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Wissenschaft und Wohnen:
BHT liegt künftig an der Avenue der Hochhäuser

26. August 2023
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Ein fei­nes Lächeln umspielt die Lip­pen von Bau­stadt­rat Ephra­im Gothe (SPD), so als wol­le er sagen, dass er ein klein wenig stolz auf sein Geschick ist. Dann for­mu­liert er: Dass in der Trift­stra­ße und auf dem Augus­ten­bur­ger Platz nicht nur Hoch­schul­ge­bäu­de gebaut wer­den, “das haben wir als Bezirk raus­ver­han­delt”. Eines der neu­en Gebäu­de soll ein Hoch­haus wer­den. Es soll mit dem Job­Cen­ter und dem Haus Gras­hof auf einer Linie ste­hen. Ers­te Vari­an­ten sind in einer Aus­stel­lung in der Schil­ler­bi­blio­thek zu sehen.

Unab­ge­stimm­te Vari­an­ten für ein Hoch­haus am Augus­ten­bur­ger Platz. Gra­fik: Jahn, Mack & Partner

Unter der Über­schrift Wis­sen­schaft und Woh­nen ver­han­deln Poli­tik und Hoch­schu­le über Neu­bau. Die Grund­stü­cke, um die es geht, befin­den sich im Eigen­tum der Hoch­schu­le für Tech­nik Ber­lin (BHT). Den­noch wer­den, falls Glück und For­tu­ne mit­spie­len, auf die­sen Grund­stü­cken auch Woh­nun­gen ent­ste­hen. Den Stand der bis­lang erziel­ten Eini­gun­gen zeigt eine Aus­stel­lung mit sie­ben gro­ßen Tafeln (For­mat A0) in der Schil­ler­bi­blio­thek. Guckt es euch an vom 28. August bis 15. Oktober!

Raum für Wissenschaft und Wohnen

Die BHT hät­te den Platz in den zu bau­en­den Häu­sern gut und gern für sich allein gebrau­chen kön­nen. Denn obwohl Tei­le der Hoch­schu­le spä­ter in das Hexa­gon (ehe­mals Ter­mi­nal A des Flug­ha­fens Tegel) umzie­hen wer­den, wird die BHT im Wed­ding aus allen Näh­ten plat­zen. Seit Jah­ren mie­tet die Hoch­schu­le Außen­stand­or­te in der See­stra­ße, Schwe­den­stra­ße, Resi­denz­stra­ße und sogar in der vom Cam­pus weit ent­fern­ten Kur­fürs­ten­stra­ße. Doch für Wohn­raum gibt es im Her­zen des Wed­dings eben­falls einen drin­gen­den Bedarf. Zum Bei­spiel sucht die Senats­ver­wal­tung für Inte­gra­ti­on Flä­chen, um Unter­künf­te für Geflüch­te­te bau­en zu kön­nen und hat dafür seit eini­gen Jah­ren das Park­haus in der Trift­stra­ße im Blick. 

Plä­ne für Neu­bau nach dem Mot­to Wis­sen­schaft und Woh­nen gibt es für zwei Grund­stü­cke. Das eine ist das ange­spro­che­ne Park­haus. Es soll abge­ris­sen und mit fünf Eta­gen neu bebaut wer­den. Außer­dem spre­chen die Pla­ner über eine Bra­che am Augus­ten­bur­ger Platz (U‑Bahnhof Amru­mer Stra­ße). Hier soll ein Hoch­haus mit zwölf (oder mehr) Eta­gen und einer Höhe zwi­schen 40 und 60 Metern ent­ste­hen. Dann wür­de aus der Lim­bur­ger Stra­ße die Ave­nue der Hoch­häu­ser. Es ent­stün­de eine Linie, die vom Job­Cen­ter (rund 51 Meter Höhe) und dem Haus Gras­hof (rund 55 Meter Höhe) bis zum geplan­ten Neu­bau führt.

Drei Hoch­häu­ser auf einer Linie. Kar­te: OpenStreetMap

Noch wer­den Vari­an­ten dis­ku­tiert, die oben ver­öf­fent­lich­ten Zeich­nun­gen gel­ten als noch nicht abge­stimmt. Die in den neu­en Gebäu­den ent­ste­hen­den Flä­chen sol­len zwi­schen der BHT, Woh­nen und sozia­le Nut­zung auf­ge­teilt wer­den. Für den Bereich Woh­nen den­ken die Ver­hand­ler an Stu­den­ten, Mit­ar­bei­ter der Cha­ri­té und Geflüch­te­te. Bau­stadt­rat Ephra­im Gothe kann sich eine sol­che Mischung gut vor­stel­len, da Stu­den­ten am ehes­ten welt­of­fen und auf­ge­schlos­sen sei­en. Als sozia­le Infra­struk­tur nen­nen die sie­ben Tafeln eine Kita.

Die Ver­hand­lun­gen, die im Mai 2022 began­nen und noch wei­ter­ge­hen, ver­han­deln im Kern Bau­stadt­rat Ephra­im Gothe, die BHT und die Senats­ver­wal­tung für Wis­sen­schaft. In erwei­ter­ten Run­den sind Fach­ex­per­ten, bezirk­li­che Fachäm­ter, Woh­nungs­bau­ge­sell­schaf­ten, Cha­ri­té und Stu­den­ten der BHT mit am Tisch. Der Zeit­plan sieht vor, dass die Ver­hand­ler bis nächs­tes Jahr ein Eck­punk­te­pa­pier erar­bei­ten, in dem die Auf­ga­be für einen städ­te­bau­li­chen Wett­be­werb for­mu­liert wer­den. Ein Preis­ge­richt soll den Wett­be­werb Ende 2024 oder Anfang 2025 entscheiden.

BHT noch skeptisch

Inter­es­sant an dem ver­öf­fent­lich­ten Zeit­plan ist, dass das Wort “Bau­start” fehlt. Statt­des­sen nennt der Plan einen Hin­weis auf eine Rück­fall­op­ti­on. Falls der Umbau der ehe­ma­li­gen Flug­ha­fen­ge­bäu­de in Tegel – zum Bei­spiel aus Kos­ten­grün­den – schei­tert, dann erhält die BHT die Trift­stra­ße und den Augus­ten­bur­ger Platz für sich allein. Am Mon­tag (21.8) zeig­ten sich bei einer Info­ver­an­stal­tung zum Pro­jekt Wis­sen­schaft und Woh­nen Ver­tre­ter der BHT skep­tisch. Sie zähl­ten Minus­punk­te auf, die sich aus dem Teil­um­zug nach Tegel erge­ben. Ganz klar favo­ri­sie­ren sie die voll­stän­di­ge Nut­zung von Trift­stra­ße und Augus­ten­bur­ger Platz für die BHT. Umbau­kos­ten, Betriebs­kos­ten, man­geln­de Eig­nung des denk­mal­ge­schütz­ten Ter­mi­nals und nicht zuletzt die Tei­lung der Hoch­schu­le auf zwei Stand­or­te sprä­chen gegen TXL. Zudem habe die zurück­lie­gen­de Ent­wick­lung eine Rei­he von Ver­zö­ge­run­gen gezeigt. Posi­tiv for­mu­liert: Bei den Ver­tre­tern war die Ver­wur­ze­lung der BHT mit dem Wed­ding deut­lich zu spüren.

BHT braucht Platz

Der BHT feh­len Räu­me. Die Hoch­schu­le war einst für 6.000 Stu­den­ten aus­ge­legt und hat nun 13.000. An dem Platz­man­gel wird auch die anste­hen­de Eröff­nung der Labo­re in der Luxem­bur­ger Stra­ße wenig ändern. Grund­stein­le­gung für das von der BHT lie­be­voll WAL – Wed­din­ger Advan­ced Labo­ra­to­ries – genann­te Gebäu­de war im März 2021, Fer­tig­stel­lung soll 2024 sein. Den feh­len­den Flä­chen hat ein Gut­ach­ten der HIS GmbH vor mehr als zehn Jah­ren für die Hoch­schu­le aus­ge­rech­net. Das Minus beträgt 13.000 Qua­drat­me­ter. Zählt man die soge­nann­ten Neben­nut­zun­gen wie WCs und Flu­re hin­zu, feh­len der BHT nach eige­nen Berech­nun­gen 26.000 Quadratmeter. 

Gro­ße Tei­le die­ses Flä­chen­be­darfs soll­ten mit dem Neu­bau­ten geschafft wer­den. Kom­bi­niert man die jeweils drei dis­ku­tie­ren Bau­kör­per für die Trift­stra­ße und den Augus­ten­bur­ger Platz, so erge­ben sich sechs Mög­lich­kei­ten mit Flä­chen zwi­schen 34.000 Qua­drat­me­tern und 44.000 Quadratmetern.

Kurioses Detail zum Schluss

Am Augus­ten­bur­ger Platz woll­te der Bezirk Wed­ding in den 1950er Jah­ren eine Grund­schu­le bau­en. Dazu kam es nicht, weil das Land Ber­lin in den 1960ern plan­te, über die Amru­mer Sta­ße die West­tan­gen­te (Auto­bahn 103) zu füh­ren. Für auf­merk­sa­me Beob­ach­ter sind die­se Pla­nun­gen an der fens­ter­lo­sen Rück­wand des Haus Gauß zu erkennen.

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Andrei Schnell

Meine Feinde besitzen ein Stück der Wahrheit, das mir fehlt.

14 Comments Leave a Reply

  1. ich muss­te herz­haft lachen: “ave­nue”, “Ach­se Job­cen­ter etc” – so viel Unsinn. Die gan­ze Gegend um den Augus­ten­bur­ger Platz ist städt­bau­lich greus­lig: biss­chen alter Rest auf der einen Sei­te, gesichts­lo­ser Neu­bau auf den anderen.
    Jetzt da ein Hoch­haus hin­zu­set­zen ist völ­lig kon­tra­pro­duk­tiv; erst­mal anfan­gen mit dem häss­li­chen Park­haus und wie­der einen Platz gestal­ten, der den Namen ver­dient hat.

    • Dar­über wur­de bei der Info­ver­an­stal­tung tat­säch­lich auch geplau­dert, ob es nicht einen Reiz hät­te, den Augus­ten­bur­ger Platz in einen Stadt­platz zu ver­wan­deln. Ist ver­mut­lich eine Fra­ge, wie sehr sich Bür­ger in die­ser Fra­ge enga­gie­ren, ob aus Plau­de­rei eine Dis­kus­si­on wird.

  2. Ich ver­ste­he über­haupt nicht, wie man dar­suf stolz sein kann! Lon­do­ni­sie­rung Ber­lins ist voll für‘n A………………., Eimer. Ein radi­ka­ler Bau­stop wür­de Ber­lin bes­ser zu Gesich­te stehen.

  3. Die BHT soll sich mal ent­schei­den. Erst wol­len sie unbe­dingt TXL, obwohl das Park­haus und die Bra­che auch da schon vor­han­den waren. Jetzt auf ein­mal doch nicht mehr TXL. Ja was denn nun?

    • Hal­lo Lukas

      könn­te mög­li­cher­wei­se an fol­gen­dem lie­gen… BHT soll­te in das 8‑eckige Flug­ha­fen­ge­bäu­de ein­zie­hen wenn es den umge­baut wor­den ist. Nun wird die­ses aber noch wie lan­ge – schau­en wir in die Glas­ku­gel 😊 – als Flüch­lingsU genutzt . zum ande­ren stand mal in der Berl. Zei­tung das die Bau­prei­se enorm ange­stie­gen sein sol­len , so das sich die Q‑meterpreise für die Hoch­schu­le bzw für die Smart­stadt nicht mehr hal­ten können.…
      Alles gerät irgend­wie selt­sam aus dem Ruder .… span­nen­de Zeiten 

      Grü­ße

      • Und naiv ist bei der BHT keiner.….
        Wir ken­nen doch alle Ber­lin und die Groß­pro­jek­te hier.…
        das war doch alles abseh­bar und man muss schon die Augen mehr als zuknei­fen, um das nicht zu bemerken.

      • Ich hat­te auch den Ein­druck, dass vor allem die Ver­zö­ge­rung der Tegel­schlie­ßung bei den Ver­tre­tern der BHT zu Ver­un­si­che­rung geführt hat. Aber auch die Erkennt­nis, dass eine Abfer­ti­gungs­hal­le unter Ein­hal­tung des Denk­mal­schut­zes nur schlecht in ein Semi­nar­ge­bäu­de umfunk­tio­niert wer­den kann, hat zur Abküh­lung der Begeis­te­rung beigetragen.

  4. Kann mich der Mei­nung über die Hoch­häu­ser und die Aus­wir­kung auf den Kiez nur anschließen.
    Eben­so, daß damals die Autobahn/Westtangente von uns alt­ein­ge­ses­se­nen Kiez­bür­gern noch ver­hin­dert wer­den konnte.
    Der klei­ne Bezirk Wed­ding soll­te schon damals zuge­baut wer­den (z.B. Spren­gel­park). Wir brau­chen auch ein paar Frei­flä­chen und die soll­ten erhal­ten bleiben.
    Dan­ke für den Bericht im Weddingweiser.

    • Gibt es etwas Nach­zu­le­sen dar­über, wie die West­tan­gen­te ver­hin­dert wur­de? Oder gibt es Zeit­zeu­gen? Wäre ein Arti­kel wert. Gern mit mir Kon­takt aufnehmen.

  5. Flä­che kann man auch ohne Hoch­häu­ser schaf­fen, z.B. in dem man die gesam­te Brei­te der Brach­flä­che nutzt oder ein U‑förmiges Gebäu­de baut. Dann kann man das Dach begrü­nen und auch nied­rig flie­gen­de Insek­ten haben kei­ne Nach­tei­le. Das Hoch­haus der Beuth ist ein Schand­fleck aus den 70ern und gehört eher rück­ge­baut, denn als Bestand­teil einer „Ave­nue“ betrach­tet. Hoch­häu­ser brin­gen mMn. nicht als Hit­ze und dys­to­pi­sche Stil­le und Schat­ten und soll­ten vor­al­lem nicht in oder an grün­der­zeit­li­chen Vier­teln gebaut wer­den. Ich ver­ste­he auch nicht war­um die BHT nicht schon längst das Park­haus abge­ris­sen hat, das gam­melt seit Jahr­zehn­ten ein­fach nur vor sich hin. Wenn die Raum­not so groß ist, war­um steht da längst nicht was neu­es? Ist kein Geld da? Nimmt der Senat Ein­fluss durch För­de­run­gen? Die BHT kann doch da mehr oder weni­ger machen was sie möch­te? Und ich erin­ner mich dun­kel, war da nicht bereits ein Deal dass wenn die BHT das Flug­ha­fen­ge­bäu­de bekommt, dass dann die Stadt das Park­haus bekommt und neu­bau­en darf? Auch frag­wür­dig fän­de ich es wenn dort Flücht­lin­ge hin­kom­men – der Wed­ding hat bereits einen extrem hohen Anteil an Immi­gran­ten und Flücht­lin­gen, den wohl höchs­ten in Ber­lin. Damit habe ich kein Pro­blem, aber zur Demo­kra­tie gehört, dass Stadt­tei­le durch­mischt sind. Und Bedarf an Wohn­raum haben alle.

    • Das Park­haus hat das Land Ber­lin 2018 auf eine Lis­te für Flücht­lings­stand­or­te gesetzt. 

      Die BHT ist kei­ne pri­va­te Hoch­schu­le. Dann könn­te sie machen, was sie für sich ent­schei­det. Als staat­li­che Hoch­schu­le sitzt am Ende der Senat immer am län­ge­ren Hebel. 2012 schrie­ben wir beim Wed­ding­wei­ser, dass die BHT (damals noch Beuth) kein Geld hat­te, um den Rat­haus­turm zu sanie­ren, obwohl die Bezirks­po­li­tik die Hoch­schu­le einem Job­Cen­ter vor­ge­zo­gen hät­te (https://weddingweiser.de/gut-fur-den-senat-schlecht-fur-den-standort-wedding/).

      Der Deal TXL gegen Trift­stra­ße hat die Senats­ver­wal­tung für Wis­sen­schaft gebremst, da das Ende TXL auf sich war­ten ließ. Sie­he Arti­kel aus dem Jahr 2020 (https://weddingweiser.de/parkdecks-zu-wohnheimen/).

  6. So ernst kann die Raum­not nicht gemeint sein, wenn das Park­haus direkt gegen­über der TFH / Beuth / BHT schon län­ger als Bau­rui­ne leer­steht, wie deren Name stän­dig wech­selt. Daher gehe ich davon aus, dass ein erfah­re­ner Bau­po­li­ti­ker wie Gro­the die­se Raum­not vorschiebt.

    Jeder weiß, wie Hoch­häu­ser einen Bezirk ver­än­dern. Ich habe das frü­her in Frank­furt am Main erlebt:
    – kras­ser Anstieg der Immo­bi­li­en­prei­se, sodass Mie­ter, Läden, Kitas und Gast­stät­ten wegziehen
    – Rie­sen­ab­stän­de um die Hoch­häu­ser her­um, Wind­schnei­sen, Unwirtlichkeit
    – kom­mer­zi­el­le Nut­zun­gen, Büros

    Wie ist das rund um die Hoch­häu­ser des Pots­da­mer Plat­zes: Ste­hen da etwa Wohn­häu­ser? Außer oben in den Pent­hou­ses die Mil­lio­nä­re wohnt dort nie­mand. Nein. Auch das Argu­ment der Wohn­häu­ser schiebt der Bau­po­li­ti­ker nur vor.

    So wie in Frank­furt am Main wür­de es natür­lich auch wer­den, wenn im Wed­ding für die Hoch­häu­ser erst­mal die Bre­sche geschla­gen ist. Hoch­häu­ser sind das klas­si­sche Verdrängungsinstrument.

    • Was sagst du zu dem Argu­ment, dass Hoch­häu­ser mehr Platz bie­ten als übli­che 5‑Stöcker und so den Druck neh­men kön­nen? Mit dem Hoch­haus kann man Wunsch nach BHT-Erwei­te­rung und Flücht­lings­woh­nun­gen erfül­len und muss sich nicht entscheiden.

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