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Achtsamkeit heißt auch, zu mäandern:
Wie bei der Panke: Go with the Flow!

16. Juli 2023

Ein som­mer­li­cher Spa­zier­gang führ­te mich neu­lich an die Pan­ke. Das ist der Fluss, den vie­le von uns wohl nur ken­nen als linea­ren, ein­ge­grenz­ten Kanal, in dem das Was­ser ordent­lich gera­de­aus fließt. Jetzt wird die Pan­ke mit viel finan­zi­el­lem und zeit­li­chem Auf­wand rena­tu­riert. Was mich sin­nie­ren lässt über Natur ver­sus Kul­tur, über Begren­zung ver­sus Wei­te, über will­kür­li­che Ein­grif­fe ver­sus natür­li­chem Flow.

Die Pan­ke ist im Wed­ding weit­ge­hend kana­li­siert. Das soll sich zumin­dest teil­wei­se ändern. Der Fluss soll natur­na­her werden.

Natür­li­che Fluss­läu­fe hal­ten sich nicht an gera­de Lini­en. Sie mäan­dern, also schlän­geln sich durch die Welt. Ihr Was­ser fließt mal schnel­ler, mal lang­sa­mer und an eini­gen Stel­len bie­tet die Natur ihnen genug Platz, um so rich­tig über die Ufer zu tre­ten. Wenn es die­se Aus­weich­ge­bie­te nicht gibt, weil sie bebaut oder ander­wei­tig genutzt wer­den, wächst die Gefahr von ver­hee­ren­den Hochwassern.

Der Plan: schnurgerade und ordentlich

Im Grun­de, so sin­nie­re ich, ist es bei uns Men­schen ähn­lich. Wir kom­men auf die Welt und haben unse­re natür­li­chen Anla­gen und Talen­te, unser Tem­pe­ra­ment und unse­re Vor­lie­ben. Wir sind wie ein Fluss, der dafür geschaf­fen ist, durchs Leben zu mäan­dern. Doch schon früh wer­den wir von außen begra­digt. Müs­sen uns ein­fü­gen in Begren­zun­gen, die aus Schu­le, Beruf, Ver­pflich­tun­gen und Erwar­tun­gen bestehen. Wer­den früh gefragt: „Was willst du spä­ter mal wer­den?“ (Als wären wir nicht von Geburt an Jemand.)
Wir sol­len uns auf eine Aus­bil­dung, ein Stu­di­um und ande­re Lebens­mo­del­le fest­le­gen. Sol­len einen Plan haben – schnur­ge­ra­de und immer schön ordent­lich. Du willst mit dei­nem indi­vi­du­el­len Flow gehen? Ok, wenn’s sein muss … aber nur am Sonn­tag Nachmittag.

Das Dum­me ist jedoch: Wenn wir uns zu sehr begren­zen und von unse­rem natür­li­chen Lauf ent­fer­nen, tritt unser inne­rer Fluss – die Lebens­kraft, die Lebens­freu­de und die Lebens­lust – irgend­wann über die Ufer. Die­ses „Hoch­was­ser“ kann sich nach innen und außen rich­ten. Dann wer­den wir von Wut, Krank­hei­ten oder auch Trau­rig­keit über­flu­tet. Die ursprüng­lich posi­ti­ve Kraft wird zur schwer kon­trol­lier­ba­ren Flutwelle.

Am Nordhafenbecken entsteht eine Fischtreppe, damit die Fische überhaupt wieder in die Panke kommen. Foto: Hensel
Am Nord­ha­fen­be­cken ent­steht eine Fisch­trep­pe, damit die Fische über­haupt wie­der in die Pan­ke kom­men. Foto: Hensel

Die Natur: vielfältig und voller Kurven

Wenn ich mir die Pan­ke vor­stel­le wie sie ihrem natür­li­chen Flow folgt, wie Fische und ande­re Tie­re zurück­keh­ren, der Ufer­be­reich zum Ver­wei­len und Erho­len ein­lädt – dann glau­be ich, dass es sich auch für uns Men­schen lohnt, uns zu rena­tu­rie­ren. Auch wenn es sel­ten von heu­te auf mor­gen klap­pen wird, kön­nen wir doch sofort ers­te Schrit­te machen. Indem wir uns Fra­gen stel­len wie „Was macht mir wirk­lich Freu­de?“ oder „Was kann ich rich­tig gut?“ oder „Was woll­te ich schon immer mal ausprobieren?“.

Aus den Ant­wor­ten, die wir erhal­ten und in die Tat umset­zen, kann sich Kur­ve für Kur­ve der neue Ver­lauf unse­res Fluss­bet­tes bil­den. Dann wer­den die ver­hee­ren­den Hoch­was­ser ersetzt durch die Freu­de dar­über, dass wir mit unse­ren natür­li­chen Talen­ten und Ver­an­la­gun­gen durchs Leben mäan­dern. So fühlt sich unser Leben weni­ger fremd­be­stimmt an und viel­leicht immer mehr wie ein som­mer­li­cher Spa­zier­gang am Fluss.

Stephanie Esser

Stephanie Esser lebt und arbeitet im Brunnenviertel. Auf ihrem Blog www.danke-ich-liebe-dich.de schreibt sie über das Hawaiianische Vergebungsritual Ho’oponopono und darüber, wie wir unser tägliches (Zusammen-)Leben positiver gestalten können.

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