Der Anfang vom Ende hat am 20. November begonnen. An diesem Tag hat der neue Haus-Großgrundbesitzer Heimstaden mit Vertretern der Berliner Bezirke eine sogenannte Abwendungsvereinbarung ausgehandelt und unterschrieben. Der Weg ist frei zum Kauf von sieben Sprengelkiezhäusern, trotz Milieuschutz. Der genaue Wortlaut ist noch nicht bekannt. In einer Pressemitteilung heißt es: “In der Abwendungsvereinbarung mit den Bezirken verpflichtet sich Heimstaden u.a., auf die Umwandlung der Mietshäuser in Eigentumswohnungen für die Dauer von 20 Jahren zu verzichten.” Ein Meinungsbeitrag aus dem Sprengelkiez.
Vorkauf durch Mieter extrem selten
20 Jahre Schutz – das klingt beruhigend. Doch die Praxis ist eher beunruhigend. Einfach gesagt, kann ein Hauseigentümer diese Frist verkürzen auf sieben Jahre, wenn die Wohnungen in dieser Zeit den Mieter:innen zum Vorkauf angeboten werden. Bei den überwiegend geringen Haushaltseinkommen im Sprengelkiez der blanke Hohn. Von Mieter:innen vorgekauft wurde von 2015–2019 nicht eine einzige Wohnung. In Gesamtberlin im selben Zeitraum: nur 54 Wohnungen. Und nun die Umwandlungszahlen: von 2015–2019 wurden in Gesamtberlin 18.382 Wohnungen umgewandelt. In unserem Milieuschutzgebiet Sparrplatz: 401 Wohnungen.
Der rbb hat recherchiert, dass dieseur Trend sich aktuell noch weiter verschärft. Die gerade in allen Bezirken erscheinenden Halbjahreszahlen für Januar ‑Juli 2020 zeigen: Schon bis Jahresmitte wurden in den meisten Bezirken fast so viele Wohnungen umgewandelt wie im gesamten Jahr 2019. Die Gentrifizierung, die Verdrängung langjähriger Kiezbewohner:innen geht also jetzt in zeitgemäßem Supertempo weiter.
Ein interessanter Vorschlag zur Gegenwehr kommt aus Friedrichshain-Kreuzberg, vom dortigen Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne). Er verlangt, Menschen zu unterstützen, ihre Häuser selbst zu erwerben. Dies sei zum Beispiel mit Hilfe von Genossenschaften möglich. Er macht zudem den Vorschlag, eine sogenannte Ankaufsagentur zu gründen. Außerdem sollen Förderdarlehen in einer ausreichenden Größenordnung zur Verfügung gestellt werden.
Genossenschaftliches Wohnungseigentum hat sich in der Vergangenheit bewährt und ist zukunftstauglich. Es sollte gestärkt, gefördert und unterstützt werden. Mieter:innen haben ein Interesse an der Instandhaltung und Pflege ihrer Wohnhäuser. Sie sollten mitwirken und mitbestimmen können, wenn es um ihr Mietshaus geht.
Wenn das so weitergeht
Trotz Milieuschutz haben rein renditeorientierte Immobilienspekulanten wie Akelius, Vonovia und Gabriel, deren Häuser Heimstaden jetzt u.a. übernommen hat, seit Jahren ihren Fuß in der Tür im Sprengelkiez. Diese Hauseigentümer haben kein Interesse an der Erhaltung ihrer Häuser im jetzigen Zustand und an den bunt gemischten Menschen, die das Kiezmilieu ausmachen. Sie wollen Rendite erwirtschaften und das geht am besten durch Luxusmodernisierung und Umwandlung in Eigentumswohnungen. Wenn das so weitergeht, wird der Sprengelkiez mit seiner attraktiv-zentralen Lage in Zukunft ein Luxuswohnghetto mit Videoüberwachung, Security und Concierge hinter Sicherheitsmauern. Wir Sprengelkiezler:innen sitzen dann an den Stadtrand vertrieben in unseren nicht mehr instandgehaltenen Plattenbau-Bruchbuden. Dieses Horror-Wohnen einer tiefgespaltenen Gesellschaft gibt es an deren Orten der Welt bereits. Wir Sprengelkiezler:innen brauchen und wollen das nicht.
Zusammenhalten in dieser finsteren Zeit könnte helfen: Heimstaden! Sprengelkiez is watching you. Gemeinsam statt einsam gegen Heimstaden, Akelius, Vonovia & Co!
Text: Annette Stubbe