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Schulbau:
Ruf nach Abriss für Baudenkmal Anna-Lindh

16. Dezember 2022
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Bei der vom Schim­mel befal­le­nen Anna-Lindh-Grund­schu­le kann nur Neu­bau und Abriss hel­fen. Glau­ben zumin­dest vie­le Men­schen im Wed­ding und im Bezirk. Die Befür­wor­ter die­ser Lösung ste­hen aller­dings vor einem Pro­blem. Die Schu­le ist ein Bau­denk­mal und muss des­halb erhal­ten wer­den. Das Abriss­ver­bot kann nur durch eine Ver­fü­gung von ganz oben außer Kraft gesetzt wer­den. Der Bezirk appel­liert des­halb an Kul­tur­se­na­tor Klaus Lederer.

Anna Lindh Baugerüst

Im ers­ten Schritt hat die unte­re Denk­mal­be­hör­de des Bezirks den Abriss ver­wei­gert. Ephra­im Gothe hat die­ses Nein des ihm unter­ste­hen­den Amtes als Bau­stadt­rat über­stimmt. Es läge ein “über­wie­gen­des öffent­li­che Inter­es­se” an einem Abriss vor, sagt er. 

Und Dr. Maja Lasić sagt: Als nächs­tes “wer­den wir den Abriss­an­trag stel­len”. Die­ses Mal bei den über­ge­ord­ne­ten Denk­mal­be­hör­den des Lan­des Ber­lin. Die bei­den Stadt­rä­te gehen davon aus, dass die­ser Antrag abge­lehnt wird und es zum “Dis­sens” kommt. Dann wer­de es “zum letzt­in­stanz­li­chen Votum des Kul­tur­se­na­tors kom­men”, sagt Dr. Maja Lasić. Mit ande­ren Wor­ten: Der Bezirk ruft nach einer Son­der­er­laub­nis, nach einer Ver­fü­gung von oben.

Argumente für Abriss und Neubau

Schul­stadt­rä­tin Dr. Maja Lasić und Bau­stadt­rat Ephra­im Gothe (bei­de SPD) haben ges­tern (15.12.) bei einer Pres­se­kon­fe­renz erläu­tert, war­um ein Abriss und damit auch ein Neu­bau unum­gäng­lich sei­en. Die Fra­ge sei, ob das von 1955 bis 1959 gebau­te Schul­haus “über­haupt sanier­bar sei”, ob das “tech­nisch mög­lich” sei, so Ephra­im Gothe. Feuch­tig­keit drin­ge von unten und nicht bloß von der Sei­te in den Kel­ler ein. “Das geht nicht, von unten eine Sperr­schicht anzu­brin­gen”, so der Bau­stadt­rat. Vor­tei­le eines Neu­baus wären, dass “ein bis zwei Züge mehr mög­lich” sei­en, so Dr. Maja Lasić. Die zusätz­li­chen Räu­me und Klas­sen sei­en nötig, da die Anfang Dezem­ber vom Senat prä­sen­tier­te Bevöl­ke­rungs­pro­gno­se wei­te­ren Zuwachs vor­aus­sagt. Gegen eine Sanie­rung spre­che auch das Bei­spiel des ehe­ma­li­gen Hau­ses der Gesund­heit in der Rei­ni­cken­dor­fer Stra­ße, so Ephra­im Gothe. Dort habe der Bezirk ver­sucht, den Schim­mel “abzu­kap­seln”, doch er habe sich trotz die­ser Ver­su­che schnell im gan­zen Haus ausgebreitet.

Fotos: Bezirks­amt

Mit dem Wunsch nach Abriss und Neu­bau ste­hen die bei­den Bezirks­po­li­ti­ker nicht allein. Die Poli­ti­ker der Bezirks­ver­ord­ne­ten­ver­samm­lung (BVV) wol­len eben­falls mit deut­li­cher Mehr­heit einen Neu­start für das Schul­ge­bäu­de. Auch die Schul­öf­fent­lich­keit, also Eltern­spre­cher und Lehr­team, will das alte Haus loswerden. 

Entscheidung fällt die Landespolitik

Die Wahl zwi­schen Abriss und Neu­bau ver­sus Sanie­rung wäre längst getrof­fen, wenn die Anna-Lindh-Grund­schu­le nicht unter Denk­mal­schutz stän­de. Die Denk­mal­lis­te ver­zeich­net die ehe­ma­li­gen “Goe­the­park- und Reh­ber­ge-Grund­schu­len unter der Num­mer 09030296. Erhal­tens­wert sei­en die Gebäu­de, weil sie “die mit ihrer zeit­ty­pi­schen Gestal­tung die künst­le­ri­schen und städ­te­bau­li­chen Vor­stel­lun­gen der Nach­kriegs­zeit ver­mit­teln”. Zur Gesamt­an­la­ge gehö­re eine Haus­meis­ter­woh­nung und ein “Schul­kin­der­gar­ten”, so die Denk­mal­be­schrei­bung. Dass zum Bei­spiel die Aula “schön” sei, sagt auch Bau­stadt­rat Ephra­im Gothe.

An den Kul­tur­se­na­tor Klaus Lede­rer (Lin­ke) appel­liert neben ande­ren auch der Abge­ord­ne­te Mathi­as Schulz. Er ist für die SPD Mit­glied des Abge­ord­ne­ten­hau­ses und im Wahl­kreis Afri­ka­ni­sches Vier­tel direkt gewählt. Er sagt: “Kin­des­wohl geht vor Denk­mal­schutz”. Des­halb müs­se das “Lan­des­denk­mal­amt zügig han­deln und den Weg frei­ge­ben für einen Neu­bau nach moder­nen Stan­dards”, so der Landespolitiker.

Schimmel erzwingt Neubau oder Sanierung

Unstrit­tig ist, dass das Schul­haus mit den zwei Gebäu­de­flü­geln in einem deso­la­ten Zustand ist. Seit Jahr­zehn­ten ver­sucht der Bezirk das Schim­mel­pro­blem in den Griff zu bekom­men. Doch immer wie­der drin­gen Spo­ren vom Kel­ler in die Klas­sen­räu­me vor. Meh­re­re Gut­ach­ten haben ver­schie­de­ne Pilz­ar­ten fest­ge­stellt. Dar­un­ter zum Bei­spiel der Asper­gil­lus, der Gieß­kan­nen­schim­mel, der laut Wiki­pe­dia vor allem totes Gewe­be befällt. Leben­des Gewe­be schä­digt er “zufäl­lig”. Ein ande­rer gefun­de­ner Schim­mel heißt Chae­to­mi­um. Die­se Art ist gefähr­lich, weil sie Gif­te pro­du­ziert, soge­nann­te Myko­to­xi­ne. Wer den Kel­ler der Anna-Lindh-Grund­schu­le betre­ten will, muss des­halb einen Ganz­kör­per­schutz tra­gen. Auf­grund der Bau­wei­se des Schul­hau­ses mit dün­nen Wän­den wan­dern die Pil­ze vom Kel­ler in Schul­räu­me. Das bele­gen Fotos. 

Nach­dem das Gesund­heits­amt die Anna-Lindh-Grund­schu­le im Som­mer geschlos­sen hat­te, hat der Bezirk als Aus­weich­quar­tier das frü­he­re Büro­haus von Air Ber­lin am Saat­wink­ler Damm gemie­tet. Die Mie­te beträgt 6,6 Mil­lio­nen Euro pro Jahr. Hin­zu kom­men meh­re­re hun­dert­tau­send Euro pro Jahr für einen Bus-Shut­tle, der mor­gens an der Gui­ne­a­stra­ße star­tet und die Schul­kin­der am Nach­mit­tag wie­der zurückbringt.

Ein Neu­bau wür­de schät­zungs­wei­se 60 Mil­lio­nen Euro kos­ten. Das Land Ber­lin hat die­se Sum­me bereits bewil­ligt. Der­zeit geht Mit­te von einer Bau­zeit von sechs Jah­ren aus. Pro­blem sind im Bezirks­amt feh­len­de Archi­tek­ten, Bau­lei­ter und Fach­kräf­te, die einen Neu­bau wie auch eine Sanie­rung pla­nen und steu­ern könnten.

Fotos: alle Bezirks­amt Mitte.

Andrei Schnell

Meine Feinde besitzen ein Stück der Wahrheit, das mir fehlt.

8 Comments Leave a Reply

  1. Seit drei­ßig Jah­ren kann ich die­se einst so schö­ne Schu­le immer wie­der von außen betrach­ten. Immer habe ich mich gefragt, womit die Ber­li­ner Kin­der so viel Ver­nach­läs­si­gung ver­dient haben sol­len. Die­ser Grund­riß einer Schu­le hat nach aktu­el­len päd­ago­gi­schen Erkennt­nis­sen kei­nen Ein­fluß auf den Lern­erfolg und das Wohl­be­fin­den der Kin­der. Offen den­ken­de und han­deln­de Lehr­kräf­te könen an vie­len Orten unter­rich­ten. Für den Neu­bau wer­den alle Bäu­me abge­holzt wer­den müs­sen. Und wenn für einen Fahr­stuhl im Wed­ding fünf Jah­re Bau­zeit knapp wer­den, weiß ich nicht, wann die neue Schu­le ste­hen soll. Ist es nicht erstaun­lich, daß der Bezirk Mit­te allein 7 Mil­lio­nen Euro jähr­lich für Mie­te und Bus aus­ge­ben kann, aber in drei­ßig Jah­ren kei­ne Schul­sa­nie­rung zustandebrachte?

    • Hal­lo Frau Koman­der, das ist in der Tat erstaun­lich. Aller­dings muss man sagen, dass da zwi­schen­durch die Ver­ant­wort­li­chen im Bezirks­amt mehr­fach gewech­selt haben. So ist der Kurs­wech­sel zu ver­ste­hen. Dazu kommt, dass es schon mehr­fach Ver­su­che gab, die Schu­le zu sanie­ren. Doch der Schim­mel kam immer wie­der. Offen­bar ist man nun zu der Erkennt­nis gelangt, dass es mit einer erneu­ten Sanie­rung, die ja auch Geld kos­ten wür­de, nicht zu behe­ben ist. Nun ja, wir wer­den sehen, wie lan­ge das dau­ert. Noch gibt es für das Unter­fan­gen ja gar kein fina­les OK.

  2. Für einig sicher im ers­ten Moment nicht nach­voll­zieh­bar bin ich klar für den Abriss der Schu­le. Aber las­sen sie mir die Gele­gen­heit es zu erklä­ren. Der Bau stammt aus einer Zeit in der Schu­le in star­re Klas­sen­ein­hei­ten geglie­dert waren, so wie seit über 100 Jah­ren davor. Heu­te ist die Päd­ago­gik aber zum Glück wei­ter ent­wi­ckelt. Es ist nicht mehr das auf eine Klas­se bezo­ge­ne Ler­nen im Vor­zug, son­dern die Geschwin­dig­keit eines jeden ein­zel­nen Schü­lers. Um dies auch umset­zen zu kön­nen, müs­sen die Gebäu­de anderst orga­ni­siert sein, nicht mehr nur Klas­sen­zim­mer son­dern nach Mög­lich­keit wan­del­ba­re Räu­me, sowohl abgrenz­bar für klei­ne­re Arbeits­grup­pen wie grö­ße­re für Bespre­chun­gen grö­ße­rer Schü­ler­grup­pen. Sehr gut ist auch ein gro­ßer Flur­an­teil, in dem die Schü­ler sich in Arbeits­grup­pen zurück­zie­hen kön­nen. Sehr gut ist auch ein gro­ßes Audi­to­ri­um, wo sich die gesam­te Schul­ge­mein­schaft tref­fen kann vom Jah­res­be­ginn, über Grund­satz­tref­fen bis zum Jah­res­en­de hin. Solch ein päd­ago­gi­sches For­mat bie­ten all die alten Schu­len nicht. Die neu­en Schu­len Ber­lins wer­den aber nach solch einem For­mat gebaut. Daher fin­de ich es gut, wenn man den Kin­dern eine neue nach moder­nen päd­ago­gi­schen Grund­sät­zen gebau­tes Schul­ge­bäu­de bereit­stellt und nicht ein sanier­tes nach päd­ago­gi­schen Grund­sät­zen aber nicht mehr zeit­ge­mä­ßes. Damit neh­me ich für die zukünf­ti­gen Schü­ler das Wort und dass die Leh­rer die dann neu­en Mög­lich­kei­ten Wert schät­zen und die neu­en päd­ago­gi­schen Leit­sät­ze umset­zen, für die Kin­der wird es für ihr gesam­tes Leben wich­tig sein. Denn nur so ler­nen sie selbst­stän­di­ges Ler­nen und dass man sich auch sel­ber wei­ter­bil­den muss, ein Leben lang. Das bis­he­ri­ge klas­sen­zen­trier­te For­mat, wo vie­le Kin­der nicht berück­sich­tigt wer­den, weil sie ent­we­der schnel­ler als die Klas­se oder eben auch lang­sa­mer sind wird ihnen nicht gerecht und man muss sich nicht wun­dern wenn aus unse­ren Schu­len Kin­der die Schu­le absol­vie­ren, aber nicht rich­tig lesen oder rech­nen kön­nen oder sogar völ­li­ge Analpha­be­ten sind. Nur ein auf jedes Kind indi­vi­du­ell gebau­te päd­ago­gi­sche For­mat wird jedem Kind gerecht.

    • Wenn der Grund­riss der Schu­le so wich­tig ist,so fra­ge ich mich wie die bis­he­ri­gen Gene­ra­tio­nen denn ihren Lebens­weg hin­be­kom­men haben.Bei Neu­bau­ten ist dies sicher alles sehr schön machbar,aber ich bin sicher das erst die über­nächs­te Schü­ler­ge­nera­ti­on bei dem Ber­li­ner Them­po davon pro­fi­tie­ren wird
      WM

  3. Hal­lo

    habe den Bericht erst­mal nur über­flo­gen … falls ich was über­le­sen habe , nicht hauen 🙂
    Was ich nicht wirk­lich nach voll zie­hen kann ist fol­gen­des: Wenn die­ses Gebäu­de ein Denk­mal sein soll. war­um hat man dann nicht schon in den letz­ten 15 Jah­ren !!?? dar­an gedacht ? War­um hat man nur hier u da den Schim­mel ober­fläch­lich besei­tigt und hat kei­ne Ursa­chen­for­schung betrie­ben um die­ses Pro­blem in den Griff zube­kom­men!!?? Wes­halb muss­te das Gebäu­de erst soweit ver­gam­meln das es jetzt abge­ris­sen wer­den muss – wo war der Denk­mal­schüt­zer die gan­ze Zeit!!??

    fros­ti­ges Wochenende

    • Hal­lo Rein­hard, Du hast nichts über­le­sen. Und ja, die­se Fra­gen lie­gen so ziem­lich auf der Hand, vie­le fra­gen sich das, wir auch. Beant­wor­ten kann ver­mut­lich nur die zustän­di­ge Per­son im Bezirks­amt, war­um das Haus nicht ordent­lich instand gehal­ten wur­de (ver­mut­lich irgend­was mit Geld?). Nament­lich ist das in den ver­gan­ge­nen Jah­ren Stadt­rat Cars­ten Spal­lek gewe­sen. Viel­leicht schreibt ihm mal jemand eine Mail? Er ist ja wei­ter Teil des Bezirks­amts. Er müss­te auch wis­sen, ob auf sei­nem Schreib­tisch einen Brief vom Denk­mal­amt lag, der auf die Situa­ti­on hin­weist und Maß­nah­men zum Erhalt des Denk­mals for­dert. Oder ob es die­sen Brief nicht gab. Bes­te Grüße!

  4. Könn­te man nicht hin­ter der Fas­sa­de die Neu­bau­ten platzieren,oder kön­nen die Ber­li­ner Archi­tek­ten nur noch bun­ker­ähn­li­che Fas­sa­den ‚wie in der Heidestr..,da wäh­re doch mit etwas Phan­ta­sie ein­Teil­erhalt möglich.

    • Ertappt – genau das habe ich ges­tern in einer Unter­hal­tung auch gefragt. Denn nicht jedes Denk­mal ist gefühlt 1. Klas­se wie etwa das Bran­den­bur­ger Tor. Die Anna-Lindh-Schu­le ist sicher nicht das denk­maligs­te Denk­mal. Da wäre Ihr Vor­schlag ein anseh­li­cher Weg.

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