Wenn man hier am Wochenende über Märkte schlendere oder abends in Bars sitze, mache der Wedding durchaus einen toleranten und weltoffenen Eindruck. Dennoch gäbe es im Viertel kaum queere Spaces. „Das wundert mich eigentlich”, sagt Natascha. Zusammen mit ihren Freund*innen Luca, Caro, Sophia und Charlotte hat sie sich vorgenommen, einen solchen Ort zu etablieren. Oder besser gesagt: die Fackel weiterzutragen. Diesen Sommer hat das Team die Curly Bar im Antonkiez übernommen – die vorigen Betreiber*innen hatten sich wieder voll und ganz ihrer bereits betriebenen Bar in Neukölln widmen wollen. „Wir hatten immer mal wieder so halb als Witz davon geträumt, dass wir ja ja eine Bar zusammen aufmachen könnten”, sagt Caro. „Dann hing hier ein Zettel an der Tür, dass neue Betreiber*innen gesucht werden. Es war als fänden wir ein Nest für uns. Es hat genau gepasst.”
Vor dem Curly war in den Räumen die Moritz-Bar, ebenfalls ein Treffpunkt der LGBTQ-Community, sogar über den Wedding hinaus. Die hat nun, neben dem queer-feministisch geführten Café Cralle in der Hochstädter Straße, endlich wieder einen Ort für queere Kneipenabende und andere Community-Veranstaltungen. Geplant sind unter anderem kleine Musikperformances, Lesungen, Filmvorführungen, Speed-Dating-Runden und Quiz-Events. Im Winter soll es außerdem ein paar Specials geben.
von links: Caro, Luca, Charlotte, Sophia, Natascha
Wie die Vorgänger*innen legt auch das neue Curly-Team großen Wert darauf, alle Menschen willkommen zu heißen, die offen und tolerant sind. „Wir hatten Angst, ob die Leute diesen Ort überhaupt noch auf dem Schirm hatten”, sagt Charlotte. Die Angst war unbegründet: Zur Eröffnungsnacht im August war es bombenvoll. „Es kamen viele Leute, die sagten: Wie schön, dass ihr wieder da seid! Darunter auch Nachbar*innen von nebenan und im Haus. Das hat uns besonders gefreut.” Die Veränderungen der Räume zum vorherigen Curly sind subtil. Die Wände wurden neu gestrichen, ein paar Böden verlegt und alles etwas schlichter gehalten. Auch die Karte erfuhr ein Update. Kuchen gibt es bis auf Weiteres nicht mehr, dafür eine wechselnde Auswahl an Drinks und selbst gemachten Limonaden.
Impressionen aus der “alten Curly-Bar”, Fotos: Charleen Effenberger, Foto rechts: Hilde Muffel
Zuvor haben die fünf in einem Social-Impact-Unternehmen zusammen in einem Team gearbeitet. Ihre Dynamik in der Arbeitsteilung und das Einbringen der jeweiligen Stärken hatte sich dort bereits bewährt. Alle leben in Laufweite der Bar, sie sind Weddinger*innen seit Jahren, und zwar „bewusst”, wie sie lachend erklären. Woanders hätten sie keine Bar aufmachen wollen. In der Nachbarschaft seien die Netzwerke eng verflochtener als anderswo. Es sei jedoch bedauerlich, dass immer wieder Orte schließen, die man lieb gewonnen hat, insbesondere kleine Restaurants. „Da trauert man richtig”, sagt Luca. Auch deshalb wollen die fünf hier die Community, so oft es geht, miteinbeziehen. „Wer Lust hat etwas beizutragen, darf sich jederzeit bei uns melden”, sagt Sophia. Sie sind sicher: Umso mehr man zusammenhält, umso mehr Liebe und Unterstützung bekommt man zurück.
Curly Bar, Adolfstr. 17, Mi-So ab 19 Uhr
Fotos: Curly Bar
Unser Bericht über die vorherige Curly-Bar aus dem Jahr 2021