Ein Navi für’s Fahrrad – auf diese einfache Formel könnte es gebracht werden, wenn man über das Berliner Projekt „bbbike“ berichten möchte. Doch die beliebte Anwendung kann mehr als nur den schnellsten Weg ermitteln, wie uns der Erfinder von bbbike im Interview erzählt.
„Ich glaube, dass Radfahrer ganz spezielle Wünsche haben, wie sie fahren wollen. Das macht es so kompliziert, einen Routenplaner für’s Fahrrad zu programmieren“, sagt Slaven Rezic. Der 42-jährige Informatiker bewegt sich am liebsten auf zwei Rädern durch Berlin. Als Internet-Aktivist der ersten Stunde fehlte ihm aber ein Routenplaner, der seine Bedürfnisse berücksichtigt. „Ich bin passionierter Radfahrer und habe daher kein Problem mit verkehrsreichen Hauptstraßen“, erzählt der gebürtige Berliner mit bosnischen Wurzeln. „Aber wenn ich mit meinem kleinen Sohn unterwegs bin, verhalte ich mich ganz anders und nutze zum Beispiel lieber Nebenstraßen oder Parkwege.“ Nicht zuletzt aus diesem Grund bietet bbbike viele verschiedene Einstellungen, die den idealen Weg abgestimmt auf das Mobilitätsbedürfnis des Nutzers zu ermitteln helfen. Die Oberfläche des Wegs, die Kfz-Dichte auf Straßen oder der Zeitverlust durch ein Absperrgitter am Park – all das kann für das subjektive Fahrvergnügen des Radlers eine Rolle spielen.
Slaven Rezic hat genau diese scheinbar unwichtigen Details, die aber für den Einzelnen ganz entscheidende Hinweise geben können, in sein Programm einfließen lassen: „Oft sind ja die kleinen Wege und Abkürzungen, die nicht im Stadtplan stehen, für die Radfahrer die interessantesten“, sagt Slaven Rezic schmunzelnd. Gut zwei Jahrzehnte Arbeit stecken in den Streckeninformationen zu den 11 000 Straßen Berlins, die jetzt – von wenigen Ausnahmen abgesehen – im Datenbestand von bbbike vorhanden sind. Der Wedding ist als Innenstadtbezirk natürlich längst vollständig eingepflegt.
Für jeden Straßenabschnitt gibt es Angaben zur Qualität, zu Ampeln auf der Strecke, zur maximalen Geschwindigkeit… „Wenn ich durch Parks oder Wälder fahre und das Gefühl habe, dieser Weg ist angenehm, nenne ich das einen grünen Weg“, berichtet der Programmierer. Die grünen Wege kann man im Routenplaner stark bevorzugen lassen. Gut zwei Drittel der Strecken hat Slaven Rezic selbst mit dem GPS-Gerät am Lenker abgefahren und nach einem ausgeklügelten System katalogisiert. Das Land Berlin hat diese Leistung im Jahr 2008 mit dem Preis „FahrradStadt Berlin“ gewürdigt. Und auch andere Städte wie München haben Rezic schon um Unterstützung gebeten.
Trotz der vielen Daten und immer noch eingehenden Nutzerhinweise muss Slaven Rezic täglich etwa eine Stunde Zeit für sein außergewöhnliches Hobby einplanen – allein schon, um die zahlreichen Baustellen und Umleitungen aktuell einpflegen zu können. So ist die Sperrung des Radfernwegs Berlin-Kopenhagen wegen der Baustelle zur S‑Bahn-Linie 21 am Nordufer im Routenplaner berücksichtigt. „Auf meinem Arbeitsweg fahre ich auch schon mal einen Umweg, um einem Hinweis nachzugehen“, berichtet der begeisterte Radfahrer Rezic. Er ist überzeugt, dass bbbike, ob als Webanwendung, als PC-Programm oder als App eine gute Hilfestellung bietet, wenn man seine Wege mit dem Fahrrad zurücklegen möchte. Irgendeine Abkürzung, eine ampelfreie Nebenstraße oder einen durchgehenden Parkweg kennt das Programm immer – und überrascht dank Rezics mühevoller Detailarbeit selbst gute Kenner des Berliner Straßennetzes.
Website von bbbike.de (es gibt auch eine PC-Version zum Herunterladen)
bbbike gibt es auch als App für Android-Geräte (kostenlos) und für iPhones.
Fotos: Bildarchiv DRV