Das City Kino Wedding ist die Heimat des Favourites Film Festivals. Auch wenn das Festival in Bremen einen zweiten Standort hat, ist der Wedding schon von Anfang an „das ganze Herz des Festivals“. So sagen es die beiden Festivalleiterinnen Paula Syniawa und Anna Jurzik. Doch nach elf Ausgaben ist jetzt Schluss: „Wir beerdigen es jetzt noch nicht für immer. Aber in diesem Jahr wird das Festival definitiv nicht stattfinden“. Für die Durchführung fehle das Geld.
Im Zentrum des kleinen, aber feinen Filmfestivals stand kein Thema, sondern die Zuschauer:innen. „Bei uns stand von Anfang an das Publikum im Mittelpunkt“, sagt Anna Jurzik. Ein inhaltlicher Schwerpunkt wie andere Festivals haben die beiden Organisatorinnen absichtlich nicht gesetzt. Sie haben stattdessen die Filmfestivals rund um den Globus beobachtet, dort die Filme ausgesucht, die einen Publikumspreis gewonnen haben und diese Filme zu einem Festivalprogramm arrangiert. „Wir wollten eine zusätzliche Plattform für Filme sein, von denen wir denken, dass sie gesehen werden sollten“, sagt Paula Syniawa. Das sind oft anspruchsvolle, kleine Produktionen mit großem künstlerischen Wert und Charme gewesen.
Der inhaltliche Fokus des Festivals ergab sich in jedem Jahr durch das Votum des Kinopublikums. Starke Charaktere standen so ganz automatisch im Zentrum von hochaktuellen Geschichten. Doch dieses Konzept hat einen Nachteil: es ist im Sinne der meisten Fördergeber nicht förderfähig. „Filmförderung ist weniger Kultur- und mehr Wirtschaftsförderung. Bei der Filmförderung geht es meist darum, Filmschaffende zu vernetzen, Kinostandorte zu stärken oder neue Produktionen zu fördern“, sagt Anna Jurzik. Beim Medienboard Berlin-Brandenburg, beim Land Berlin und allen anderen Fördertöpfen sind die beiden mit ihrem Konzept rund um die Publikumslieblinge deshalb abgeblitzt. „Wir wollen uns aber nicht verbiegen, denn wir sind überzeugt von unserem Fokus. Jedes Kino weiß, wie sehr man heutzutage ums Publikum kämpfen muss. Wir finden es wichtig, das Publikum ins Zentrum zu stellen“, sagt Paula Syniawa.
Für die Berliner Ausgabe des Favourites Film Festivals haben die beiden Organisatorinnen noch nie öffentliche Förderung bekommen. Mit Hilfe von Sponsoren und viel eigenem Engagement haben sie dennoch elf Festivals organisieren können. Nachdem sich der größte Sponsor nun zurückgezogen hat und auch die Coronahilfen, die im vergangenen Jahr geholfen hatten, ausgelaufen sind, ist das Festival finanziell am Ende. Für die Bremer Ausgabe des Favourites Film Festivals sehe die finanzielle Lage zwar besser aus, aber das Festival funktioniere nur im Zusammenspiel mit beiden Standorten. Deshalb haben Anna Jurzik und Paula Syniawa jetzt auch das Bremer Festival abgesagt.
„Nach so vielen Jahren können wir so einfach nicht weiter machen. Wir wollen auch, dass das, was wir tun, als Arbeit verstanden wird. Und die finanziert sich nicht allein durch Eintritte. Es braucht einfach eine Unterstützung“, sagt Paula Syniawa. Beide sind „supertraurig“, das Festival in diesem Jahr absagen zu müssen. „Aber wir sind als Kulturinitiative an einem Punkt, an dem wir einfach keine Luft mehr haben“, ergänzt Anna Jurzik. „So sehr unser Herz für das FFF brennt, das ein großer Teil unseres Lebens geworden ist, so klar sehen wir auch, dass diese Art zu arbeiten, ohne Planungssicherheit und mit hohem privaten finanziellen Risiko ihre Grenzen hat. Ein Festival zu kuratieren und zu organisieren ist kein Ehrenamt, das sich neben einem regulären Job realisieren lässt, es ist Kulturarbeit mit einer gesellschaftlichen Funktion, die Förderung braucht, da sie ihren Teil zur Filmauswertung, zur Belebung der Berliner Kulturlandschaft, zum Austausch und zu gegenseitigem Verständnis beiträgt“, sagen die beiden Organisatorinnen.
Ganz aufgeben wollen sie aber nicht. Sie hoffen, dass sich noch ein Sponsor findet, der sich langfristig für das Festival engagieren möchte – oder halt doch ein öffentlicher Fördergeber.
Über das Favourites Film Festival
Das Festival ist 2011 als Freiluftkinofestival in der Kulturfabrik Moabit gestartet, expandierte 2014 nach Bremen, wo es im vergangenen Jahr zum 9. Mal stattfand. Nach zwei zusätzlichen Sonderausgaben, 2012 im Kelebekler Vadisi, Türkei und 2015 im norwegischen Bergen zog die Berliner Ausgabe 2016 ins City Kino Wedding, wo es bis 2022 jährlich im September seine Festivalheimat hatte.
Transparenzhinweis: Der Weddingweiser ist in den vergangenen Jahren Medienpartner des Favourites Film Festivals gewesen. Als Redaktion bedauern wir das Aus des Festivals, das auch eine Bereicherung für den Weddinger Kulturstandort war.
Der Text entstand in Zusammenarbeit mit der Weddinger Allgemeinen Zeitung (–> E‑Paper), der gedruckten Zeitung für den Wedding. Autorin ist Dominique Hensel. Wir danken dem RAZ-Verlag!