Morgens halb neun im Wedding. Die M13 surrt die Osloer entlang. Die Blinker der Autos klackern müde nach irgendwo, kein Parkplatz, ein Krankenhaus; auf der Drontheimer Straße wird gehupt. Der Bus wie ein Felsen im Berufsverkehr, der Gehweg leer bis auf die Supersonderbilligangebote im Geschäft gegenüber der Klinik. Daneben: Klingeling. Klingeling, das ist die akkustische Pforte in eine andere, schöne Guten-Morgen-Welt. Es klingt wie eine Kaufmannsladenklingel und ist ein kleines Windspiel aus Metall an der Tür von Atti’s Café (inzwischen umbenannt in KAWA Kaffeemanufaktur).
In dem wunderschönen Winzigcafé hört man den Wedding nicht – und sehen kann man ihn eigentlich auch nicht. Tür auf, klingeling, Tür zu. Die Drontheimer ist weg, die Autos sind weg. Was da ist, ist ein gemütliches Café, das hier im Soldiner Kiez wohl kaum jemand erwartet. Ein Café mit verflixt gutem Kaffee, mit selbst gebackenem Kuchen, Foccacias, veganen und nicht veganen Hot Dogs, noch mehr Kuchen und noch viel mehr verflixt gutem Kaffee. Bio, fairtrade und wasweißichwasnochalles.
Vegane Hot Dogs? Ja, das ist schon richtig, bestätigt Kacper, der früher Barkeeper war und der das Café mit seiner Schwester und seiner Frau betreibt. Das Angebot richte sich sehr stark an Vegetarier und Veganer. Weil er rein veganes Café im Wedding aber für chancenlos hält, stehen auch nicht vegane und nicht vegetarische Leckereien verlockend in der kleinen Vitrine am Eingang. Alle Gäste, die gerade das vegane Angebot schätzen, kann er seine Filiale in der Gleimstraße – auf der veganen Prenzlauer Berg- Seite – empfehlen. Die gibt es seit zwei Jahren als Ableger des Weddinger Cafés. Atti – der Name ist übrigens keiner von Kacpers Kosenamen aus Kindertagen. Das schöne Café heißt nach seinem Hund Attila.
Zwischen neun und elf und um die Mittagszeit macht es immer besonders oft Klingeling. Nämlich immer genau dann, wenn im Oberstufenzentrum in der Osloer Straße um die Ecke die Pausenklingel ertönte. Die Schüler gehören zu den Stammgästen des Cafés, vom Krankenhaus kommen auch Gäste hinüber. Andere kommen auf dem Weg zum Kindergarten mit dem Kind im Schlepptau, um schnell einen Kaffee zu holen, wieder andere lesen hier entspannt die Morgenzeitung. In Atti´s Café kann man dabei ganz hervorragend die Welt ausblenden, das schmale Fenster gibt nur einen kleinen Ausschnitt auf die Welt da draußen frei. Und dazu gibt es den verflixten Kaffee und fast noch verflixteren Kuchen.
Atti’s Café besteht aus einem Tresen, der den meisten Platz beansprucht, einer großen Tafel für die Angebote, vier kreisrunden Tischen, einer lange Bank an der Wand und einer handvoll Stühle. Und wer mag, kann auch draußen auf dem Gehweg sitzen. Mehr Platz ist eben nicht. Der Rest ist Geschmack und … Klingeling. Auch jetzt, vier Jahre nach seiner Eröffnung ist das veganste Café im Soldiner Kiez jeden Morgen wieder eine Freude und das Klingeling bestätigt es ganz melodisch: Atti’s Café ist noch da. Zum Glück.
KAWA Kaffeemanufaktur (früher: Atti’s Café), Drontheimer Straße 1b, Montag bis Freitag 8–18 Uhr, Samstag 9–16 Uhr geöffnet
Text und Fotos: Dominique Hensel
Anmerkung: Seit 2016 gibt es auch selbst gerösteten Kaffee bei Atti’s unter dem Namen KAWA Kaffemanufaktur.
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