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Archäologisches Fenster zur alten Himmelfahrtkirche

5. Mai 2015
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Fundamente der alten Himmelfahrtskirche im archäologischen Fenster.
Fun­da­men­te der alten Him­mel­fahrt­kir­che im archäo­lo­gi­schen Fenster.

Am 2. Mai um 16 Uhr eröff­ne­te Bezirks­bür­ger­meis­ter Chris­ti­an Han­ke das neue archäo­lo­gi­sche Fens­ter im Hum­boldt­hain. Das Fens­ter ist ein Geschenk des Ver­eins Ber­li­ner Unter­wel­ten. Besu­cher kön­nen nun die Fun­da­men­te der alten Him­mel­fahrt­kir­che sehen und dabei etwas über das Kriegs­en­de im Gesund­brun­nen erfahren.

Am 2. Mai 1945, ein Mitt­woch, befiehlt Gene­ral der Artil­le­rie Hel­muth Weid­ling die Ein­stel­lung der Kämp­fe in Ber­lin: „Jede Stun­de, die ihr wei­ter­kämpft, ver­län­gert die ent­setz­li­chen Lei­den der Zivil­be­völ­ke­rung Ber­lins und unse­rer Ver­wun­de­ten.“ Doch an der in die­ser wir­ren Zeit als Front bezeich­ne­ten Brun­nen­stra­ße wird noch 3 Stun­den län­ger gekämpft als im rest­li­chen Ber­lin. Auf die Stun­de genau 70 Jah­re spä­ter – es ein strah­len­der Sonn­abend – über­gibt der Ver­ein Ber­li­ner Unter­wel­ten einen Aus­schnitt der Fun­da­men­te der alten Him­mel­fahrt­kir­che an die Öffentlichkeit.

Unter einem vor Regen schüt­zen­den Dach liegt nun der Ein­gang der Kir­che frei. Es ist nur ein klei­ner Aus­schnitt der Gra­bung, der aber etwas beson­de­res zeigt: Spreng­boh­run­gen. Denn die unver­sehrt geblie­be­ne Kir­che an der Brun­nen­stra­ße in direk­ter Nach­bar­schaft zum Hoch­bun­ker war dem Kom­man­dan­ten des Bun­kers im Weg. Er woll­te frei­es Schuss­feld und ließ die Kir­che des­halb noch in den letz­ten Kriegs­ta­gen sprengen.

Was ist eigent­lich ein archäo­lo­gi­sches Fenster?
Ein archäo­lo­gi­sches Fens­ter ist eine Aus­gra­bung, die geöff­net bleibt und damit zu einem Muse­um am his­to­ri­schen Ort wird. Ein Dach schützt die Aus­gra­bung vor Regen. In Ber­lin gibt es archäo­lo­gi­sche Fens­ter zum Bei­spiel am Ber­li­ner Stadt­schloss oder in der Ber­nau­er Stra­ße als Teil der Gedenk­stät­te Ber­li­ner Mau­er. Für Ber­lins obers­ten Archäo­lo­gen, Prof. Dr. Mat­thi­as Wem­hoff, kann man mit einem archäo­lo­gi­schen Fens­ter „durch die Schich­ten der Geschich­te hin­durch­se­hen auf die wesent­li­chen Ereignisse“.

Die Ber­li­ner Unterwelten

Dietmar Arnold, Vorstand des rührigen Vereins Berliner Unterwelten
Diet­mar Arnold, Vor­stand des rüh­ri­gen Ver­eins Ber­li­ner Unterwelten

„Wir haben im letz­ten Jahr über­legt, dass wir zum The­ma 70 Jah­re Kriegs­en­de etwas machen müs­sen“, erklärt der Vor­sit­zen­de der Unter­wel­ten, Diet­mar Arnold, leicht­hin. So als ob es sich um eine Klei­nig­keit han­deln wür­de, als ob es eine Selbst­ver­ständ­lich­keit wäre, auf­grund die­ses Jubi­lä­ums 35.000 Euro zu inves­tie­ren, mit viel Geschick behörd­li­che Geneh­mi­gun­gen im Rekord­tem­po ein­zu­ho­len, inner­halb von weni­gen Wochen wis­sen­schaft­lich zu graben.

Pünkt­lich zum 2. Mai ist das Fens­ter fer­tig gewor­den und konn­te mit einem Got­tes­dienst fei­er­lich ein­ge­weiht wer­den. 80 Gäs­te waren bei der Eröff­nung dabei. Für die Aus­gra­bung der Fun­da­men­te der Him­mel­fahrts­kir­che hat der Ver­ein Unter­wel­ten die Archäo­lo­gin Clau­dia Melisch gewin­nen kön­nen. Clau­dia Melisch ist dem einen oder ande­ren auf­merk­sa­men Ber­li­ner bekannt durch die Aus­gra­bung an der Petri­kir­che an der Getrau­den­stra­ße, wo sie Ber­lins ältes­te Bau­wer­ke freilegt.
Zur fei­er­li­chen Ein­wei­hung haben die Ber­li­ner Unter­wel­ten auch eine Nach­fah­rin des Archi­tek­ten der Him­mel­fahrts­kir­che aus­fin­dig gemacht. Die Enke­lin eines Groß­nef­fen von August Orth wür­dig­te den Archi­tek­ten vie­ler Kir­chen der Kaiserzeit.

Claudia Melisch, Archäologin in Berlin, erklärt.
Clau­dia Melisch, Archäo­lo­gin in Ber­lin, erklärt.

Der akti­ve Geschichts­ver­ein um Diet­mar Arnold hat nicht nur das archäo­lo­gi­sche Fens­ter dem Bezirk Mit­te geschenkt, son­dern auch zuge­sagt, die Pfle­ge des offe­nen Denk­mals zu übernehmen.

Ein 60-Sekun­den-Film von der fei­er­li­chen Eröff­nung fin­det sich auf You­Tube.

Autor und Fotos: And­rei Schnell

Andrei Schnell

Meine Feinde besitzen ein Stück der Wahrheit, das mir fehlt.

5 Comments

  1. “Er woll­te frei­es Schuss­feld und ließ die Kir­che des­halb noch in den letz­ten Kriegs­ta­gen spren­gen.” Hä??? Auf dem Bun­ker stand Flak, Rus­sen­pan­zer wur­den in den letz­ten Kriegs­ta­gen vom Flak­turm im Para­bel­schuss bekämpft, da braucht es kein frei­es Schuss­feld. Die angren­zen­den Wohn­blö­cke haben im Wed­ding dar­un­ter mehr gelit­ten als die Rote Armee. And­rei Schnell, guckst du Wiki­pe­dia: “Die aus­ge­brann­te Rui­ne der Kir­che wur­de abge­tra­gen, der 72 Meter hohe Turm am 14. Juli 1949 gesprengt.”
    Nicht immer kann man alles auf den Nazis abladen.

    • Ich habe bei luise-berlin.de nach­ge­schla­gen: “Der neo­ro­ma­ni­sche Back­stein­bau wur­de um 1945 zer­stört. 1949 folg­te die Spren­gung der Rui­ne.” Sagen wir, Du hast recht und der Turm blieb trotz Beschuss – wie Du sel­ber zugibst – ste­hen. Es ändert doch nichts am Irr­sinn, weni­ge Tage vor dem abseh­ba­ren Ende noch irgend­wel­che mili­tä­ri­schen Zie­le anzu­pei­len und bil­li­gend in Kauf zu neh­men, dass irgend­wel­che Gebäu­de sinn­los zer­stört wer­den. Du schreibst, dass sogar die Wed­din­ger Zivil­be­völ­ke­rung getrof­fen wur­de. Die­sen Fakt kann man schon bei den Nazis abladen.
      (Ich habe die letz­ten zwei Sät­ze Dei­nes Kom­men­ta­res gestri­chen, um eine Ver­öf­fent­li­chung zu ermöglichen.)
      And­rei Schnell

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