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Bezirk will jetzt ermöglichen und nicht mehr blockieren:
Zwischennutzung: Eine Chance fürs Ex-Diesterweg

17. März 2022
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Es ist nur ein klei­ner Schritt für einen Men­schen, aber ein gro­ßer Schritt für die Mensch­heit. Den Satz des ers­ten Men­schen auf dem Mond kennt jeder. Im Brun­nen­vier­tel ist am Mon­tag (14.3.) ein eben­so klei­ner gro­ßer Schritt gegan­gen wor­den. Es wur­de eine Ver­ein­ba­rung für eine Zwi­schen­nut­zung geschlos­sen und ein Schlüs­sel für einen leer­ste­hen­den Sport­platz in der Put­bus­ser Stra­ße 12 über­ge­ben. Kei­ne gro­ße Sache? Oh doch!

Alle gemeinsam freuen sich über die Zwischennutzung der Sportfläch, die Bezirksstadträtin Stefanie Remlinger (2.v.l.) ermöglicht hat. Foto: Hensel
Alle gemein­sam freu­en sich über die Zwi­schen­nut­zung der Sport­flä­che, die Bezirks­stadt­rä­tin Ste­fa­nie Rem­lin­ger (2.v.l.) ermög­licht hat. Foto: Hensel

Ein Pop-Up-Treff für Jugend und Zukunft

Auf dem ehe­ma­li­gen Gelän­de des Dies­ter­weg-Gym­na­si­ums zwi­schen Put­bus­ser und Swi­ne­mün­der Stra­ße hat ab sofort der Cai­ju e.V. Schlüs­sel­ge­walt. Per Taas­dahl ist der Geschäfts­füh­rer des Ver­eins, der bereits im Brun­nen­vier­tel prä­sent ist. Aktiv wer­den sol­len auf dem Gelän­de Kin­der und Jugend­li­che. „Wir betrei­ben in Hel­lers­dorf schon ein sol­ches Pro­jekt, jetzt ent­steht auch hier ein JuPoint – ein Pop-Up-Treff für Jugend und Zukunft“, sag­te Tra­as­dahl bei der Ver­trags­un­ter­zei­chung. Was das ganz genau ist, kann er nicht aus­füh­ren, denn die Eigen­ver­ant­wor­tung und die Betei­li­gung der Jugend­li­chen ist der Kern des Pro­jekts. Das bedeu­tet: die Kids ent­schei­den nicht mit, son­dern selbst.

Ganz grund­sätz­lich ist der JuPoint ein Treff­punkt für Kin­der und Jugend­li­che. „Mit einem alten Bie­nen­wa­gen als Aus­gangs­punkt bau­en Jugend­li­che einen neu­en Treff­punkt für den Kiez“, sagt Tra­as­dahl. Hier sol­len sie ihre Ideen umset­zen kön­nen, gemein­sa­me Akti­vi­tä­ten pla­nen. Dafür zunächst kei­nen Strom, kein Was­ser oder sani­tä­re Anla­gen zu haben, sehe Cai­ju nicht als Pro­blem, son­dern als Her­aus­for­de­rung, öko­lo­gi­sche und ener­gie­spa­ren­de Lösun­gen zu fin­den. Das Pro­jekt wird mit Mit­teln aus dem Pro­gramm „Sozia­ler Zusam­men­halt“ vom Quar­tiers­ma­nage­ment Brun­nen­stra­ße gefördert.

Kleine Tat – große Freude im Kiez

„Ich bin froh, dass Cai­ju die Klau­sel unter­schrie­ben hat, denn ich muss ganz klar sagen: es ist eine Zwi­schen­nut­zung“, sag­te Bezirks­stadt­rä­tin Ste­fa­nie Rem­lin­ger bei der Schlüs­sel­über­ga­be. Wie lan­ge der JuPoint an dem Stand­ort sein kann, kön­ne auch sie nicht sagen. Die Flä­che sein eine mög­li­che Aus­weich­flä­che für eine gro­ße Bau­maß­nah­me in der Ernst-Reu­ter-Schu­le. „Aber dass kann nicht bedeu­ten, dass wir als Bezirks­amt alles blo­ckie­ren, was bis dahin mög­lich wäre“, sag­te die Stadt­rä­tin. Immer­hin habe sich das neu gewähl­te Bezirks­amt genau das auf die Fah­nen geschrie­ben: Din­ge ermög­li­chen. Das bedeu­tet eine 180-Grad-Wen­de, denn in der Ver­gan­gen­heit herrsch­te im Amt eher die Sta­te­gie vor, sich alle Hand­lungs­op­tio­nen offen­zu­hal­ten und kei­ne Zwi­schen­nut­zun­gen zu erlauben.

Ent­spre­chend groß war die Freu­de bei den betei­lig­ten Kie­z­ak­teu­ren. Zu dem recht kurz­fris­tig ange­setz­ten öffent­li­chen Ter­min kamen neben Ste­fa­nier Rem­lin­ger den­noch Jugend­stadt­rat Chris­toph Kel­ler, Quar­tiers­ma­na­ge­rin Kat­ja Nig­ge­mei­er, Anna Maden­li vom Jugend­amt, Quar­tiers­rats­spre­che­rin Susan­ne Bür­ger, Stadt­teil­ko­or­di­na­tor Jochen Uhlän­der, Ange­li­ka Ende für den Bezirks­stadt­rat Ephra­im Gothe sowie eini­ge Akti­ve aus dem Kiez. „Es freut mich, dass schon eine so klei­ne Tat so gro­ße Freu­de aus­lö­sen kann“, kom­men­tier­te Ste­fa­nie Rem­lin­ger die Stim­mung bei der Schlüsselübergabe.

Wie es zu Stillstand und Verfall kam

Um die Bedeu­tung die­ser klei­nen Tat zu ver­ste­hen, ist ein kur­zer Blick auf die Geschich­te des ehe­ma­li­gen Schul­stand­orts nötig. Das Dies­ter­weg-Gym­na­si­um ist 2011 wegen ver­meint­lich sin­ken­der Schüler:innenzahlen an dem Stand­ort geschlos­sen wor­den, die Schüler:innen zogen in ein Gebäu­de in der Bött­ger­stra­ße. Seit­dem steht das Gebäu­de leer. Trotz Mach­bar­keits­stu­die für eine Zwi­schen­nut­zung sowie hart­nä­cki­gen Ver­su­chen, den Stand­ort genos­sen­schaft­lich wie­der­zu­be­le­ben bezie­hungs­wei­se in Koope­ra­ti­on mit dem städ­ti­schen Woh­nungs­un­ter­ne­men dege­wo als Wohn­pro­jekt umzu­nut­zen (sie­he: ps wed­ding), geschah de fac­to nichts Greif­ba­res. Das Gebäu­de stand leer, kos­te­te den Bezirk jah­re­lang Unter­halt und ver­fiel immer wei­ter. Und was gab es alles für Ideen! Auch eine Nutz­gung als Unter­kunft für Geflüch­te­te wur­de erwo­gen, eine Reak­ti­vie­rung des Schul­stand­orts stand zur Dis­kus­si­on, der Bezirk favo­ri­sier­te zuletzt einen Abriss – auch wegen ver­meint­li­cher Kon­ta­mi­nie­rung mit Asbest. Beob­ach­tern der Ent­wick­lun­gen war offen­sicht­lich, dass sich hier offen­bar poli­ti­sche Akteur:innen und ver­schie­de­ne Lan­des- und Bezirks­ver­wal­tun­gen sowie die Immo­bi­len­ver­wal­ter des Bun­des inein­an­der ver­bis­sen hat­ten. Über Jah­re ging gar nichts, kei­ne Reak­ti­vie­rung – und auch kei­ne Zwischennutzung.

Wie geht es weiter?

Im Okto­ber 2019 schließ­lich schuf das Lan­des­denk­mal­schutz qua­si in letz­ter Minu­te Fak­ten und stell­te die alte Schu­le unter Denk­mal­schutz. Ein Abriss ist damit unmög­lich gewor­den. Mit der Wahl im ver­gan­ge­nen Jahr und neu­en Akteur:innen im Bezirks­amt kam nun das Umden­ken, das zu der Schlüs­sel­über­ga­be an Cai­ju führ­te. Die für Sport und Schu­le zustän­di­ge Stadt­rä­tin Ste­fa­nie Rem­lin­ger will, so sagt sie, mög­lich machen, was mög­lich ist, auch am ehe­ma­li­gen Stand­ort des Diesterweg-Gymnasiums.

Die anwe­sen­den Akteur:innen, die sich seit vie­len Jah­ren um die Reak­ti­vie­rung der alten Schu­le (für Woh­nen, Schu­le, Zwi­schen­nut­zun­gen) ein­set­zen, nut­zen die Gele­gen­heit auch, um die Stadt­rä­tin einen gene­rell neu­en Weg auf­zu­zei­gen. „Wir wün­schen uns, dass das der Auf­takt für viel mehr ist. Vor allem hof­fe ich, dass in die Turn­hal­le wie­der Leben ein­zieht“, sag­te Susan­ne Bür­ger, die auch Kiez­Sport­Lot­sin für den Bezirk ist. Die Sport­hal­le steht seit einem wie­der­hol­ten Was­ser­ein­bruch leer und fehlt den Wed­din­ger Ver­ei­nen und dem Schul­sport. Die Stadt­rä­tin nahm den Wunsch nach wei­te­ren Akti­vi­tä­ten auf dem ehe­ma­li­gen Schul­ge­län­de auf. „Der­zeit gebe es kei­nen Auf­ga­ben­trä­ger, der bereit ist, das alles auf ein­mal anzu­ge­hen, was an dem Stand­ort nötig ist. Viel­leicht müs­sen wir uns hier auch Stück für Stück raus­ar­bei­ten. Viel­leicht erst die Turn­hal­le und dann der Rest“, sag­te Rem­lin­ger unter gro­ßer Zustim­mung bei den Anwesenden. 

4 Comments Leave a Reply

  1. Guten Abend ,
    schon län­ger beschäf­tigt mich das Gebäu­de spe­zi­ell das Design der 70er Jahre.
    Ich wre dank­bar zum Bei­spiel für ein Shoo­ting der Schu­le im inneren .
    An wen muss man sich in die­sem Fall wenden ?

    • Die­se Fotos aus dem Jahr 2013 (zwei Jah­re nach Schlie­ßung) kennst du schon? https://urbanophil.net/staedtebau-architektur/adventskalender-tag-20-diesterweg-gymnasium-in-berlin-wedding/
      Für Foto­ge­neh­mi­gun­gen und Schlüs­sel ist das Bezirks­amt, Abtei­lung Schu­le zustän­dig. Tele­fon (030) 9018 33501. Wenn Sie pro­fes­sio­nel­ler Foto­graf sind, erhö­hen sich Ihre Chan­cen ver­mut­lich. Die Anwoh­ner sind über­glück­lich, dass vor ein paar Wochen die Nut­zung des Hofes (wie im Arti­kel beschrie­ben) mög­lich wur­de. Von einem Schlüs­sel haben sie nicht ein­mal zu träu­men gewagt. Hal­ten Sie uns gern auf dem Lau­fen­den, wenn Sie Foto­ge­neh­mi­gung erhal­ten und Fotos ausstelllen.

  2. Wow, da wird Frau Hen­sel ihrer Rol­le als Hof­be­richt­erstat­te­rin wie­der voll gerecht. Für das Geld, dass sie seit Jah­ren vom Quar­tiers­ma­nage­ment erhält, spuckt sie brav das dazu­ge­hö­ri­ge Lob­lied aus. 

    Ich sehe hier kei­ne Nach­barn, kei­ne Begeis­te­rung, son­dern nur Leu­te, die wie Frau Hen­sel, seit Jah­ren am Tropf der Bezirks­gel­der hän­gen. Was hät­te hier tol­les ent­ste­hen können.…

    So sieht Qua­li­täts­jour­na­lis­mus aus!

    • Als Bewoh­ne­rin des Brun­nen­vier­tels freue ich mich wirk­lich sehr, dass an dem Stand­ort end­lich etwas pas­siert. Zumin­dest damit haben Sie recht. Seit Jah­ren wei­se ich (und ande­re) dar­auf hin, dass hier etwas gesche­hen muss, seit 2011 beglei­te ich das The­ma und ste­he in engem Kon­takt mit Bewohner:innen und Akteu­ren. Das Pro­jekt von pswed­ding war immer mein Favorit.

      Ich den­ke, dass vie­le nach dem lan­gen Still­stand schon fast die Hoff­nung ver­lo­ren hat­ten. Sie kön­nen sicher sein, dass sich im Kiez jetzt vie­le freu­en – auch wenn bei einem sehr kurz­fris­tig ange­setz­ten Ter­min an einem Mon­tag­mor­gen natur­ge­mä­ßig nur weni­ge Anwohner:innen Zeit hat­ten. Es ist scha­de, aber Ihr gutes Recht, sich nicht glei­cher­ma­ßen über die wenigs­tens klei­nen Fort­schrit­te an dem Stand­ort zu freuen.

      Ihre Fein­see­lig­keit mir gegen­über ver­ste­he ich nicht, soweit ich weiß, sind wir uns nicht bekannt. Fürs QM, bei dem ich tat­säch­lich einen mini­k­lei­nen Auf­trag hat­te, arbei­te ich übri­gens schon län­ger nicht mehr. Das hin­dert mich aber nicht dar­an, die The­men, die mir wich­tig sind, wei­ter zu ver­fol­gen – auch ehren­amt­lich hier für den Wed­ding­wei­ser. Wenn das für Sie Hof­be­richt­erstat­tung ist, wenn ich mich für den Wed­ding und die The­men in der Nach­bar­schaft ein­set­ze, dann bin ich ger­ne Hofberichterstatterin.

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