Gerade in der Coronazeit stieg der Bedarf an mobiler Stadtteilarbeit außerhalb geschlossener Räume, in den Kiezen. Und so kam es dann auch: Ab Mitte 2021 wurden gleichmäßig verteilt auf alle Berliner Bezirke (derzeit 37 Kieze) Gemeinwesenarbeiter:innen eingesetzt, die aktiv auf die Nachbarschaft und die Anwohner:innen zugehen. Zwei dieser Projekte gibt es im Wedding, genauer gesagt im Parkviertel und im Soldiner Kiez.
Mobile Stadtteilarbeit im Parkviertel
Unter dem Motto Gemeinsam! Kiez! Machen! hatten die drei für das Parkviertel im nördlichen Wedding Zuständigen Anfang Oktober in den Gemeinschaftsgarten Rote Beete am Centre Francais in der Müllerstraße eingeladen. Im Mittelpunkt standen verschiedene Fragen: Wie finden Menschen das Leben hier im Parkviertel? Was sind die wichtigsten Themen im Kiez? Was bedeutet ein gutes Zusammenleben in der Nachbarschaft?
Gabi Manns und Rasha Kanjarawi (weiterhin auch Leyla Burak) stellten vor, was sie bisher an Reaktionen und Schilderungen in Wohnfeldnähe einsammeln und strukturieren konnten. Sie sind seit Anfang 2022 im Einsatz und hatten ihren Standort an der Schillerbibliothek (jeweils am Montag 11 bis 13 Uhr), wo sie einmal in der Woche mit den Passanten sprachen und diese nicht nur befragten, sondern auch berieten. Der Auftrag ist, durch aktivierende Befragung und Empowerment der Bewohner:innen dazu beizutragen, diejenigen Themen zu finden, die man in Interessengruppen weiterverfolgen kann. Gefragt wurde beispielsweise ob die Menschen zufrieden in ihrer Wohnumgebung sind, ob sie Lastenräder nutzen möchten, wo ihre Lieblingsorte sind, wohin sie ungern gehen oder auch welches sie als große Themen für ihren Kiez ansehen. Zusammenfassend als von Bedeutung dargestellt wurden bei dem Treffen in Rote Beete zunächst die oft geäußerten Fragen zum Grün im Kiez, zum Bäumegießen und zum Komplex des alltäglichen Rassismus.
Anhand dieser auf Plakaten in Stichworten präsentierten Stimmungseindrücke und Zitate der Anwohnerschaft und anhand von an Wäscheklammern an einer Leine über den Hochbeeten aufgehängten Ansagen wurde gezeigt, was an Aktivitäten denkbar und machbar ist. Denn das Ziel ist, anhand der gefundenen Ansichten die Realität zu verbessern. In der Runde wurde dann nach einer kleinen Reihum-Vorstellung hinzugefügt, dass für ältere Bewohner:innen, die internetfern sind, Börsen für kleine Hilfen und kleine Internetrecherchen Hilfe bieten können. So vielleicht in Form einer Sprechstunde, in der man anrufen kann, um eine Annonce aufzugeben: “Suche Handwerker”, “Suche Computer-Reparatur” oder “Suche Tiersitter”…
In den Vordergrund rückten auch fehlende nicht-kommerzielle, barrierefreie, inklusive Treffpunkte im Kiez, so wie es sie vor allem im Brüsseler Kiez noch immer nicht gibt, da es für Veranstaltungen, Lesungen, Treffen und Austausch Orte braucht, an denen man möglichst frei und ohne Hindernisse direkt zu einfachen Lösungen unter Anwohnern kommt. Das eine bedingt das andere! Das Anliegen des Treffens und des Vorstellens der Zwischenergebnisse war also das Kennenlernen und das Weitermachen an den Wunschthemen und Lösungen, die von den Anwohnern vorgeschlagen wurden.
Mobile Stadtteilarbeit im Soldiner Kiez
Auch im Soldiner Kiez finden Befragungen, Beratungen und Events zu lockerer Begegnung unter Nachbar:innen statt, organisiert von Sabine Röseler, Maike Janssen und Isabell Wiehler, dem Team “Nachbarschaft mobil”. In der Fabrik Osloer Straße ist man besser ausgestattet als im Parkviertel, denn man hat das Feuerrote Spielmobil des Jugendwerks der AWO, das MakerMobil der Stadtbibliothek Mitte, um für Jung und Alt Medientechniken vorzustellen. Mittwochs gibt es das neue Nachbarschaftscafé, in dem man zusammenkommt, um zum Beispiel gemeinsam international zu kochen. Weiterhin gibt es das niedrigschwellige Angebot “Tanzen für Frauen” und das gemeinsame Spaziergehen, das vor allem für Wintertage vorgesehen ist.
Schließlich hatten die Stadtteilarbeiter:innen den Eindruck, dass nach Corona und den Auflagen das Interesse an Bewegung und Gemeinschaft sehr groß ist. Der leitende Gedanke ist die Hilfe zur Selbsthilfe und die entsprechende Beratung und Unterstützung dabei. So wird auch an der Grüntaler Straße oft mit dem MakerMobil geparkt, stets mit Tee und Kaffee, um auch schwerpunktmäßig mit Älteren in Kontakt zu treten und deren Wünsche aufzugreifen. Diese werden also erhört, das Fragen um Rat wird beantwortet und das Interesse an Bewegung, Gemeinsamkeit und Auf-die-Beine-stellen von Ideen wird gefördert.
Diese Projekte sind befristet angelegt: Weiterhin kann man sich einmischen und mitmachen!
Das Projekt Mobile Stadtteilarbeit
Als Fachverband der Nachbarschafts- und Gemeinwesenarbeit beantragte, koordiniert und begleitet der Verband für sozial-kulturelle Arbeit e.V. (VsKA) dieses Bündel an Projekten. Diese lokale Arbeit wird aus europäischen Mitteln des EU-REACT als Reaktion auf Covid-19 zur Krisenmilderung gefördert. Informationen über die 37 Projekte in Berlin gbt es auf https://stadtteilzentren-mobil.de/das-projekt/.
Kontakt zur Mobilen Stadtteilarbeit im Wedding
- Parkviertel. E‑Mail: [email protected] und Mobil (0173) 8 50 93 85, Projektlink: Mobile Stadtteilarbeit Parkviertel
- Soldiner Kiez. E‑Mail: [email protected],Telefon (030) 49 76 60 41, Projektlink Mobile Stadtteilarbeit Soldiner Kiez
Gespräche und Text: Renate Straetling