Es gehört schon ein bisschen Optimismus dazu, sich mit einem Glas Tee im Außenbereich eines Cafés für ein Gespräch auf der Prinzenallee niederzulassen. Denn unentwegt tobt der Verkehrslärm, ertönen Polizeisirenen, brausen Einsatzfahrzeuge auf der notdürftig freigeräumten Rettungsgasse auf der Radspur entlang. Doch spätestens, als ein geschmückter Mercedes mit einem Hochzeitspaar angefahren kommt und in einer Hofeinfahrt verschwindet, eine Trommlergruppe auftritt und sich viele Hochzeitsgäste auf dem Gehweg stauen, ist an ein Gespräch nicht mehr zu denken. Wir räumen das Feld – erfüllt von dem Gedanken, dass dieser kurze Straßenabschnitt so voll mit Weddinger Leben ist wie kaum ein anderer.
Allein schon der klangvolle Name, der so gar nicht zum heutigen Straßenbild zu passen scheint, kommt mir in den Sinn. Denn Prinzen nahmen einstmals diesen Weg vom Kaninchen- und Hühnergarten im Wedding zum Schloss Schönhausen. Der Kaninchengarten lag südlich der Prinzenallee; etwa dort, wo heute Bellermann‑, Stettiner und Grüntaler Straße liegen. König Friedrich I. ließ um 1712 das Wildgehege für den Kronprinzen, den späteren Friedrich Wilhelm I., als “Jagdplaisier” anlegen. Dort jagte er Fasane, Rebhühner, Hasen und Kaninchen. Bereits 1753 sollte das Gelände in eine Maulbeerplantage umgewandelt werden. Spätestens seit 1857 hieß die Straße Prinzenallee.
Nicht nur Geschäfts- und Wohnhäuser lagen am Straßenabschnitt zwischen Bellermannstraße und Badstraße. Die 1881 gegründete Berliner Weißbierbrauerei von Eduard Gebhardt in der Prinzenallee 79–80 wurde 1914 zur Malzbierbrauerei Groterjan. 1929 wurde das expressionistische Klinkergebäude fertiggestellt. Nach der Schließung der Brauerei wurden die Produktionsstätten abgerissen, nur das Verwaltungsgebäude blieb erhalten.
Ein weiterer Traditionsbetrieb, der zwar nicht an diesem Standort entstanden ist, ist das bis heute bestehende Sanitätshaus Hempel. Seit 1995 wurden in der Prinzenallee die Firmenzentrale und die Produktionsstätte für Prothesen und Orthopädietechnik angesiedelt.
Was die Prinzenallee aber vielleicht am sichtbarsten prägt, ist die hohe Dichte an Lebensmittelmärkten, Imbissen und Restaurants. Bei Örnek (Hs.nr. 80–82) werden die türkischen Pizzen, Lahmacun, so frisch verkauft wie sonst fast nirgends im Wedding. Leckere Gözleme und Manti bekommt ihr in der Hausnummer 7. Und für Fleisch und Merguez-Würste aus der Halal-Fleischerei Haroun (Hs.nr. 13) kommt die Kundschaft aus ganz Berlin, da die Qualität und Beratung hier einzigartig ist. Einen ungewöhnlichen Mittagstisch könnt ihr in der Hausnummer 83 erleben: montags und dienstags gibt es bei Dal Tokki koreanisches Essen, mittwochs bis freitags französische Küche.
Wie so oft lohnt sich an der Prinzenallee aber der genauere Blick zwischen die Häuserreihen. An der Hausnummer 8 gibt es nur eine kleine Durchfahrt, die zu einem riesigen Schulhof führt. Das Gebäude der Gesundbrunnenschule liegt in der zweiten Reihe und ist ein beeindruckendes Beispiel der Architektur der 1890er-Jahre. Auf der anderen Straßenseite der Prinzenallee haben viele Häuser langgezogene Höfe mit Remisen, Gewerbehöfen und sogar ein jüdisches Bethaus war dort zu finden. In einem Hintergebäude der Prinzenallee 87 befand sich die einzige Synagoge des ganzen Wedding. Heute ist das Gebäude noch immer stark verändert erhalten, es wurde lange von den Zeugen Jehovas genutzt.
Zurück in den tosenden Lärm der Prinzenallee, auf der es sich an Werktagen immer leicht staut, und sich die Busse der Linie M27 deswegen irgendwie immer zu voll und viel zu langsam fortbewegen. Die Obst- und Gemüseverkäufer der Supermärkte überbieten sich im Rufen der Angebote, und überhaupt wird auf dieser Straße immer laut geschrien. Eine Straße, die pulsiert, viel zu viel Verkehr aushalten muss.
Eine Stunde auf dieser anstrengenden Meile, ich habe jede Menge Abgase eingeatmet. Aber auch jede Menge Weddinger Leben!
Es ist erstaunlich, wie schnell sich die Wahrnehmung ändert und was Nachbarschaft ausmacht! In dem beschriebenen Abschnitte der Prinzenallee würde ich nicht wohnen wollen. Ich wohne in der Wollankstraße, in Richtung Pankow und fühle mich dort wohl. Obwohl diese Strasse die Verlängerung der Prinzenallee ist, ist die Wahrnehmung hier eine andere. Was auch hier auffällt, ist alltägliche Feierabendstau. Zudem die zunehmende Vermüllung auf den Gehwegen und in Hauseingängen.
„Zu verschenken Utensilien“, Sperrmüllablagerung an Bäumen, Glascontainern etc.-irgendjemand wird es schon wegräumen. Und dennoch wirkt die Wollankstrasse mit den breiten Bürgersteigen, angenehmer als die Prinzenallee. Schlimm wird es erst wieder ab dem Nettoparkplatz, Dreck überall, ein Döner Imbiss neben dem anderen (5 auf einer Strecke von 200m, was ist das Geldwäsche?), Lounges in denen kaum jemand sitzt, Spätverkaufsstellen, ich glaube 3, mit der entsprechenden Klientel davor. In den letzten zwanzig Jahren hat sich die Bevölkerungsstruktur verändert. Die alten SPDler haben das Zeitliche gesegnet! Es ziehen immer mehr junge Leute aus verschiedenen Ländern in die Wollankstraße und machen das Leben bunter.
In der Wollankstraße habe ich Ende der 1990er bis 2004 gewohnt und dann in der Steegerstraße. Es war nach Mauerfall und Wiedervereinigung, noch ok bis 2007, dann veränderte sich die Gegend, nicht immer positiv. Mein Sohn wohnte noch ein paar Jahre in der Grüntalerstraße an der Grenze zu Pankow. Insgesamt habe ich über 40 Jahre in verschiedenen Wohnungen im Wedding verbracht, es waren sehr viele schöne Zeiten dabei, die ich nicht missen möchte. Inzwischen lebe ich mit meiner Familie nicht mehr in Berlin, vermisse an manchen Tagen schon diese lebhafte, nicht immer angenehme Stadt und die alten Zeiten!
Ich habe in der Prinzenallee 81 gewohnt .bin bis 1954
Ich arbeite in der Prinzenallee seit knapp 15 Jahren und muss sagen mir gefällt sie durchaus aber wohnen wollte ich dort nicht. Sehr belebt und viele kulinarische Erlebnisse sind zu haben. Die Geschichte der Gebäude ist wirklich interessant. In den letzten 2–3 Jahren sind mir aber auch gefühlt mehr unerfreuliche Dinge aufgefallen. Nicht nur mehr Müll (das ist ja sowieso Standard im Wedding) aber auch wohnungslose Menschen die direkt auf der Straße schlafen. Von der Dauerbaustelle der U Bahn Pankstraße mal abgesehen. Da finde ich die umliegenden Straßen (Bellermann, Travemünder, Grüntaler) etwas idyllischer.
Danke für den Artikel.
Muss ca. einmal im Monat dorthin zur Bank,notgedrungen. Diese Straße ist das reinste Dr…loch, Glückwunsch für jeden, der
dort nicht leben muss. Sowie glücklich, wer überhaupt nicht in diesem Stadtteil u.ähnlichen in Berlin wohnen muss.
Ernst Reuter, ( schaut auf diese Stadt), rotiert wahrscheinlich vor Graus und Entsetzen in seinem Grab. Fünf km entfernt vom Zentrum beginnt in Berlin der Alptraum.
Was bist du denn für einer?
Bleib doch in deinem Nest, wo es keine Bank gibt. Hast du mal von Onlinebänking gehört dann brauchst du nicht mehr kommen.
Und bitte lass es, anderer Leute zuhause madig zu machen
Ich denke, Niemand möchte etwas madig machen, aber die Realität ist leider nicht zu leugnen!
Die Realität ist, dass hier mehrere Menschen geschrieben haben, dass sie hier gern wohnen.
Gerade um den Bahnhof Pankstrasse ist es unglaublich dreckig!
Hier vielleicht noch eine kleine Ergänzung. In der Turnhalle der Schule Prinzenallee 8 trainiert seit Jahrzehnten der älteste Boxclub Deutschlands, die SV Astoria eV.
Alles nett beschrieben, aber doch wohl nicht ernst gemeint. Die Prinzenallee ist runtergerockt und ich laufe da nur mit Grausen durch. Man fühlt sich da so fremd im eigenen Land, wie nur noch in der Sonnenallee. Dreckig, laut und befremdlich. Nö Danke.
Ich wohne hier gern und in der Prinzenallee gibt es tolle Geschäfte und leckere Restaurants. Aber ich fühl mich hier auch nicht fremd, wie kommst du zu dieser Aussage?
70
Ich lebe seit 2011 in der Prinzenallee. Mir auszuhalten dank dunkler Hinterhofwohnung. In den ersten Jahren Schritt ich auf dem Weg auf die Strasse durch unseren Hausflur über obdachlose, bewusstlos, im eigenen Urin liegend. Später standen die Männer, die im Hausflur in der 70 standen zwar noch, wurden bei der Dichtung von Löffel und Feuerzeug aber mit einem Fusstritt nach draussen befördert. Ich sah Frauen ihre babies über den Bortstein halten zum kacken. Ich sah junge Männer auf mein Dekolleté starren mit den Worten „ist das dein Ernst??“ – als ginge es sie etwas an, dass ich drunter keinen BH trug. Ich seh seit Jahren den Dreck, dur Nachbarn illegalen Müll auf der Strasse abstellen. Ich sehe täglich Fremde vor unserem Haus herumliegen, unsere Wände beschmiert. in 12 Jahren 3 Hauseigentümer, keiner hat Bock in das Grundstück Geld reinzubuttern, also verkommt es… Ratten, Müll auch im Innenhof – immerhin fängt der Fisch am Kopf an zu stinken. Ich will nicht wissen, wie es bei den Leuten zu Hause aussieht, wenn Sir vor der Haustür keine Ordnung halten können und wollen. Gottsei dank ist die Prinzenallee mittlerweile nur Zweitwohnsitz. Nach einer Woche in dieser Strasse hab ich jedes Mal so die Schnauze voll…warum nach Berlin kommen? da rechts nach Schweiß, Tränen, Tabak, Urin!!! auf dem Land rechts nach Lavendel, Flieder, Wasser…. und weniger ungeziefer
Welche Hausnr. wohnst Du.
Diese Übergriffigkeiten von jungen, morgenländischen Männern sind unerträglich! Einige unternehmen wirklich den Versuch ihre alten, patriarchalischen Moralvorstellungen in geltendes „Straßenrecht“ umzusetzen. Ich hasse das! dem muss man Widerstand entgegensetzen. Dieses Machgehabe ist einfach nur zum „Übergeben“ Hätte ich Kotzen schreiben dürfen? 🙂
Schöne Aufnahmen von der Prinzenallee, in Nr. 81 wo jetzt der Döner ist war ein Elektroladen, der Fernseher rep. und daneben war ein Bandagengeschäft. Das Bild unter Groterjahn war früher eine Schneiderei für Morgenmäntel wo ich als Kind die Knöpfe annähen durfte. Schöne Erinnerungen.
Es grüßt Sie herzlichst Marianne Knoll
Und jetzt wohnen Sie wahrscheinlich woanders. Glückwunsch.
Ich kenne den Wedding seit 1978, habe dort gewohnt und gearbeitet! Meine Kinder sind dort zur Schule gegangen, wir hatten wunderbare Jahre! Es war immer ein einfacher Arbeiterbezirk, aber herzlich… Dann kam die Wende 1989, und langsam ging es bergab! Dieser Bezirk hat mehr und mehr an Charme und Gemütlichkeit verloren, was ich sehr bedauerlich finde!