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Achtsamkeitskolumne zur Urlaubszeit:
Reisen mit leichtem Gepäck

13. August 2023
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Wir im Wed­ding sind mit dem Bahn­hof Gesund­brun­nen ange­bun­den an Rei­se­zie­le in Nah und Fern. Gera­de zur Som­mer­zeit stei­gen hier täg­lich vie­le Men­schen ein und aus. Die einen mit mehr, die ande­ren mit weni­ger Gepäck. Manch­mal wünsch­te ich mir, ich könn­te in ihre Kof­fer und Taschen schau­en. Nicht, weil ich beson­ders neu­gie­rig wäre, son­dern weil ich selbst ein etwas ange­spann­tes Ver­hält­nis zu Rei­se­ge­päck habe.

Vie­le Rei­sen vom Wed­ding aus begin­nen am Bahn­hof Gesund­brun­nen. Foto: Joa­chim Faust

Ich packe meinen Koffer

Wäh­rend man­che Men­schen mit einer klei­nen Rei­se­ta­sche, auch „Weeken­der“ genannt, ihre Fahr­ten antre­ten, schie­be ich sogar für Wochen­end­trips einen mit­tel­gro­ßen Kof­fer neben mir her. Ich fra­ge mich, wie die­se Weeken­der-Typen es schaf­fen, auf so begrenz­tem Raum das unter­zu­brin­gen, was sie brauchen.

Für mich ist Kof­fer­pa­cken eine eher stres­si­ge Ange­le­gen­heit, denn man weiß nie genau, was einen am Auf­ent­halts­ort erwar­tet. Wird es warm? Wird es kalt? Oder doch eher mit­tel? Reg­net es oder scheint die Son­ne? Brau­che ich dicke Socken? Ich möch­te nicht nur beque­me Klei­dung dabei haben, son­dern mich auch mal schick machen. Wenn ich das eine Kleid mit­neh­me, brau­che ich die pas­sen­den Schu­he, neh­me ich auch das ande­re Kleid – noch mehr Schuhe.

So könn­te ich stun­den­lang wei­ter­ma­chen. Damit vor Ort nichts fehlt, den­ke ich alle Even­tua­li­tä­ten vor­aus. Bloß nicht die Kat­ze im Sack kau­fen. Das ver­ur­sacht Stress und ver­dirbt mir bei­na­he die Vor­freu­de auf die Reise.

Eine Reisetasche tut’s auch

Die Weeken­der-Typen schei­nen sich all die­se Gedan­ken und Sor­gen nicht zu machen. Sie rei­sen mit leich­tem Gepäck und küm­mern sich nicht um die Kat­ze im Sack. Die wird sich schon zei­gen, wenn es so weit ist.

Was wäre, wenn ich auch mal nur mit einer Weeken­der-Tasche ver­rei­sen wür­de? Wenn ich mal die Angst vor dem Unge­wis­sen zur Sei­te stel­le und mich traue, ohne viel Bal­last los­zu­fah­ren? Was könn­te passieren?

Mit Sicher­heit wür­de ich mich nicht an mei­nem Gepäck abschlep­pen. Ich könn­te mich im Regio­nal­ex­press ein­fach hin­set­zen und müss­te nicht noch schau­en, wie und wo ich mei­nen Kof­fer plat­zie­re. Vor Ort hät­te ich wahr­schein­lich nur eine Jacke, eine Hose und weni­ge Ober­tei­le. Das wür­de mich von den Über­le­gun­gen ent­bin­den, was ich anzie­hen soll. Ich neh­me ein­fach, was da ist. Klingt entspannt.

Koffer am Bahnhof Gesundbrunnen. Foto: Sulamith Sallmann
Passt alles rein oder ist er zu groß? Kof­fer am Bahn­hof Gesund­brun­nen. Foto: Sula­mith Sallmann

Augen auf und los

Fort­ge­schrit­te­ne Weeken­der buchen viel­leicht auch kein Zim­mer im Vor­aus, son­dern fah­ren ein­fach los und hal­ten die Augen offen. Sie ver­trau­en dar­auf, dass sie schon etwas fin­den wer­den. Weil sie mit leich­tem Gepäck unter­wegs sind, kön­nen sie so lan­ge durch die Stra­ßen lau­fen, bis ihnen ein „Zim­mer frei“-Schild begegnet.

„Ich kau­fe doch nicht die Kat­ze im Sack!“, höre ich mich schon wie­der den­ken. „Wer weiß, in wel­chem Zustand so ein Zim­mer ist und ob das Bett bequem ist.“

Stimmt, das kann man nicht wis­sen. Doch wenn man alles minu­ti­ös durch­plant, wird man blind für das, was es noch so gibt. War­um also nicht mal drauf ankom­men las­sen? Falls es doch nicht so toll sein soll­te, kann man am nächs­ten Tag ein­fach etwas Neu­es suchen. Gepackt hat man ja schnell.

Lass dich überraschen

Mir wird klar: Das Geheim­nis der Weeken­der-Typen ist Ver­trau­en. Sie legen sich nur auf weni­ge Sachen fest, belas­ten sich nicht mit „Was wäre, wenn“ und fah­ren mit ihrem leich­ten Gepäck ein­fach los. „Wird schon klap­pen“, den­ken sie.

So kann das Leben sie an Orte und zu Men­schen füh­ren, die sie sonst viel­leicht nie ken­nen­ge­lernt hät­ten. Sie haben kei­ne Angst vor der Kat­ze im Sack, son­dern freu­en sich dar­auf, her­aus­zu­fin­den, wie sie aus­sieht – vol­ler Ver­trau­en, dass es in den meis­ten Fäl­len schon genau die rich­ti­ge Kat­ze sein wird.

Schriftzug: Keine Angst vor der Katze im Sack! Grarik: Stephanie Esser
Gra­fik: Ste­pha­nie Esser

Stephanie Esser

Stephanie Esser lebt im Brunnenviertel, ist zertifizierte Lachyoga-Leiterin (CLYL), schreibt als Journalistin über Persönlichkeits- und Achtsamkeitsthemen und gibt Kurse im Lachyoga sowie zur hawaiianischen Konfliktlösungsmethode Ho'oponopono. Mehr darüber plus Praxistipps und Blogbeiträge gibt es auf ihren Websites www.frieden-freude-lachen.de sowie www.danke-ich-liebe-dich.de.

16 Comments

  1. Ich erin­ne­re mich an Gesund­brun­nen ohne Gepäck im letz­ten Sep­tem­ber … als ich sah, wie mein Anschluss­zug nach Stend­al abfuhr, als der Zug, den ich am Ber­li­ner Haupt­bahn­hof erwischt hat­te (wo er früh ange­kom­men war), in den Bahn­hof ein­fuhr. Ich muss­te 90 Minu­ten auf den nächs­ten Zug Rich­tung Stend­al war­ten. Wäh­rend ich war­te­te, schau­te ich mich in der Gegend um, aber jetzt wünsch­te ich, ich hät­te die­se Web­site damals gekannt … Ich hät­te gewusst, wel­che Sehens­wür­dig­kei­ten ich besu­chen soll­te. (geschrie­ben mit Goog­le Trans­la­te). Gesen­det aus Südaustralien

  2. Hal­lo Frau Ste­pha­nie Esser

    sie sind ein Mensch der Ande­ren eine Art Lebens­hil­fe anbie­tet, und dann sind sie selbst beim packen eines Kof­fers für die Wochen­end­rei­se über­for­dert bzw gestreßt !!?? das ver­wun­dert mich jetzt einwenig 

    Oder ist der Arti­kel als Sinn­bild dafür zuse­hen das die Einen mit zuviel “Gepäck” durch das Leben gehen … die Ande­ren mit wenig!!??

    Grü­ße

    • Hal­lo Herr Reinhard,
      dan­ke für Ihr Feedback.
      Auf jeden Fall ist der Text auch im über­tra­ge­nen Sin­ne zu ver­ste­hen. Und dar­über hinaus:
      Nie­mand ist perfekt 😊
      Um ande­ren Men­schen hilf­reich bei­sei­te ste­hen zu kön­nen, ist es von Vor­teil, wenn man Gefüh­le, Zwei­fel und Ängs­te nach­voll­zie­hen kann. Ich wür­de mich nicht gern jeman­dem anver­trau­en, der von sich behaup­tet, nichts und nie­mand wür­de ihn stres­sen. Es geht für mich eher dar­um, wie man heil­sam mit den Her­aus­for­de­run­gen des Lebens umgeht. Und dar­um, das Nega­ti­ve in sich zu erken­nen und zu ver­än­dern. Das ist ein lebens­lan­ger Prozess.

  3. Das Geheim­nis der weeken­der Typen ist eine cap­su­le ward­ro­be und die Marie Kon­do Tech­nik. Da passt alles zu allem und man braucht nur weni­ge Tei­le. Wenn man die dann noch mit der rich­ti­gen Falt­tech­nik platz­spa­rend in den Weeken­der bekommt, ist doch alles gut.

    • Hal­lo Lukas

      könn­te man auch Wochen­end Rei­sen­der schrei­ben !!?? Was bit­te schön ist eine Kapselgarderobe !!??
      Die deut­sche Spra­che ist eine sehr schö­ne und prä­zi­se Spra­che … ich mei­ne doch nur .… !!

      Marie Kon­do arbei­tet als Ord­nungs­be­ra­te­rin .… echt jetzt , braucht Mensch so etwas ?? Der Mensch als Krö­nung der Schöp­fung, oder des Zufalls ?? .… wie auch immer man das sehen mag… fliegt zum Mond , kon­stru­iert Brü­cken und Hoch­häu­ser und braucht dann eine Ord­nungs­be­ra­te­rin… selt­sa­me Zeiten 

      Grü­ße

      • Weeken­der ist kein Wochen­end­rei­sen­der, son­dern ein Gepäckstück.
        Und das die deut­sche Spra­che schön ist, dar­über lässt sich defi­ni­tiv strei­ten. Nicht umsonst lan­de­te deutsch bei einer Umfra­ge zu den häss­lichs­ten spra­chen welt­weit, hin­ter chi­ne­sisch, auf Platz zwei. 🙂
        Manch­mal hilft eine gute Suchmaschine:
        Das Prin­zip der Cap­su­le Ward­ro­be ist aus dem Mini­ma­lis­mus-Gedan­ken ent­stan­den – das Beschrän­ken auf ein Mini­mum. Das Ziel: Jede Frau und jeder Mann soll­te eine per­fek­te Grund­aus­stat­tung im Klei­der­schrank haben, wel­che aus gewis­sen Basics besteht, die viel­fäl­tig kom­bi­niert und getra­gen wer­den kön­nen. In Ihrer Cap­su­le Ward­ro­be soll­ten sich zeit­lo­se Designs befin­den, die allein­ste­hend ein sty­lishes Out­fit erge­ben aber auch hel­fen, aktu­el­le Trends umzu­set­zen. Sti­lis­tisch soll­ten Sie sich daher eher an schlich­te Pie­ces hal­ten, die das tag­täg­li­che Sty­ling erleich­tern. Ein eben­so wich­ti­ger Aspekt ist die Qua­li­tät, denn hoch­wer­ti­ge Mate­ria­li­en wie bei­spiels­wei­se Cash­me­re und Sei­de hal­ten bei guter Auf­be­wah­rung und kor­rek­ter Pfle­ge meh­re­re Jah­re. Im Schnitt ent­hält eine Cap­su­le Ward­ro­be je nach indi­vi­du­el­len Bedürf­nis­sen ca. 30–40 Tei­le pro Jah­res­zeit – inklu­si­ve Schu­hen und Taschen. Wir zei­gen Ihnen, wie Sie Ihre eige­ne Cap­su­le Ward­ro­be erstel­len und wel­che Arti­kel Sie dafür benö­ti­gen. (Quel­le:https://www.breuninger.com/de/editorial/capsule-wardrobe/)
        Ich arbei­te als ein­rich­tet in kann dir sagen: Ja, der Mensch braucht so etwas. Und am bes­ten schon gestern.

        • Hal­lo zurück

          na dann ist der Weeken­der ein Gepäck­stück und wird von Deepl als Wochen­end­aus­flug über­setzt … alles richtig 👍

          Da hab ich wohl alles rich­tig in mei­nem lan­gen Leben gemacht ohne Ord­nungs­be­ra­te­rin oder einem der mir erklä­ren müß­te wie die Grund­aus­stat­tung in mei­nem Klei­der­schrank aus­se­hen soll­te.… für mich ein Job oder Idee die die Welt nicht braucht.
          Wer aller­dings so jeman­den benö­tigt , hat die Kon­trol­le über sein Leben verloren !!

          Wie haben es nur die ver­gan­ge­nen Gene­ra­tio­nen von Men­schen geschafft ohne all dem durchs Leben zukommen !!

          Guten Start in eine auf das mini­mals­te redu­zier­te Woche mit Kapsel-Garderobe

          • 🙂
            Viel­leicht hat das ja etwas mit Erzie­hung zu tun.
            Aber das ist ein ganz ande­res The­ma und ist einen neu­en Arti­kel wert.
            😉

        • Was war denn das für eine Umfra­ge? 2015 hat die Online-Sprach­platt­form Bab­bel eine Umfra­ge zu den attrak­tivs­ten Spra­chen gemacht, da lan­det Deutsch nach Fran­zö­sisch, Ita­lie­nisch, Spa­nisch und Eng­lisch immer­hin auf dem fünf­ten Platz (!?!) Sagt Google

  4. 2 Hosen, 2 Hem­den, Jacke, TShirts, Socken, Schu­he. Evtl Müt­ze und Hand­schu­he im Win­ter. Das muss rei­chen. Dazu Lade­ge­rät, Note­book. Bei mir begin­nen die Pro­ble­me mit der Foto-Aus­rüs­tung. Das gro­ße Video­sta­tiv oder nur das klei­ne Leich­te? Wel­che Objek­ti­ve? Bei­de Kame­ras, oder nur Eine? Power­bank? Ersatz­ak­kus? Gim­bal, Droh­ne oder Ste­ady­cam? Man muss das ja auch alles bewe­gen kön­nen, idea­ler­wei­se über meh­re­re Kilometer .…

    • Wenn man Tech­nik mit­neh­men will oder muss, sieht die Sache sicher­lich noch mal anders aus. Foto­aus­rüs­tung ist schwer und braucht Platz. Hier gilt dann wohl auch „Mut zur Lücke“, wenn man sich nicht so sehr abschlep­pen möchte.

      • Ach naja, ist für mich eigent­lich ähn­lich. Da man Situa­tio­nen nicht wirk­lich minu­ti­ös vor­aus­pla­nen kann (es läuft doch nie so, wie man gedacht hat), ist mei­ne Devi­se auch beim Foto­ruck­sack: so leicht aber gleich­zei­tig viel­sei­tig wie mög­lich, um mög­lichst vie­le Even­tua­li­tä­ten abzu­de­cken, aber auch beweg­lich zu bleiben.
        Bei Klei­dung ist es viel­leicht ein­fa­cher, noch etwas radi­ka­ler zu sein – je nach­dem auch, was ich am Ziel­ort vor­ha­be. Eine Stadt­rei­se impli­ziert da halt ande­re Ansprü­che als ein Strand­ur­laub oder Wan­der­aben­teu­er. Ich grei­fe ger­ne – also ich ver­ste­he mich als Mann 🙂 – ganz anspruchs­los auf den Klas­si­ker zurück: Jeans, Hemd, Sak­ko, Snea­k­ers. Rich­tig Oll, schlicht, lang­wei­lig, bestimmt nicht so modisch wie die­ses Kap­sel-Din­gens, passt aber fast über­all. Nur für den Foto­ruck­sack, da braucht es dann noch eine robus­te­re Jacke .… oder ich beschrän­ke mich auf Street­fo­to­gra­fie, da brauch ich dann nur ne klei­ne, unauf­fäl­li­ge Spie­gel­lo­se Kame­ra ohne Wech­sel­ob­jek­tiv und kann auf Foto­ruck­sack und Aus­rüs­tung kom­plett ver­zich­ten, das wäre dann wirk­lich “Mut zur Lücke”, zwar sehr leicht, aber auch auf Kos­ten der Viel­sei­tig­keit … wie im rich­ti­gen Leben 🙂

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