Am 2. Mai um 16 Uhr eröffnete Bezirksbürgermeister Christian Hanke das neue archäologische Fenster im Humboldthain. Das Fenster ist ein Geschenk des Vereins Berliner Unterwelten. Besucher können nun die Fundamente der alten Himmelfahrtkirche sehen und dabei etwas über das Kriegsende im Gesundbrunnen erfahren.
Am 2. Mai 1945, ein Mittwoch, befiehlt General der Artillerie Helmuth Weidling die Einstellung der Kämpfe in Berlin: „Jede Stunde, die ihr weiterkämpft, verlängert die entsetzlichen Leiden der Zivilbevölkerung Berlins und unserer Verwundeten.“ Doch an der in dieser wirren Zeit als Front bezeichneten Brunnenstraße wird noch 3 Stunden länger gekämpft als im restlichen Berlin. Auf die Stunde genau 70 Jahre später – es ein strahlender Sonnabend – übergibt der Verein Berliner Unterwelten einen Ausschnitt der Fundamente der alten Himmelfahrtkirche an die Öffentlichkeit.
Unter einem vor Regen schützenden Dach liegt nun der Eingang der Kirche frei. Es ist nur ein kleiner Ausschnitt der Grabung, der aber etwas besonderes zeigt: Sprengbohrungen. Denn die unversehrt gebliebene Kirche an der Brunnenstraße in direkter Nachbarschaft zum Hochbunker war dem Kommandanten des Bunkers im Weg. Er wollte freies Schussfeld und ließ die Kirche deshalb noch in den letzten Kriegstagen sprengen.
Was ist eigentlich ein archäologisches Fenster?
Ein archäologisches Fenster ist eine Ausgrabung, die geöffnet bleibt und damit zu einem Museum am historischen Ort wird. Ein Dach schützt die Ausgrabung vor Regen. In Berlin gibt es archäologische Fenster zum Beispiel am Berliner Stadtschloss oder in der Bernauer Straße als Teil der Gedenkstätte Berliner Mauer. Für Berlins obersten Archäologen, Prof. Dr. Matthias Wemhoff, kann man mit einem archäologischen Fenster „durch die Schichten der Geschichte hindurchsehen auf die wesentlichen Ereignisse“.
Die Berliner Unterwelten
„Wir haben im letzten Jahr überlegt, dass wir zum Thema 70 Jahre Kriegsende etwas machen müssen“, erklärt der Vorsitzende der Unterwelten, Dietmar Arnold, leichthin. So als ob es sich um eine Kleinigkeit handeln würde, als ob es eine Selbstverständlichkeit wäre, aufgrund dieses Jubiläums 35.000 Euro zu investieren, mit viel Geschick behördliche Genehmigungen im Rekordtempo einzuholen, innerhalb von wenigen Wochen wissenschaftlich zu graben.
Pünktlich zum 2. Mai ist das Fenster fertig geworden und konnte mit einem Gottesdienst feierlich eingeweiht werden. 80 Gäste waren bei der Eröffnung dabei. Für die Ausgrabung der Fundamente der Himmelfahrtskirche hat der Verein Unterwelten die Archäologin Claudia Melisch gewinnen können. Claudia Melisch ist dem einen oder anderen aufmerksamen Berliner bekannt durch die Ausgrabung an der Petrikirche an der Getraudenstraße, wo sie Berlins älteste Bauwerke freilegt.
Zur feierlichen Einweihung haben die Berliner Unterwelten auch eine Nachfahrin des Architekten der Himmelfahrtskirche ausfindig gemacht. Die Enkelin eines Großneffen von August Orth würdigte den Architekten vieler Kirchen der Kaiserzeit.
Der aktive Geschichtsverein um Dietmar Arnold hat nicht nur das archäologische Fenster dem Bezirk Mitte geschenkt, sondern auch zugesagt, die Pflege des offenen Denkmals zu übernehmen.
Ein 60-Sekunden-Film von der feierlichen Eröffnung findet sich auf YouTube.
Autor und Fotos: Andrei Schnell
[…] Am 2. Mai um 16 Uhr eröffnete Bezirksbürgermeister Christian Hanke das neue archäologische Fenster im Humboldthain. / Weiterlesen auf http://www.weddingweiser.de. […]
[…] anderem Standort im Humboldthain wurde ein 22 Meter hoher Campanile aus Stahlbeton gebaut. In einem archäologischen Fenster kann man sich am alten Standort über die sinnlose Zerstörung der Kirche in den letzten […]
OK, einverstanden. Danke für die Antwort!
“Er wollte freies Schussfeld und ließ die Kirche deshalb noch in den letzten Kriegstagen sprengen.” Hä??? Auf dem Bunker stand Flak, Russenpanzer wurden in den letzten Kriegstagen vom Flakturm im Parabelschuss bekämpft, da braucht es kein freies Schussfeld. Die angrenzenden Wohnblöcke haben im Wedding darunter mehr gelitten als die Rote Armee. Andrei Schnell, guckst du Wikipedia: “Die ausgebrannte Ruine der Kirche wurde abgetragen, der 72 Meter hohe Turm am 14. Juli 1949 gesprengt.”
Nicht immer kann man alles auf den Nazis abladen.
Ich habe bei luise-berlin.de nachgeschlagen: “Der neoromanische Backsteinbau wurde um 1945 zerstört. 1949 folgte die Sprengung der Ruine.” Sagen wir, Du hast recht und der Turm blieb trotz Beschuss – wie Du selber zugibst – stehen. Es ändert doch nichts am Irrsinn, wenige Tage vor dem absehbaren Ende noch irgendwelche militärischen Ziele anzupeilen und billigend in Kauf zu nehmen, dass irgendwelche Gebäude sinnlos zerstört werden. Du schreibst, dass sogar die Weddinger Zivilbevölkerung getroffen wurde. Diesen Fakt kann man schon bei den Nazis abladen.
(Ich habe die letzten zwei Sätze Deines Kommentares gestrichen, um eine Veröffentlichung zu ermöglichen.)
Andrei Schnell