre der Pandemie gaben den letzten Ausschlag für die Schließung des Geschäftes. Denn die andauernde Pandemie war keine Hochzeit für Hochzeitskleider. „Die Paare heirateten erst einmal standesamtlich. Dafür reichte den Meisten ein leichtes Sommerkleid. Für große Feiern gab es Beschränkungen und kein gastronomisches Angebot. Also wurden die Feiern verschoben und die Trauung in Weiß auch.“ Selbst die zwei magischen Hochzeitstermine im Jahr 2022: Der 2.2.22 und der 22.2.22 haben hieran nicht viel geändert. „Vielleicht zehn Paare sind gekommen, denen der Termin wichtig war“, winkt Frau Luczak ab.
Sie zeigt noch einmal in dem geräumigen Laden umher. Bis unter die Decke hängen unerfüllte Träume in creme, champagner oder ivory – den Farben, die bei modernen Brautkleidern schon lange in Mode sind. Von 500 bis 2.500 Euro reicht die Preisspanne. Bis zum Ende Juni 2022 sollen sie eine Käuferin gefunden haben. Dann ist endgültig Schluss. Bis zu 80 Prozent Preisnachlass gibt es bis dahin auf die Kleider. Am besten ist es, einen Termin mit Frau Luczak zu vereinbaren. Denn wie seit 30 Jahren nimmt sie sich für jede Kundin Zeit für eine individuelle Beratung.
It’s a nice day for a white wedding.
Happy Day, Brautmoden Berlin
Müllerstraße 116–117
13349 Berlin
Tel: 030 4514569, Email: [email protected]
Seit 30.9. geschlossen
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Wie schade!
Was soll nur aus der Müllerstraße werden, wenn immer mehr der traditionellen Geschäfte schliessen.