Die Leute kehren nicht in die Kulturhäuser zurück. So klagt die Szene. Ein Beispiel für weniger Gäste ist der Pianosalon Christopheri. Betreiber Christopher Schreiber ist nicht zum Lärmen oder Jammern veranlagt. Ein Grund mehr, gerade ihn zu besuchen und zu fragen, wie es seinem Kulturort nach Corona geht.
Christoph Schreiber spricht ruhig, fast leise, bedächtig im Sinne von mit Bedacht (gibt es noch das Adjektiv bedachtsam?). Er ist groß, steht schwarz gekleidet zwischen zahlreichen schwarzen Klavieren in einer von außen unscheinbaren Lagerhalle auf dem Gelände der Uferhallen. Corona habe der Klassik zu schaffen gemacht, sagt er, das Publikum sei bis heute nicht vollständig zurückgekehrt. “Das geht aber vielen so”, sagt Christoph Schreiber mit Blick auf andere Musikorte. In der Stadt, in Europa. Man kann sagen, die Branche leidet an Post-Covid, krankt an Folgen der Pandemie, obwohl diese lange vorbei ist.
Veränderungen, die auch ohne Covid passiert wären
Zuletzt hat der Weddingweiser vor acht Jahren über das Pianohaus berichtet. Acht Jahre sind eine lange Zeit. Zwischendurch war Corona – und andere Dinge sind passiert. So arbeitet Christoph Schreiber nicht mehr als Mediziner. Er spricht über diese Profession in einem Tonfall, dass deutlich wird, den weißen Kittel würde er nur äußerst ungern wieder anlegen. Nun hat er Zeit für seine Leidenschaft. Doch das heißt auch, sich Zeit für seine Leidenschaft nehmen zu müssen. Musikveranstalter zu sein, das sei ein Twentyfourseven-Job. Er telefoniere unglaublich viel, habe Musik und Musiker zu managen. Und die Familie ist natürlich auch noch da, sagt der dreifache Vater. Das sind Veränderungen, die nichts mit dem erst unbekannten, nun halbwegs vertrauten Virus zu tun haben.
Christoph Schreibers Leidenschaft gilt in Wahrheit nicht der Organisation von Konzerten. Seine Begeisterung gilt historischen Instrumenten. Aus dem Arzt für Menschen ist ein Ganztags-Arzt für Pianos geworden. Sprich: Christoph Schreiber restauriert alte Flügel, Pianos, Klaviere. “Ich würde gern mehr handwerklich arbeiten”, sagt er. Das klingt ein Hauch bedauernd. Aber unzufrieden, wirkt er auch nicht. Offenbar hat das Leben ihn jetzt auf den richtigen Fleck gestellt. Irgendwo in einen Salon mit über 100 historischen Pianos. Wo er es sich leisten kann, Auftragsrestaurierungen abzulehnen. Weil das “zu viel Aufwand bedeutet, um es vernünftig zu machen”.
Am Publikum hängt alles
Also restauriert er historische Flügel für eigene Zwecke – spricht für das Konzert, für die Aufführung. Konzertfähig halten, nennt er diesen Teil seines Tagewerks. Er überlege sich, welches Instrument für einen Auftritt eines Gastmusikers in seinem Salon das richtige ist und setzt es instand. Aber angewiesen ist er auf das Publikum. Und das hat seine Gewohnheiten in den Lockdown-Jahren geändert. Im Pianosalon habe er das Glück, ein gemischtes Publikum anzuziehen, “auch wenn die Mischung weniger als vor Corona geworden ist”. Es ist zu spüren, dieser Satz soll nicht wehklagend klingen, nur beschreibend. Deshalb spricht Christoph Schreiber im nächsten Satz von Verantwortung und von der Aufgabe für Musikveranstalter. Als wolle er sage, man müsse die Leute eben zurückholen. Wieder überzeugen. Neu ansprechen. Sein Beitrag: Im Pianosalon zahlen Studenten 15 Euro für den Eintritt (Normalpreis meist 25 Euro). Das Getränk ist immer inklusive. Und er ermutige dazu, Kinder mitzubringen. Die meisten von ihnen würden konzentriert zuhören, so seine Erfahrung.
160 Stühle hat der Musik-Ermöglicher in der Lagerhalle aufgestellt. Früher waren es 199. Die Leute würden heute nicht mehr so eng sitzen wollen, wie es vor wenigen Jahren normal war. Und er organisiert seltener Konzerte auf Spendenbasis, setzt heute in der Regel feste Preise an. Hat Corona auch an der Bereitschaft genagt, eine gute Leistung auch unaufgefordert finanziell zu belohnen? Eine Frage, die sich jeder selbst vorlegen muss, um sie zu beantworten. Gut 5000 Euro im Monat muss Christoph Schreiber für die Miete aufbringen. Am System Raum gegen Mietzahlungen, daran hat Covid nichts geändert.
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Vielleicht läuft es mit einem anderen Konzept besser? Als Eltern ist es schwierig abends wegzugehen. Und am Tage werden keine Konzerte angeboten wenn die Kids in Kita und Schule sind. Es.gibt immer mehr Locations, die auf diese Bedürfnisse eingehen. Warum nicht auch der Piano Salon?
Oder man lässt auch Kinder mit in den Saal, bindet sie mit ein, bringt ihnen klassische Musik nahe und lebt damit, dass es etwas “lebendiger” zugeht und nicht still dazusitzen.
Beides analog der Lunchkonzerte der Berliner Philharmoniker.
Ist eine gute Frage an Christoph Schreiber. Probiere es doch mal, sie zu stellen: https://www.konzertfluegel.com/N_kontakt.html
Danke dir für die Adresse.
Frage ist gestellt.
Bin gespannt auf die Antwort.