Jeden Morgen machen sich über 500 Kinder auf den Weg zur Möwensee Grundschule im Wedding. Zu Fuß, mit dem Fahrrad, mit dem Tretroller, mit dem Bus und im Auto der Eltern. Kurz vor 8 Uhr herrscht auf den Fußwegen, Radwegen und Straßen rund um die Schule deswegen Hochbetrieb. Bei so vielen Menschen auf engem Raum, die pünktlich zum Schulbeginn da sein möchten, geht es schon einmal stressig und hektisch zu. Vor allem aber wird es immer wieder auch sehr gefährlich, denn einige Verkehrsteilnehmerinnen und ‑teilnehmer nehmen leider überhaupt keine Rücksicht auf die anderen Menschen um sie herum.
Ein normaler Nachmittag vor der Möwensee Grundschule. Zwei Autos parken in der Afrikanischen Straße auf dem Radweg vor dem Schuleingang.
Was sagt die Polizei?
Die Berliner Polizei, die sich das Treiben rund um die Möwensee (zwischen Afrikanischer Straße, Petersallee und Manga-Bell-Platz) zum Schulstart wieder einmal mehrere Tage ganz genau angesehen hat, kommt zu einem eindeutigen Fazit: “Die einzigen gefährlichen Situationen im Straßenverkehr vor der Möwensee-Schule verursachen Eltern in Autos.” Wobei selbstverständlich nicht alle Eltern in den sogenannten Elterntaxis gemeint sind. Die Mehrheit verhält sich vorbildlich sowie unauffällig und ermöglicht nicht nur den eigenen, sondern auch allen anderen Kindern, sicher zur Schule zu kommen.
Einige wenige Autofahrerinnen und Autofahrer hingegen sorgen jeden Morgen und jeden Nachmittag, wenn die Schule endet, für massive Probleme und gefährden dabei sich selbst, ihre und alle anderen Kinder sowie andere Eltern und auch andere Autofahrerinnen und ‑fahrer. Diese rücksichtslosen Eltern halten und parken in zweiter Reihe, brettern über die Radwege sowie Grünstreifen vor der Schule, halten, parken, rangieren und wenden zwischen Kindern hin und her. Sie blockieren ohne Rücksicht auf die Sicherheit der anderen Menschen um sie herum zudem tagein tagaus die Schuleinfahrten und somit die wichtigen Feuerwehrzufahrten der Schule. Im Notfall wäre dadurch ein verzögerter Rettungseinsatz die Folge. Selbst der fließende Verkehr leidet massiv unter den Autos, die überall rund um die Schule, insbesondere aber rund um die Schuleingänge, rücksichtslos ihren Platz suchen.
Auch auf die BSR und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nehmen diese Eltern keine Rücksicht. Selbst zwischen Müllautos, Mülltonnen und Müllmännern rangieren regelmäßig Elternautos, nur damit ihre Kinder direkt vor dem großen Schultor aus dem Wagen steigen können. Auch wenn 20 Meter weiter oftmals freie Parkplätze vorhanden sind. Und wenn es mal regnet, wird alles noch schlimmer.
Besonders gefährlich wird es zudem, wenn Eltern mit ihrem Auto direkt auf den Schulhof fahren, auf dem Elternautos überhaupt nichts zu suchen haben. Dies interessiert einige Möwensee-Eltern aber überhaupt nicht, sie fahren einfach vorbei an unzähligen Kindern und Eltern, die sich dort fast immer aufhalten. Im Grunde ist es ein Wunder, dass sich in den letzten Jahren noch kein Unfall ereignet hat. Es ist vermutlich aber nur eine Frage der Zeit, bis etwas passiert. Ob nun vor der Schule oder auf dem Schulhof.
Kurz nach 8 Uhr: Der Ansturm vor dem Schuleingang in der Afrikanischen Straße ist vorbei. Ein einsames Auto parkt schräg vor der Einfahrt auf dem Grünstreifen und dem Radweg.
Die Probleme sind alle nicht neu. Die Schulleitung der Möwensee informiert und schreibt seit Jahren engagiert gegen das Verkehrschaos auf und um die Schule herum an. “Zur Sicherheit aller Schüler, insbesondere der Lernanfänger, bitten wir Sie nochmals, das Schulgelände nicht zu befahren und auch nicht direkt an oder auf der Straße vor den Eingängen mit dem Auto zu halten”, heißt es in einem Elterninfoblatt, das alle Eltern direkt zum Schulstart bekommen haben. Auch an den Elternabenden und den Sitzungen der Gesamtelternvertretung der Schule sorgt das Thema Verkehrssicherheit seit Jahren immer wieder für Gesprächsstoff und hitzige Diskussionen. Einige Eltern trauen sich aufgrund der unübersichtlichen Verkehrslage nicht einmal mehr, ihre Kinder alleine zur Schule laufen zu lassen, selbst wenn es sich nur um einige Meter handelt.
Warum gibt es keine Schülerlotsen?
Früher waren diese ganzen Probleme, für die einzig und allein einige wenige Eltern verantwortlich sind, nicht so massiv. Schülerlotsinnen und – lotsen gibt es schon länger nicht mehr an der Möwensee Schule. Der Grund ist banal und erschreckend: Die Verkehrssituation rund um die Schule ist einfach zu gefährlich für Kinder, die den Verkehr regeln. Das Klima auf den Straßen ist mittlerweile so aufgeheizt, dass autofahrende Eltern selbst die jungen Verkehrshelferinnen und ‑helfer verbal massiv angegangen sind. Einsicht über das eigene Fehlverhalten ist leider Mangelware. Die Ignoranz dieser Eltern ist kaum zu toppen. Die meisten wissen, dass sie sich falsch verhalten, machen es aber trotzdem und sagen dies auch so.
Dies konnte auch die Polizei zuletzt feststellen. Selbst Eltern, die einen Strafzettel (50 Euro für das Halten in zweiter Reihe) bekommen haben, sahen ihr Fehlverhalten nicht ein. Aber Stress, Zeitdruck und Co. können nun einmal keine Entschuldigung für verkehrswidriges und gefährliches Verhalten sein. Eigentlich wäre hier Nachhilfeunterricht nötig! Die Schulleitung, die Elternvertreterinnen und ‑vertreter sowie alle Pädagogen und Pädagoginnen können diesen Eltern aber nun einmal keine Nachhilfe in Sachen Straßenverkehrsordnung geben. Insgesamt weiß die Berliner Polizei aber auch, dass die Verkehrssituation, wenn sie Präsenz vor der Möwensee Schule zeigt, deutlich entspannter und anders ist, als an “normalen” Tagen ohne Polizei.
Was müsste passieren?
Eine Lösung für das tagtägliche Verkehrschaos an der Möwensee ist derzeit nicht in Sicht. Was viele Eltern frustriert! Dabei könnte alles so einfach sein: Keine Mutter und kein Vater muss sein Kind direkt vor dem Schultor und schon gar nicht auf dem Schulhof aus dem Auto steigen lassen. Andere Eltern schaffen es auch, mit ihren Wagen einige Meter entfernt vom Schultor oder in einer der anderen Straßen rund um die Schule zu halten oder zu parken. Die Einhaltung der Straßenverkehrsordnung – auch wenn die Polizei nicht vor Ort ist – wäre ein weiterer großer Schritt in die richtige Richtung. Im Grunde aber ist die Lage derzeit eindeutig: Ohne Polizei ist und bleibt die Verkehrssituation angespannt und gefährlich. Eine tägliche Polizeipräsenz ist aber nun einmal nicht möglich. Vielleicht muss deswegen eine bauliche Veränderung, die es unmöglich macht, vor der Schule zu halten oder zu parken, her. Denn gerade die parkenden Autos neben der Ampel auf der Afrikanischen Straße behindern oft auch den fließenden Verkehr.
In der Petersallee – dort befindet sich der Hintereingang der Schule – ist nur wenig Platz. Kurz vor 8 Uhr kommt hier keiner stressfrei durch die Straße.
Die Möwensee Grundschule ist mit all diesen Problemen im Wedding und in ganz Berlin nicht alleine. In keinem anderen Bundesland werden Kinder laut ADAC öfter zur Schule gefahren als in Berlin. Überall in der Stadt gibt es daher Probleme mit autofahrenden Eltern. Ausgewiesene Elternhaltestellen können an einigen Schulen helfen, das motorisierte Chaos zu bewältigen. In dicht besiedelten Wohngebieten, in denen die meisten Berliner Schulen aber nun einmal stehen, erscheint dies schwierig. Selbst der Autoclub ADAC macht sich deswegen dafür stark, “Kinder bereits in der ersten Klasse zur Schule gehen zu lassen”. Wenn dies in einigen Familien aus ganz individuellen Gründen nicht möglich ist, wäre es vielleicht ein Anfang, das eigene Kind ein wenig abseits der Schule rauszulassen beziehungsweise die letzten Meter gemeinsam zu Fuß zurückzulegen. Andere Eltern schaffen das ja auch. Andere Eltern schaffen es zudem, Rücksicht auf die anderen Eltern und Kinder zu nehmen. Nicht nur das eigene Kind hat ein Recht darauf, sicher zur Schule zu kommen, sondern alle Kinder.
Alle Verantwortlichen an der Möwensee können dieses große Verkehrsproblem leider nicht mehr alleine lösen. Vielleicht können wir aber mit anderen Schulen im Wedding das Thema auf die Agenda von Politik und Verwaltung bringen und langfristig so eine Lösung für alle betroffenen Schulen im Wedding fordern und planen. Die Zeit drängt: Wenn erst einmal ein Unfall passiert, ist es zu spät!
Text/Fotos: Alexander Hüsing, Vorsitzender der Gesamtelternvertretung der Möwensee Grundschule.
Wenn die Schulleitung und die Polizei etwas ist. Ein absperband so kann kein Auto reinfallen und der wo in die Grünfläche reinfahrt das können Lehrer und Hauswart überwachen. Fotografieren Anzeige machen.
Polizei: 100m vor und nach denn Eingänge oder sogar ein Fahrverbot hinstellen so dass die nicht befahren darf und regelmäßig kontrollieren, denn spühlt das sehr viel Geld in die Kasse. Das ist dann eine Goldgrube.
Vielleicht mal einen Lehrer/Eltervertreter am Morgen vor das Tor stellen, der die betroffenen Eltern direkt anspricht und auf die Problematik hinweist. Und an riskanten Stellen Poller aufstellen (lassen).
Vielen Dank, sehr guter Text. Vergleichbare Situation an der Humboldthain Grundschule. Gerne via BEA vernetzen, auch #Schulzonen via @CCitiesOrg ist für Vernetzung gut https://changing-cities.org/kampagnen/100schulzonen/
Logo, wenns nach dem ADAC geht: Nicht die Autofahrer sind schuld, sondern die Berliner. In anderen Bundesländern kommt das nicht vor…
Wer wirklich Hilfe sucht: Aktionswoche “Zu Fuß zur Schule” des Bund Umwelt und Naturschutz (BUND). Gibts an vielen Berliner Schulen. Wird auch von Lehrern und Schulleitungen unterstützt. Da habe ich schon vor 10 Jahren immer wieder mitgemacht, als mein Kind in die Grundschule ging. Immerhin hat es die unbelehrbaren Eltern eingeschüchtert und wurde jährlich wiederholt. Da sollte die Möwenseeschule mitmachen!
Deutsches Kinderhilfswerk (DKHW), Verkehrsclub VCD, Bund Umwelt und Naturschutz BUND:
https://www.bund-berlin.de/service/suchergebnis/?id=45&tx_solr%5Bq%5D=Zu+Fu%C3%9F+zur+Schule&tx_solr%5Bfilter%5D%5B0%5D=&tx_solr%5Bsort%5D=relevance+desc
Guten Morgen
ach was waren das für entspannte Zeiten als alle Kinder noch selber zu Fuss in die Schule gingen.…
Es ist schon ein kleines Wunder das es noch nie zu einem Unfall gekommen ist.
Eine Zeitlang mußte ich fast täglich mit dem Rad dort (Foto Nr 3) lang fahren… nach einer weile zog ich es vor lieber auf der gegenüber liegenden Seite zufahren, weil mir einfach das Risiko zu groß war eines der aussteigenden Kinder anzufahren – weil Mütter nicht darauf geachtet haben, es gab auch die ganz Uneinsichtigen die einfach nicht kapieren wollten das dort ein Radweg ist
Sonnigen Herbst noch