Die Anwohnerinformationsveranstaltung zum geplanten Drogenkonsumraum “Mühlenstube” an der Müller-/Transvaalstraße hat viele Nachbarn im Afrikanischen und Englischen Viertel aufgeschreckt. Auch wir haben darüber berichtet. Sogar eine Petition gegen den Raum wurde zwischenzeitlich gestartet. Nun hat sich die Stadtteilvertretung Müllerstraße zu Wort gemeldet, die das Projekt klar unterstützt. Auch der Träger Vista, der schon den Drogenkonsumraum Birkenstube betreibt, nimmt dazu Stellung und versucht, Vorurteile auszuräumen.
Stellungnahme von der Vista gGmbH
„Bundesweit steigen die Drogentotenzahlen. Im Jahr 2019 starben 1581 Menschen (ein Plus von 13% im Vergleich zum Vorjahr), davon alleine 216 in Berlin. Auch im Bezirk Mitte steigen die Todeszahlen. Im laufenden Jahr 2021 wurden in keinem Bezirk mehr Menschen aufgefunden, die an den Folgen des Konsums illegaler Drogen verstorben sind.
Drogenkonsum belastet auch den Sozialraum. Drogenhandel findet oft an öffentlichen, verkehrsgünstigen Plätzen oder entlang von U‑Bahnlinien statt. Im Kontext weiterer sozialer Probleme wie z.B. Wohnungslosigkeit entstehen öffentliche „Szenen“, die auch für Anwohnende und Gewerbetreibende eine Belastung darstellen. Auch abseits von „Szenestandorten“ ‚sind hinterlassene Spritzen oder öffentlicher Konsum für Nachbar*innen sichtbar.
Drogenkonsumräume sind zusammen mit Substitutionsbehandlung und Naloxonverschreibung das wirksamste Mittel, um Drogentodesfälle zu verhindern. In diesen werden nahezu täglich Drogennotfälle behandelt und Todesfälle und Gesundheitsschädigungen verhindert. Trotz aller Wirksamkeit übersteigt der Bedarf nach diesen Einrichtungen aber das vorhandene Angebot. Das Land Berlin hat sich deshalb dazu entschlossen, das Angebot zu erweitern und neue Einrichtungen zu eröffnen. Die Vista gGmbH betreibt seit 2004 den Drogenkonsumraum „Birkenstube“ in Moabit und ist mit weiteren Suchthilfeprojekten seit Jahren im Bezirk aktiv.
Die Vista gGmbH wird mit der „Mühlenstube“ voraussichtlich im November dieses Jahres eine Kontaktstelle mit Drogenkonsumraum eröffnen. Sozialarbeiter*innen und Krankenpfleger*innen werden soziale und gesundheitliche Beratung anbieten, in weiterführende Hilfen wie Substitution, Entzug, Therapie oder Wohneinrichtungen vermitteln und Hilfe im Drogennotfall leisten. Wir bieten Aufenthaltsmöglichkeiten, warmes Essen und Waschmöglichkeiten. Durch regelmäßiges Streetwork werden wir nicht nur für Drogengebrauchende sondern auch Nachbar*innen sicht- und ansprechbar sein, um zu einem sauberen und sicheren Umfeld beizutragen.
Bei der Standortsuche war uns eine von Szenestandorten gut erreichbare, verkehrsgünstige Lage an einer Hauptverkehrsstraße mit U‑Bahn-Anbindung ebenso wichtig wie eine Erdgeschosslage – um ein direktes und schnelles Erreichen und Verlassen der Einrichtung zu ermöglichen.
Wir sind froh, nach fast zweijähriger intensiver Suche, einen geeigneten Standort in der Müllerstraße 120 gefunden zu haben und dort bald Hilfe und Unterstützung für Suchtbetroffene anbieten und zu einer Entlastung des öffentlichen Raumes beitragen zu können.” (Fachbereichsleiter Stefan Wiedemann)
Ansprechpartner:innen: Fachbereichsleitung: [email protected] (Tel. 030 400370159), Einrichtungsleitung: [email protected] (Tel. 030 44721353), Pflegedienstleitung: [email protected] (Tel. 030 44721353)
Stellungnahme der Stadtteilvertretung
“Als Stadtteilvertretung, mit fast 40 Anwohnenden, sind wir nicht die einzigen Unterstützer*innen der Mühlenstube. Auch von politischer Seite gibt es viel Rückenwind, sowohl der Direktkandidat des Wahlkreises Simon Gückel (Die Linke) als auch der BVV-Spitzenkandidat Christoph Keller (Die Linke) sowie Stadtrat Ephraim Gothe (SPD) stehen hinter dem Projekt. Gemeinsam möchten wir uns gegen die Initiative „Nein zum Drogenkonsumraum „Mühlenstube“ auf der Müllerstraße/ Ecke Transvaalstraße“ aussprechen, die bereits eine Petition ins Leben gerufen hat. Hauptargument gegen die Initiative ist unserer Meinung nach, dass die Verlagerung der Szene keine statistische Realität ist. Konkret konnte bei anderen Drogenkonsumräumen, zum Beispiel in der Birkenstraße, keine Verlagerung beobachtet werden.
Bereits seit einigen Monaten ist offensichtlich, dass Menschen die Drogen konsumieren müssen, sich in den U‑Bahnhöfen und in den Bahnen der U6 aufhalten. Wir können uns daher sehr gut vorstellen, dass der Standort der Mühlenstube gut angenommen wird, und den Menschen ein schnelles und diskretes „Kommen und Gehen“ ermöglicht. Ergänzend zur dauerhaft einzurichtenden aufsuchenden sozialen Arbeit auf dem Leopoldplatz bietet der Suchtberatungs- und Drogenkonsumraum in der Müllerstraße eine konkrete Anlaufstelle für suchtkranke Menschen und auch für Anwohnende, falls es vor Ort Fragen gibt.”
Am Dienstag, den 26. Oktober 2021 findet um 17.00 Uhr im Paul-Gerhard-Stift (Großer Saal), Müllerstraße 56 – 58 in 13349 Berlin, eine Informationsveranstaltung zur Eröffnung der Kontaktstelle mit integriertem Drogenkonsumraum „Mühlenstube“ statt. Bitte beachten Sie die Hygienevorschriften und halten Sie die Abstandsregeln ein.