Während der Weihnachtsmann für Wünsche bekanntlich offen ist, muss sich bei Karstadt noch zeigen, wessen Wünsche am Ende Realität werden. Am 1. Dezember soll es eine öffentliche Versammlung geben, bei der über die Zukunft des Warenhauses am Leopoldplatz gesprochen werden soll. Im Vorfeld gab es am 7. Oktober eine Kundgebung, “um die Öffentlichkeit aufmerksam zu machen”. Es geht um Abriss oder Umbau oder Leerstand.
Das Wort “Kiezgespräch” steht auf einem Wimpel, der neben dem Moderator der Kundgebung am 7. Oktober aufgestellt ist. Die Stadtteilvertretung “Mensch Müller” hatte die Veranstaltung auf dem Leopoldplatz organisiert. Rund 50 Interessierte kamen zusammen. Wichtigstes Anliegen, die Weddinger auf das Thema Karstadt aufmerksam zu machen. Da passiert nun was und ihr solltet euch einbringen und das jetzt, so der O‑Ton. Zweite wichtige Information war, dass es am 1. Dezember eine offizielle Versammlung für Anwohner und Interessierte geben wird. Die Pläne des Eigentümers sollen dann vorgestellt werden. Ort und Uhrzeit der Versammlung am ersten Tag des letzten Monats im Jahr stehen noch nicht fest. Doch an diesem Termin werden Informationen zur Zukunft des Karstadt-Hauses einer breiten Öffentlichkeit zugänglich. Das wird vermutlich ein Pflichttermin für echte Weddinger. Droht dem Karstadt Leerstand? Abriss? Ist Umbau bei laufendem Verkauf möglich?
Wünsche während der Kundgebung am 7. Oktober
Für die Gewerkschaft Verdi geht es um die 200 Mitarbeiter in allen Geschäften am Standort, davon 82 im Warenhaus und 38 in der Lebensmittelabteilung. Die Beschäftigten haben bereits betriebsbedingte Kündigungen erhalten. “Warum?”, fragt ein Gewerkschafter. Er will für einen “bürgergerechten Umbau” streiten. Das heißt, statt mehrjährige vollständige Schließung, will er Teilöffnungen während der Zeit der Bauarbeiten. Sein Argument: Käuferströme, die aufgrund von Schließungen einmal abgerissen sind, kehren nicht ohne weiteres zurück.
Für die Bezirksverordnete Martha Kleedörfer von der Partei Die Linke sind drei Punkte wichtig: die Nahversorgung muss sicher gestellt sein, die Mitarbeiter angestellt bleiben und Anwohner beteiligt werden. Für die Zukunft wünscht sie sich in dem Gebäude neben Verkaufsräumen eine Kita, einen Drogenkonsumraum, bezahlbare Mieten für Kleingewerbe und “eine Dachterrasse für alle”.
Stadtrat Ephraim Gothe sieht den Bezirk in einer starken Verhandlungsposition. Er spricht von einem beginnenden “Aushandlungsprozess”. In diesem besitze der Bezirk den Hebel “Planungsrecht, das ein Warenhaus” vorschreibt. Offenbar will Gothe sich eine Änderung des Planungsrecht teuer abkaufen lassen. Pläne des Eigentümers, das Kaufhaus durch Büros zu ersetzen, würden auf keinen Fall genehmigt werden, so Gothe. Dass er bereit ist, ein kleineres Warenhaus zuzulassen, sagte er nicht direkt. Aber er verwies darauf, dass ein Wohnanteil möglich sei. “Die landeseigene Gesobau und WBM besitzen Häuser direkt an der Grenze zum Karstadt-Grundstück”, so Ephraim Gothe über möglichen bezahlbaren Wohnraum. Arztpraxen könne er sich vorstellen angesichts hoher Mieten von 25 Euro je Quadratmeter, die das Facharztzentrum Medicoleo zahlen müsse. Da könne ein preiswerter Ausweichstandort gut tun. Und er, Ephraim Gothe, habe den Wunsch nach einem Seniorencafé und nach Beratungsstellen gehört.
Wünsche des Eigentümers
Im Sommer haben die Eigentümer im Ausschuss für Stadtentwicklung ihre Pläne vorgestellt. Auf dem Wunschzettel der Eigentümer steht aber nicht ein reines Warenhaus. Den Investoren schwebt “kleinteilige Nutzung des Erdgeschosses, Wohnen, Stärkung des lokalen Einzelhandels” vor. Gleichzeitig heißt es: “Beitrag zur langfristigen Sicherung des Warenhausbetriebes …” – nur eben nicht mehr ausschließlich. Das entscheidende Stichwort in der Präsentation lautet “städtebauliche Parameter” für einen Wettbewerb. Gewünscht ist das große Ganze, der umfassende Umbau, Abriss nicht ausgeschlossen. Jedenfalls geht es nicht um eine Reparatur der Fassade.
Signa macht Mietvertrag mit Signa
Der aktuelle Mietvertrag für das Warenhaus Karstadt endet am 31. Januar 2024, auch wenn eine Option für eine Verlängerung des Mietvertrages um weitere zehn Jahre besteht. In der Präsentation mit dem Stand August ist notiert, dass eine Schließung von Januar 2024 bis 2027 vorgesehen ist. Was passiert in den drei Jahren zwischen dem Ablauf des Mietvertrages und dem Baustart? Sind Zwischennutzungen möglich? Ist es realistisch, dass das Baurecht bis Januar 2024 geschaffen ist und die Bagger im Februar anrollen können? Und wenn ja, kann jeweils ein Teil des Verkaufs weitergehen? Diese und andere Fragen können Gäste der Infoveranstaltung am 1. Dezember stellen.
Einerseits gehört das Warenhaus als Einzelhändler seit 2019 ausschließlich der Signa (Signa Department Store Group). Das Gebäude aber gehört zu je 50 Prozent der Versicherungskammer Bayern und der Signa Development Selection. Zumindest ein Stück weit macht also Signa einen Mietvertrag mit Signa – oder nicht. Hinter dem Signa-Konzern steht René Benko. Wikipedia notiert über ihn: “Es gab und gibt zahlreiche Kontroversen zum beruflichen Aufstieg seiner Person.”
Das Karstadtgründstück ist 9.500 Quadratmeter groß, umfasst 29.000 Quadratmeter Geschossfläche, davon 20.000 für den Einzelhandel. Das Warenhaus baute der Architekt Helmut Kriegmann 1978.
Ich bin sehr traurig wenn Karstadt schließen muss. Aus vielen Gründen kaufe ich nicht im Internet ein, Verpackung, Lieferwege, anfassen, ist wichtig für mich wenn ich Kleidung kaufe, die vielen Rücksendungen, Kleidung die unter menschenunwürdigen Verhältnissen gefertigt werden, billig-billiger-wegwerfen, nicht nachhaltig, schlecht bezahlte Lieferfahrer.….im Winter muss ich nicht von einem Laden in den anderen laufen, bekomme einen guten Kaffee und was zu essen. Ich weiß .…ich bin alt.…
Abreissen und etwas schönes bauen! Hier könnten ganz neue Impulse gesetzt werden!
Vielleicht sollte man einem Warenhaus mal wieder ein intaktes Umfeld bieten, wenn man es erhalten möchte.
Der Karstadt ist in dieser Ecke weit und breit noch das intakteste, was man sich vorstellen kann!
lol
Der Immobilienmarkt und seine Preise sind der Feind der Stadt und ihrer durchschnittlichen und unterdurchschnittlichen Verdiener. Gucken wir nur auf den weltweit bekanntesten Immobilienhändler: Donald Trump. Geschäftsmodelle, die während der “sozialen Marktwirtschaft” Bestand hatten, rechnen sich heute nicht mehr: siehe real,-, Karstadt, Zeichencenter Ebeling. – Einst kam ich aus Nachbarbezirken angereist, um im Wedding einzukaufen. Heute verdrängen Büros und andere Kapitalanlagen die Menschen und ihre Bedürfnisse.
Nach meinem Kenntnisstand ist auch das gegenüberliegende Gebäude (ehemalige Shell-Tanke, Hakiki, „Casino“) mit im Topf! Gibt es hierüber weitere Informationen?
abreißen!